Im Jahre Ragnarök
beruht auf der Täuschung des Feindes. Das sollten Sie eigentlich besser wissen als ich.« Er gab Tubber den Zettel und nickte in Richtung von Pallaschs Leiche. »Das sollten Sie vielleicht irgendwo bei ihm unterbringen.«
Tubber begriff. Der Kreis musste geschlossen werden. Er ging in die Hocke, holte das kleine Notizbuch aus dem Mantel des Toten hervor, legte das Papierstück hinein und steckte es wieder an seinen Platz zurück.
»In ein paar Tagen lese ich den Zettel, ohne zu wissen, dass ich ihn selbst bei Pallasch zurückgelassen habe«, meinte Tubber leise, als er sich wieder erhob. »Oder zurücklassen werde. Reichlich bizarr, wenn man darüber nachdenkt.«
»Denken Sie später«, ermahnte ihn Dünnbrot, wobei er ihn in Richtung des Portals schob. »Auf der anderen Seite warten Chantal und Greta auf uns, und die Festung wird in wenigen Minuten gesprengt.«
Dünnbrot ging als Erster in das Licht. Tubber wollte noch einen letzten Blick auf den Toten werfen, mit dem alles begonnen hatte. Er wusste jetzt, dass Pallasch, ohne es auch nur zu ahnen, tagelang zugleich tot und lebendig gewesen war und sein Ende nicht nur bereits festgestanden hatte, sondern sogar schon eingetreten war.
Scheußlich , dachte Tubber. Er drehte sich nicht noch einmal um, sondern schaute fest nach vorne und folgte dem Deutschen in das leuchtende Nichts.
Das Erste, was Tubber sah, als er hinter Dünnbrot aus dem Zeitportal trat, waren Greta und Chantal, die ihn mit weit aufgerissenen Augen und offenen Mündern anstarrten. Tubber bemerkte nicht einmal, dass seine Kopfschmerzen spurlos verschwunden waren, so sehr irritierte ihn die Reaktion der Frauen auf sein Erscheinen.
»Stimmt etwas mit mir nicht?«, fragte Tubber perplex.
Greta schüttelte flugs ihre Verblüffung ab. »Nein, alles bestens«, beteuerte sie schnell, fasste ihn am Arm und zog ihn die Treppe des Podestes hinab. »Wir müssen weg. In acht Minuten geht die Festung hoch!«
Alle vier liefen die Treppe hoch und aus dem Schatzhaus ins Freie. Aber als sie das Gebäude verlassen hatten, wollte Ecke eine andere Richtung einschlagen.
Tubber packte ihn von hinten am Kragen des Laborkittels.
» Damn! Was soll der Blödsinn?«, brüllte er ihn aufgebracht an. »Da lang geht's zum Ausgang!«
»Ich muss zu den Kasematten!«, erwiderte der Doktor aufgeregt. »Das Geld! Es gehört mir! Ohne das Geld waren die ganzen Jahre hier vergebens!«
Geschwind wandte er sich aus dem Kittel und rannte davon. Tubber wollte ihm nachsetzen, doch Chantal hielt ihn mit einem Griff um die Hand zurück. »Lassen Sie ihn! Wir haben keine Zeit mehr!«
Es widerstrebte dem Engländer, seinen einzigen Zeugen in den sicheren Tod laufen zu lassen. Noch mehr aber widerstrebte es ihm, deswegen gleichfalls Selbstmord zu begehen. Er überließ Ecke seinem Schicksal und hastete mit den anderen in Richtung Tor.
Getrieben von Angst liefen sie den gewundenen Weg durch die Bastionen entlang und überquerten mit letzter Kraft die Klappbrücke am Fuße der Festungsmauern.
Unmittelbar jenseits der Brücke stand der rettende Lastwagen. Alle drängten sich in das Fahrerhaus; Tubber übernahm das Lenkrad und startete den Motor. Noch waren sie nicht in Sicherheit. Sie mussten schleunigst fort, wollten sie nicht Gefahr laufen,
von der Druckwelle der Explosion erfasst oder von umherfliegenden Trümmern zerquetscht zu werden.
Jeder versuchte, sich an etwas festzuklammern. Tubber jagte den Wagen durch die Dunkelheit bergab und riss das Lenkrad so scharf herum, dass der schwere Laster fast aus den Kurven getragen wurde. Er sah nicht, wie sich Chantal mit der freien rechten Hand hastig bekreuzigte; seine Augen waren fest auf den kaum erkennbaren Weg jenseits der Kühlerhaube gerichtet.
Ecke hämmerte mit den Fäusten gegen das stählerne Kasemattentor. »Mein Geld!«, brüllte er wieder und wieder. Seine Stimme überschlug sich und ließ die Worte in einem krächzenden Brei von Lauten untergehen.
Als die Ebene am Fuß des Berges erreicht war, gab Tubber nochmals mehr Gas. Die zitternden Lichtkegel der Scheinwerfer flogen so schnell über den ausgefahrenen Weg, dass alles, was sie erfassten, nahezu augenblicklich wieder im Nichts versank.
Dann zuckte ein greller Blitz durch die Nacht. Einen Sekundenbruchteil später brach die Hölle los. Als würde ein Vulkan unter unermesslichem Druck bersten, donnerten die Explosionen in rascher Folge, dröhnten wie ein einziger Zornesschrei aus den Tiefen der Hölle.
Sofort reagierte Tubber und trat
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