Im Jahre Ragnarök
vor. »Fürchterlich«, murmelte er.
Er lehnte sich matt gegen eines der blauen Fässer und stützte den Kopf in die Hand. Die kratzenden Bartstoppeln erinnerten ihn daran, dass er sich seit geraumer Zeit weder rasiert noch gewaschen hatte. Selbst zum Zähneputzen war er nicht gekommen, wie ihm der abgestandene Geschmack in seiner Mundhöhle deutlich zu Bewusstsein führte.
Verdreckt, verlassen, gejagt und eingepfercht auf einem Laster voller Sprengstoff, den ein Gras rauchender Amerikaner lenkt. Ich bezweifle, dass meine Situation noch wesentlich unerfreulicher werden kann, waren seine letzten Gedanken, bevor er mit dem festen Vorsatz, endlich für eine längere Zeit zu schlafen, die Augen schloss.
* * *
Der Army-Hubschrauber setzte auf dem rissigen Beton der Autobahn auf, wenige Meter neben der Stelle, an der olivgrüne Autos mit Blaulichtern auf den Dächern rings um den verlassenen Chrysler standen, als wollten sie ihn an der Flucht hindern.
Die Militärpolizisten stemmten sich gegen den Wind des Rotors und hielten ihre weißen Schirmmützen fest.
Kaum hatte das Fahrgestell des Helikopters den Boden berührt, als Smith schon ungeduldig die Cockpittür aufstieß. Er sprang heraus und ging zielstrebig auf den ranghöchsten Soldaten zu, einen schmächtigen Captain, über dessen abstehenden Ohren die Mütze grotesk groß wirkte.
»Smith, CIG«, identifizierte er sich knapp und ließ schon alleine durch die Art,
wie er diese beiden Worte aussprach, keinen Zweifel daran, wer ab sofort das Sagen hatte.
Der junge Offizier nahm schnell Haltung an und meldete: »Captain O'Connor, Sir. Meine Leute haben den liegen gebliebenen Wagen vor einer halben Stunde hier aufgefunden, und ...«
Mit einer harschen Handbewegung brachte Smith den Captain abrupt zum Schweigen. »Wo sind die Insassen?«, wollte er wissen. »Mich interessiert nur, wo diese zwei Hurensöhne und ihre Schlampen stecken. Sie können zu Fuß noch nicht weit gekommen sein, also sorgen Sie dafür, dass die Umgebung durchkämmt wird!«
»Sir, es sieht so aus, als wären die Insassen des Wagens nicht mehr in der Nähe«, wandte der Captain unsicher ein. »Wir haben gleich hier drüben am Straßenrand frische Reifenspuren im weichen Boden gefunden. Wie es aussieht, hat ein Truck der Army angehalten und die Leute in Richtung Süden mitgenommen. Die Reifenabdrücke stammen von einem unserer M35-Zweieinhalbtonner.«
»Und worauf warten Sie dann noch, Sie unfähiger Vollidiot?«, fuhr Smith ihn daraufhin barsch an. »Finden Sie heraus, welche Transporte der Army heute unterwegs sind! Scheiße, muss man Ihnen alles vorkauen? Können Sie sich wenigstens alleine den Hintern abwischen?«
»Jawohl, Sir«, bestätigte der Captain hastig und lief dann hinüber zu seinem Wagen, um über Funk Informationen einzuholen.
Smith presste vor Ärger die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefermuskeln schmerzten. Die letzten Stunden hatten ihn davon überzeugt, dass es zu viele Schwachköpfe auf der Welt gab und dass sie in seiner näheren Umgebung geballt auftraten. Erst ließen die unfähigen Limeys Tubber und seine gesamte Bande unbehelligt aus dem Liaison Office hinausspazieren, dann brauchte die eigene Militärpolizei eine Ewigkeit, um ihn von der Auffindung des Fluchtfahrzeugs in Kenntnis zu setzen. Und nun war er auch noch mit diesem begriffsstutzigen Nichtskönner von Captain geschlagen.
Holy fuckin' Mother of God, ich bin aber auch nur von hirnlosen Arschlöchern umgeben , dachte er und würgte im letzten Moment einen Fluch herunter, den er beinahe laut herausgeschrien hätte. Dann machte er sich daran, den Chrysler zu untersuchen.
Um das Auto hing der Geruch von Benzin in der nasskalten Luft; eine kleine schillernde Lache breitete sich unter dem Heck des Autos aus. Smith vermutete, dass der Tank beim Schusswechsel beschädigt worden war, aber von Belang war diese Frage nicht.
Er suchte ausschließlich nach Anhaltspunkten, die ihm Aufschluss über das Ziel der Flüchtigen geben konnten.
Durch die Fenster sah er, dass auf dem Armaturenbrett ein geöffneter Straßenatlas lag. Smith öffnete die Beifahrertür, stieg ein und nahm den Atlas in die Hand. Er sah noch einmal um sich, um sicherzugehen, dass ihn niemand beobachtete; dann holte er seine Lesebrille aus der Innentasche und setzte sie auf.
Die aufgeschlagene Doppelseite zeigte den Südosten des Bundes Deutscher Länder, zwischen Leipzig und der Grenze zur Slowakisch-Tschechischen Föderation.
Die Mitte der Karte nahm ein
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