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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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eine Weile die Gedanken eines jeden Teilnehmers. Polizist Lesonen nahm die Sitzung ernst, er fürchtete sich sogar ein bisschen. Er würde auf keinen Fall das Glas anschieben, er war ein absoluter Verfech­ ter von Gesetz und Ordnung. Auch seine Frau glaubte an die überirdischen Kräfte. Mertolas Freundin fand das Spiel furchtbar spannend und wartete ungeduldig dar-auf, dass sich das Glas bewegte. Auch sie würde um keinen Preis wagen, dessen Weg zu beeinflussen.
    Aber Einkaufsleiter Mertola überlegte bereits, ob nun der passende Moment gekommen sei, dem Glas ein wenig Schwung zu geben. Es stand im Licht einer Kerze mitten im Zauberkreis und wartete auf Befehle von uns Vertretern der Geisterwelt.
    »Was wollen wir fragen?«, erkundigte sich Polizist Lesonen mit leicht bebender Stimme.
    »Zum Beispiel, ob mich Heikki noch liebt«, schlug Mertolas Freundin vor, und die vorgeschlagene Frage veranlasste sie zu einem nervösen Kichern.
    Nach einer Weile setzte sich das Glas zögernd in Be­ wegung. Spannung breitete sich aus. Lesonen bekam Angst, seiner Frau wurde schwindelig, und das Mäd­ chen, das die Frage gestellt hatte, zitterte geradezu vor Erregung, vor allem, als sich das Glas allmählich dem Buchstaben j näherte. Mertola genoss die Bewegung des Glases unendlich: Er fühlte sich als Götterbote, als Werkzeug höherer Mächte, und dass er betrog, spielte keine Rolle, denn die anderen Mitspieler wussten ja nichts davon.
    Das Glas glitt übers Pergamentpapier und hatte bald die Antwort fertig, die »ja« lautete. Glücklich seufzend löste Mertolas Freundin ihre zitternden Finger vom Boden. Mertola war zufrieden mit seinem Trick. In Wahrheit interessierte ihn das Mädchen nicht mehr besonders; sie war nicht schlecht, nein, aber weit mehr reizte ihn die Frau von Polizist Lesonen. Eigentlich nahm er nur ihretwegen an den nächtlichen Sitzungen teil.
    Gut eine Stunde lang ließ Mertola das Glas von einem Buchstaben zum anderen wandern. Um Mitternacht war die Stimmung wirklich gespenstisch. Viele belanglose Fragen hatte das Glas schon beantwortet, bis Lesonens Frau auf die Idee kam, zu fragen, ob ihr Mann ihr wohl treu sei.
    Mertola ließ das Glas zunächst in aller Ruhe über die-se heikle Frage nachdenken. Die Situation drohte schon peinlich zu werden, doch dann machte das Glas plötz­ lich einen Schwenker zu den Buchstaben n und e und i. Schnell und zielstrebig antwortete die Geisterwelt also mit »nein«.
    Unruhe entstand. War Lesonen seiner Frau also un­ treu? Der Betroffene errötete und zitterte vor Scham und Wut. Zu dieser Gefühlsaufwallung hatte er auch allen Grund, denn ein treuerer Ehemann als Polizeiwacht­ meister Lesonen aus Lappeenranta war auf der Welt schwerlich zu finden. Mertola sagte zu seinem Freund:
    »Jetzt musst du dir eine gute Erklärung ausdenken!« Lesonen schwor seiner Frau hoch und heilig, dass er
    ihr treu sei. Die Situation war halbwegs gerettet, als Mertola großzügig erklärte, dass die Geister die Frage vielleicht falsch verstanden hatten. Im Stillen freute er sich, wie wenig Mühe es ihn gekostet hatte, Misstrauen zwischen den Eheleuten zu säen. Vielleicht könnte er irgendwann im passenden Moment ernten, was dieser Saat entsprossen war. Dadurch ermutigt, beschloss er, seine Chancen noch zu verbessern. Er fragte das Glas, wer wohl die bescheidenste Person in diesem Kreis sei.
    Die Antwort kam ziemlich schnell: »mertola«. Er tat geniert und fragte als Nächstes, wer von den
    vier Personen zuerst sterben werde. Alle wurden sofort ernst.
    Jetzt griff Sergej ins Spiel ein. Die Spannung hatte auch ihn gepackt, er flüsterte nur noch, und seine Augen glühten. Er drängte sich in Frau Lesonens Ge­ danken und begann ihr seine Befehle einzuhämmern. Ohne es zu wollen, führte sie, von Sergej beeinflusst, das Glas über den Tisch, sodass Mertola dessen Lauf nicht mehr bestimmen konnte: Das Glas suchte Buch­ stabe für Buchstabe zusammen, und die klare Antwort lautete »mertola«.
    Diese neue Wendung verwirrte alle in der Runde, auch Mertola selbst. Auch ich war nicht wenig über­ rascht: War es uns Geistern wirklich möglich, ins Be­ wusstsein der Lebenden einzugreifen? Ich fragte Sergej danach, und er bestätigte es mir leicht ungeduldig:
    »Diese Menschen sind jetzt stark sensibilisiert. Merto­ la musste lediglich ausgeschaltet werden. Die Antwort, die eben gegeben wurde, zwingt ihn, ein wenig genauer über die Dinge nachzudenken. Jetzt ist das Ganze kein Spaß mehr, das

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