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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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sich an seinen nächsten Selbstmordversuch. Nun band er die Leine fest an den Deckenhaken der Lampe, pro­ bierte, ob der Knoten auch hielt, und als er sich davon überzeugt hatte, legte er sich wieder die Schlinge um den Hals. »Jetzt aber endgültig«, dachte er und stieß den Hocker weg.
    Ein unangenehmes Knacken war zu hören, als die Halswirbel des Mannes brachen. Er hing zappelnd an der Leine, und im selben Moment löste sich sein Geist aus dem Körper. Der Mann starrte mit geweiteten Augen auf das Ergebnis seiner Selbstmordaktion. Sein Gehirn war kurzzeitig blockiert, dann aber entfuhr ihm der Ausruf:
    »O mein Gott, was habe ich getan!«
    Plötzlich überkam ihn ein erschütternd starker Le­ benswille. Deutlich war zu erkennen, dass er Qual und Reue, ja, Entsetzen über die Unumkehrbarkeit seiner Tat verspürte. Ich ging zu ihm und sagte tröstend:
    »Kommen Sie fort aus diesem Zimmer. Versuchen Sie sich zu beruhigen.«
    Der Mann, völlig gebrochen, folgte mir in die Küche. Er schien immer noch nicht recht zu glauben, dass er wirklich tot war. Ich erzählte ihm nach und nach von den Verhältnissen im Jenseits. Er hörte mir entsetzt zu, stellte auch ein paar Fragen, die ich ihm nach bestem Wissen zu beantworten versuchte. Zwischendurch ging er immer wieder zurück in das andere Zimmer, um nach seinem Körper zu sehen, der leblos an der Leine hing.
    »Jetzt habe ich nach dem letzten Mittel gegriffen«, sag-te er deprimiert.
    Als sich der Selbstmörder endlich beruhigt hatte, er­ zählte er mir von seinem Leben. Ich hörte zu, obwohl ich über seine Situation bereits ziemlich gut Bescheid wuss-te. Schließlich meinte er, dass er nie so weit gegangen wäre, wenn er gewusst hätte, dass er wirklich richtig stirbt. Er sehnte sich heftig zurück ins Leben, es er­ schien ihm jetzt wertvoller als je zuvor. Er nahm an, dass er mit seinen Schwierigkeiten trotz allem hätte fertig werden können, er hätte nur Geduld haben und einfach weitermachen müssen. Jetzt war alles zu spät.
    »Kann man das nicht irgendwie rückgängig machen?«, fragte er und sah mich flehend an. Ich schüttelte den Kopf.
    »Soweit ich weiß, gibt es von hier kein Zurück.« Es tat mir Leid, diesen Neugestorbenen allein zu las­
    sen, aber ich hielt es nicht länger in seiner Gesellschaft aus. Ich begleitete ihn nach draußen an die frische Luft und ging dann meiner Wege. Der erhängte Mann blieb traurig an der Straßenecke stehen. Ich sagte zu ihm, dass wir uns vielleicht mal wieder über den Weg laufen würden. Außerordentlich reuevoll winkte er mir zum Abschied nach.
    Tote kennen offenbar kein Schwindelgefühl. Ich konnte mich mit der Kraft des Gedankens so hoch in die Lüfte schwingen, wie ich wollte, ohne dass ich Angst oder Übelkeit verspürte. In den höheren Luftschichten traf ich sogar einige Verstorbene, die zu Lebzeiten panische Angst vor Flugreisen gehabt hatten, jetzt aber völlig ruhig dort oben herumschwebten und es ganz offen­ sichtlich genossen. Ein Mann erzählte mir, dass er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sei, dass ihm aber die Erinnerungen an das Ereignis in keiner Weise mehr zu schaffen machten. Das Unglück hatte sich Ende der Sechzigerjahre in Rissala zugetragen.
    Da es so ungeheuer leicht war, von einem Ort zum anderen zu gelangen, beschloss ich Anfang September, mir ein bisschen von der Welt anzusehen. Ich wandte mich in südliche Richtung und ließ den Gedanken freien Lauf: Bald hatte ich die Ostsee, Polen, die Tschechei, Ungarn und das ehemalige Jugoslawien überquert. Am Strand der Adria überlegte ich, wohin ich mich nun wenden sollte, und ich beschloss, das Meer zu überflie­ gen und Rom zu besuchen, wo ich zu Lebzeiten nie gewesen war. Nach Rom findet man ohne Probleme, man braucht nur der Autobahn zu folgen, es besteht keine Gefahr, dass man sich verirrt, egal, ob man von Norden oder Süden kommt. Die Stadt selbst ist leicht zu erken­ nen, nicht nur an ihrer ganzen Anlage, sondern auch an den zahlreichen Gebäuden, die einem von Ansichtskar­ ten und Fotos vertraut sind, auch wenn man selbst noch nie in der Stadt gewesen ist.
    Ich landete auf der Kuppel des Petersdoms. Dort ver­ harrte ich einen Augenblick in einer Atempause, obwohl ich mich natürlich in keiner Weise angestrengt hatte. Wie sollte ein körperloser Mensch außer Atem geraten!
    Unten auf dem Platz wimmelte es von Menschen. Zum Teil waren es ganz normale Lebende, aber die meisten waren Tote, die, aus ihrer Kleidung und ihrer

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