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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Chantal in die Zelle, in der festen Erwartung, hier einen verzweifelt auf sein Ende wartenden John Tubber vorzufinden.
Doch der Raum war leer.
Irritiert suchte er mit einem Blick in jeden Winkel nach dem Engländer. Aber nirgendwo in dem Dunkel, das durch den Schein der Lampen auf dem Gang zu einem trüben Halblicht aufgehellt wurde, verbarg sich der Lieutenant.
»Warum ist er nicht hier?«, sagte er verwirrt. »Kann der Idiot denn gar nichts richtig machen?«
»Vielleicht hat er seine Meinung geändert und sich doch noch Himmler angeschlossen«, vermutete Chantal. Ihre Stimme verriet, dass sie von dieser Möglichkeit nicht wirklich überzeugt war. Und das umso mehr, als sie ebenso wie Greta schon an die abstrusen Dinge, die Dünnbrot ihnen auf der Fahrt erzählt hatte, nicht recht zu glauben vermochte.
Entschlossen schüttelte Dünnbrot den Kopf. Jedem würde er diesen Opportunismus zutrauen, nicht aber dem Engländer mit seiner phantasielosen Prinzipientreue.
Etwas anderes musste vorgefallen sein.
»Sieh mal, da!«, rief Greta jäh aus. Sie hatte im Halbdunkel etwas entdeckt, das dem Kommissar entgangen war. Auf einer der Pritschen lang ein matt glänzender Gegenstand.
Dünnbrot nahm ihn auf. Es war ein krummgebogener goldener Kugelschreiber.
Und auf einmal erinnerte er sich, wo er genau diesen auffallenden Stift schon einmal gesehen hatte: in der Hand Dr. Eckes, im Keller des Schatzhauses. Bloß, wie war der Kugelschreiber hierher gelangt? Es gab nur eine naheliegende Erklärung – Ecke hatte Tubber mit einem Zeitportal heimlich aus der Zelle befreit und dabei den Stift zurückgelassen. Wenn es weitere Hinweise auf Tubbers Verbleib gab, dann dort, wohin ihn das Portal zwangsweise gebracht hatte.
Dünnbrot rannte aus der Zelle; er hielt sich nicht mit Erklärungen auf. Die beiden Frauen liefen ihm ratlos nach.
»Verdammt, Günter! Wir müssen fort von hier, hast du das vergessen!«, rief Chantal ihm zu, während sie die Treppen hinaufeilten.
Er hatte es nicht vergessen. Aber trotz der Gefahr, jede Minute mitsamt der Festung in die Luft zu fliegen, musste er einfach zum Schatzhaus. Er konnte nicht anders; ihm war, als hätte er eine Aufgabe zu erfüllen, gegen die kein Widerspruch möglich war.

»Endlich!«, keuchte Ecke erleichtert, als Dünnbrot mit den Frauen die Treppe herabgestiegen kam.
Seine Stimme war heiser vom Schreien. »Machen Sie mich los, schnell! Der Schlüssel liegt auf den Tisch.«
Dünnbrot nahm den Schlüssel an sich, machte aber keine Anstalten, den Doktor zu befreien. »Erklären Sie mir, wo Leutnant Tubber ist und was hier vorgeht. Dann sehen wir weiter«, erwiderte er. Er brauchte nicht auszusprechen, dass er Ecke ohne Skrupel angekettet zurücklassen würde, falls ihn die Erklärungen nicht überzeugten.
Überhastet fasste Ecke alles Wesentliche zusammen, bis hin zu Sperbers unerwartetem Auftauchen und den nachfolgenden Geschehnissen. Die Todesangst, die ihm im Nacken saß, ließ ihn stottern und manche Sätze etwas konfus geraten, doch es reichte Dünnbrot, um einen knappen Überblick über das Vorgefallene und die ihm bislang unbekannten Hintergründe zu erhalten.
»Jetzt wissen Sie alles«, schloss Ecke seine Schilderung ab. »Nun machen Sie mich los, um Gottes willen!«
»Werden Sie auf der Stelle Tubber zurückholen?«
»Ja, ja, ja! Alles, was Sie wollen!«
Dünnbrot schloss die Handschellen auf und zerrte den befreiten Doktor sogleich am Ärmel seines Kittels hinüber zu den Kontrollgeräten. Während Ecke sichtlich nervös die Vorbereitungen zum Öffnen des Zeitportals traf, betrachteten Chantal und Greta misstrauisch die Apparaturen.
»Das Ding da soll die Wundermaschine sein, von der du erzählt hast?«, meinte Greta ungläubig, wobei sie die mannshohen Magnetspulen auf dem Podest musterte.
»Eher eine Höllenmaschine. Du wirst noch sehen«, murmelte Dünnbrot. Mit jeder Silbe brachte er dem Apparat tausend unausgesprochene Verwünschungen entgegen. Ecke wandte sich kurz um, zeigte auf die uniformierte Chantal, die befremdet die unzähligen blinkenden Kontrolllichter anschaute, und fragte erwartungsvoll:
»Sie haben also schon die Amerikaner alarmiert? Wird Ragnarök verhindert?«
»Halten Sie den Mund und erledigen Sie Ihre Aufgabe«, herrschte Dünnbrot ihn an. Er stellte den Irrtum des Doktors nicht richtig. Sollte er doch glauben, die Amerikaner würden Himmler schon bald den Garaus machen. Das machte ihn fügsamer.
Nachdem er in großer Eile noch einige letzte Einstellungen

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