Im Keller
T-Shirt empfangen und ins Wohnzimmer geführt wurde.
Einfache, konventionelle Einrichtung: helle Couchgarnitur, Kieferschrankwand, ein paar b uschige Grünpflanzen an den Fenstern, ein paar Landschaftsfotografien an den Wänden. Auf mehreren kleinen Regalen über dem Sofa, über dem Fernseher und neben der Tür massenweise winzige Tierfiguren aus Glas, Porzellan, Keramik.
Auf dem Sofa saß eine zweite Frau, eine Blondine in ähnlichem Alter wie Gerber, im Gege nsatz zu ihr aber stark geschminkt, schlank, gut proportioniert, im engen, tief dekolletierten, schwarzen Shirt.
„Das ist meine Freundin Simone Kamp“ , erklärte die Gerber und wies auf die Blondine. „Sie hat mir damals geholfen, als mein ... mein Mann verschwunden ist.“
Ihre Stimme zitterte leicht. Arthur nickte der Frau auf dem Sofa zu, die ihn traurig anlächelte. Mit ebenmäßigen, sehr weißen Zähnen. Eigentlich nicht übel die Frau. Ob sie verheiratet war? Von verheirateten Frauen ließ er grundsätzlich die Finger.
„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte Uschi Gerber plötzlich und guckte immer noch ganz erschüttert.
Arthur sagte nicht nein und setzte sich in einen der Sessel. Nachdem die Frau reihum Kaffee eing eschenkt hatte, ließ sie sich neben Simone Kamp auf dem Sofa nieder. Arthur berichtete (aber nicht zu ausführlich), dass Claudia Schmitz, die Nichte von Frau Kirchfeld, das Haus geerbt und den Toten gefunden hatte. „Wussten Sie eigentlich, dass Ihre Ex-Schwiegermutter am Vermüllungssyndrom litt?“
Gerber, die ihr glattes, rötlichbraun gefärbtes Haar knapp schulterlang trug, studierte ihre g eröteten, eher zierlichen Hände und murmelte: „Ja ... also ... wir sind in den letzten Jahren ab und zu für sie einkaufen gegangen ... und manchmal haben wir auch versucht aufzuräumen, aber das wollte sie nicht.“
„Wen meinen Sie mit , wir‘?“
„Simone und ich. Wir haben uns ein bisschen um Carmen gekümmert.“ Sie strich mit beiden Händen gleichzeitig die Haare aus dem zarten Gesicht hinter die Ohren. Sie hatte große, fast grüne Augen, und Arthur war sicher, dass sie vor 20 Jahren ein hübsches Ding gewesen war. Sie fuhr fort. „Ich glaub, Carmen war sauer auf mich, weil ich ... na ja, weil ich mich doch von Clemens hab scheiden lassen , lange nachdem er verschwunden war.“ Enttäuschung in der Stimme, Tränen in den Augen. „Aber was hat sie denn gedacht? Dass ich für immer allein bleibe?“
Ihre blonde Freundin reichte ihr ein Tempo. Arthur schaute zum Fenster hinaus auf ein and eres Haus. Heulende Weiber waren ihm ein Gräuel.
„Gibst du mir `ne Zigarette?“ , hörte er Gerber fragen. Auch das noch! Konnten die beiden nicht wie normale Menschen ein Schnäpschen auf den Schreck trinken?! Ein Feuerzeug klickte zweimal, und schon hatte Arthur den ekligen Rauch in der Nase.
„Können Sie nicht wenigstens ein Fenster aufmachen?!“ , beschwerte er sich und schaute die blonde Kamp an.
Die bedachte ihn mit einem überraschten Blick ihrer blauen, langbewimperten Augen. „Ach, Sie sind Nichtraucher? Dann stellen Sie sich doch auf den Balkon, bis wir fertig sind.“
Das war dreist! Arthur starrte ihr ins Gesicht, aber sie wich seinem Blick nicht aus, sondern ließ jetzt auch noch ein mildes Lächeln um ihre rosa bemalten Lippen spielen. Er fragte sich, woher sie ihr Selbstbewusstsein nahm, stand auf, ging Richtung Balkontür, wobei er an einem großen Käfig vorbei kam, in dem zwei Meerschweine, halb im Streu verborgen, schlafend herumlagen. Na, das passte doch. Käfighaltung war für Arthur das Letzte. Jede Kreatur sollte das Recht auf Freiheit haben. Außer Verbrecher natürlich.
Vehement riss er die Balkontür auf, setzte sich wieder und wandte sich an die üppige Blond ine, die sich im frühen Brigitte-Bardot-Look aufgebrezelt hatte. „Was machen Sie so den ganzen Tag, Frau Kamp?“
„Ich arbeite.“
„Als was?“
„Ich bin Hausfrau, Ehefrau und Mutter.“
„Aha, und was macht Ihr Mann?“
„Wir haben einen sehr gut gehenden Elektrobetrieb.“
„Das freut mich. Und Sie, Frau Gerber, was machen Sie?“, wandte er sich der anderen Frau zu, die aufrecht und irgendwie unentspannt neben der Kamp saß und den Kopf leicht seitlich gedreht hatte, so als höre sie mit dem einen Ohr besser als mit dem anderen.
„Ich gehe putzen. Ich bin nämlich zum zweiten Mal geschieden.“ Sie kratzte sich da, wo am Scheitel graue Haaransätze zu sehen waren, zog an der Zig arette und blies den Rauch gegen die
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