Im Kaufhaus ist der Teufel los
noch andere
Opfer — zum Ladendiebstahl anstiftest, der dir ja so leicht fällt, weil
Zinkdübel blind spielt, sobald du die Produkte abgreifst. Du weißt sicherlich
auch, dass er nur so viele Diebinnen zur Anzeige bringt, wie er als
Erfolgsquote für seine Position als Warenhaus-Plattfuß braucht. Die anderen
nimmt er aus. Die erpresst er. Pfui Spinne! Dein Zimmer hier ist voller Sore —
wie Ganoven sagen — voller Diebesgut. Mehr brauchen wir nicht als Beweis. Oder
kannst du uns die Kassenbons zeigen?“
„Die... die habe ich natürlich
weggeworfen.“
„Mach dich nicht lächerlich! Du
könntest nicht einen einzigen vorweisen, selbst dann nicht, wenn du gerade das
Neue Jahrtausend verlässt. Du bist Zinkdübels Komplizin. Und mit deinen 16
Jahren trägst du schon viel Verantwortung. Der Jugendrichter kann dir was
aufbrummen, dass dir deine Blödheiten Leid tun. Aber du kannst auch“, Tims Ton
änderte sich plötzlich und klang, als hätte der TKKG-Häuptling Kreide
gefressen, „Reue zeigen und das beweisen, indem du uns hilfst. Uns hilfst —
Zinkdübel zu überführen.“
„Ich... ich...“, stammelte sie.
„Das würde so gewertet werden“,
sagte Gaby eifrig, „als hättest du die Seiten gewechselt. Verstehst du? Du
wärst übergelaufen aus der kriminellen Schattenwelt ins sonnige Paradies von
Recht und Ordnung.“
„Besser kann man ‘s nicht
sagen“, nickte Tim. „Also, Laura Lockstett, was ist?“
10. Gaby,
die Dusseltrine
Zufrieden mit sich und den
,privaten’ Einnahmen wollte Zinkdübel um 18.42 Uhr sein Tagewerk beenden, hatte
den Schreibtisch schon aufgeräumt und war im Begriff, das Büro zu verlassen.
Aber das Telefon klingelte.
Hm! Hoffentlich keiner von der
Direktion! Diese Dumpfbacken mit ihren ständigen Sonderwünschen!
Er meldete sich knurrig.
„Hallo, Lothar!“, ertönte
Lauras schmelzige Stimme.
„Ah, mein Schatz!“ Ein Grinsen
formte seinen Mund zum Spitzbogen. „Schon Sehnsucht nach mir? Wir sehen uns
doch dann um acht. In Marcellos Fattoria.“
„Es geht leider nicht“,
erwiderte sie. „Ich kann nicht weg. Meine Mutter hat Grippe, hat Fieber — ganz
plötzlich. Es ist so schlimm, dass ich hier bleiben muss.“
Sofort fiel ihm ein, dass sie
ihn anstecken könnte. Und vor Grippe-Viren hatte er fast soviel Respekt wie vor
der Polizei und ehrlicher Arbeit.
„Vollstes Verständnis, Schatz!
Wir verschieben unser nächstes Rendezvous, bis da keine Gefahr mehr ist. Ich
meine: Bis es deiner Mutter wieder gut geht.“
„Vielen Dank für dein
Verständnis, Lothar. Du bist ja sooooooo lieb.“
Er lachte hölzern. „Naja.“
„Außerdem, Lothar, habe ich
noch einen heißen Tipp für dich. Morgen kannst du einer Dusseltrine beim Klauen
zusehen. Auf dem Nach-Hause-Weg bin ich ihr begegnet. Habe ihr meine tollen
Sachen gezeigt und geprahlt, wie kinderleicht es wäre, das alles gratis
einzusammeln. Sie ist nun ganz versessen drauf, das auch mal zu probieren. Die
Dusseltrine heißt Gabriele Scholz. Sie wird Gaby genannt. Morgen hat sie um
11.30 Uhr Schulschluss und geht dann gleich ins Neue Jahrtausend. Sie nimmt
ihren City-Ruck — sack mit und in den passt was rein.“
„Lässt sich aus dieser Gaby was
rauspressen?“
„Ganz bestimmt. Ihr Vater ist
höherer Beamter und das Töchterlein muss sauber bleiben.“
„Hört sich gut an. Wie erkenne
ich sie?“
„Gaby ist 14 und sehr hübsch.
Goldblondes langes Haar, mal als Pferdeschwanz, mal offen. Hat total blaue
Augen mit langen dunklen Wimpern. Schminkt sich nicht, nimmt nur farblosen
Nagellack und ist knapp einssiebzig groß. Zur Zeit trägt sie am liebsten ihre
blaukarierte Winterjacke und ein blaues Wollmützchen.“
„Ziemlich hübsche Dusseltrine.“
„Sage ich doch. Aber naiv wie
eine Dreijährige. Sie hat fünf Brüder und will denen sicherlich mal zeigen, wie
mutig sie ist.“
„Fünf Brüder? Was sind das für
Typen?“
„Alles Weicheier und
Schlaffnasen.“
„Na, dann werde ich mal morgen
die Dusseltrine erwarten. Gute Nacht, Schatz! Grüß deine Mutter
unbekannterweise. Ich wünsche gute Besserung.“
„Mache ich.“
Er legte auf.
*
Der nächste Tag war ein
Freitag. Seit den frühen Morgenstunden schneite es. In dicken Flocken sank der
Schnee auf die Millionenstadt und ihr Umfeld. Die Räumfahrzeuge hatten mit
allen Pflügen zu tun. Städtische Schneeschaufler klagten über Blasen und Schwielen
an den Händen.
In der Internatsschule fielen
zur Zeit massenhaft Stunden
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