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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Kräfte zu erpro­ ben. Ich war keineswegs so zynisch wie dieser gelang­ weilte und frustrierte Leutnant, der sich selbst erschos­ sen hatte. Ich fühlte mich jung und vital. Wenn ich schon den Weltfrieden nicht sichern konnte, musste es mir wenigstens möglich sein, in kleinerem Rahmen tätig zu werden. Das war ich der Welt und der Menschheit einfach schuldig!
    Ich sagte zu Sergej, dass ich keine Lust mehr hatte, zuzusehen, wie er diese langweiligen Leute aus Lappeen­ ranta quälte. Er hob seine prächtigen Epauletten, und ich verließ das Zimmer der Geisterbeschwörer mit dem Ziel, ein besseres Leben nach dem Tod zu führen.
    26
    In der Woche vor Weihnachten begab ich mich in den Norden unseres Landes, um den armen Leuten schöne Träume zu bringen.
    Schwärzeste Polarnacht beherrschte die Region, und auch tagsüber war es so finster, dass selbst mir, einem Mann der Geisterwelt, das Reisen durch die kleinen, kalten Dörfer schwer fiel.
    Da Weihnachten nahte, wollte ich den Präsidenten der USA in Ruhe lassen und lieber versuchen, den Bedürfti­ gen in meinem Heimatland zu helfen.
    Bei meiner Wanderung durch die halb leeren Dörfer des Nordens fand ich zahlreiche Menschen, die Not litten. Zeichen des Wohlstands waren hier kaum zu entdecken. In vielen Häusern gab es keine Wasserlei­ tung und keine Zentralheizung. Besonders die alten Leute lebten in dürftigsten Verhältnissen; eingemummt in dicke Wollsachen, bibberten sie bei den strengen Frösten in ihren zugigen Stuben. An diesen Orten haus­ ten Trostlosigkeit und Apathie, und eben deshalb wollte ich sie besuchen.
    In einer Hütte wohnte ein kleines altes Mütterchen mit ihrem zottigen Hund. Die Frau war mindestens achtzig Jahre alt. Sie versuchte ihre Stube zu putzen, so gut es ging, holte auch selbst das Feuerholz aus dem Schuppen. Einmal in der Woche sah die Gemeinde­ schwester nach ihr, ansonsten war sie allein. Leise seufzend wirtschaftete sie herum, bereitete für sich und ihren Hund einfache Mahlzeiten und schaute manchmal lange und gedankenverloren hinaus in den grauen Wintertag. Gelegentlich weinte sie auch ein bisschen, und als ich nach dem Grund ihres Kummers forschte, wunderte ich mich nicht, denn sie weinte über ihre erwachsenen Kinder, die weit weg waren, wegen ihrer kleinen Rente und wegen ihrer zahlreichen Krankheiten, an denen sie bis zu ihrem Tod würde leiden müssen. Abends versuchte sie manchmal in der Bibel zu lesen, doch auch das wollte nicht klappen, denn ihre Augen waren durch die Zuckerkrankheit recht schwach gewor­ den. Einige Kirchenlieder kannte sie jedoch auswendig, und ihr leiser Gesang klang wirklich schön, sogar in meinen Ohren, der ich ein Toter war und mit Religion nichts am Hut hatte.
    Meine Arbeit begann erst in der Nacht, nachdem sich die Alte ins Bett gelegt hatte und nach langem Warten endlich eingeschlafen war. Ich verfolgte ihre flüchtigen Träume und bereitete mich darauf vor, einzugreifen. Ich
    amüsierte mich ein wenig über mich selbst, denn ich fühlte mich wie ein wandernder Filmvorführer, der in die abgelegenen Dörfer ein wenig Freude und Abwechslung bringt.
    Die Alte war tiefreligiös und sehr gutherzig. Ich muss-te mir genau überlegen, welche Träume ich ihr zumuten konnte, damit sie sie nur ja nicht als Albträume emp­ fand. Ich ging vorsichtig zu Werke und bescherte ihr Träume, in denen sie jünger war und in denen Frühling oder Sommer herrschte, ich gab ihr einen gesunden Körper und malte ihre vertraute Landschaft in den schönsten Farben. Ich ließ sie über den See rudern und auf einer Landzunge sitzen, während die Vögel zwit­ scherten und das Harz duftete, und als ich sie über einen Waldweg führte, zeigte ich ihr, wo sie Beeren und Pilze sammeln konnte. Dabei merkte ich, dass sie nicht viele essbare Pilze kannte, nur Reizker und Maronenpil­ ze. Ich wollte, dass sie Steinpilze sammelte, aber die ließ sie links liegen, sodass ich umso mehr Reizker auf dem weichen Waldboden wachsen lassen musste.
    Ich bereitete ihr wunderbare nächtliche Mahlzeiten: saftiges Elchfleisch, Preiselbeergelee, gebeizten Lachs auf dunklem Fladenbrot, dazu dick Butter… Ich buk Eierkuchen und belegte sie mit einer dicken Schicht gezuckerter Moltebeeren, und ich kochte duftenden Kaffee, den das Mütterchen im Traum von der Untertas­ se schlürfte, ein Stück Zucker unter der Zunge und die Augen andächtig geschlossen.
    Jede Nacht bescherte ich ihr neue Träume, ich strengte meine Phantasie an, um immer

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