Im Keller
hast, weil niemand mitkriegen soll, dass sie schwanger ist. Aber da kann man doch eine andere Lösung finden.“
„Die blöde Kuh hat sich das selber eingebrockt!“ , schimpft er. „Warum nimmt die nicht die Pille?! Tausendmal hab ich ihr das gesagt! Aber dafür ist die auch zu blöd!“
„Aber Clemens“ , rede ich auf ihn ein, „das ist doch so was Schönes, so ein Kind,. und sieh mal, du brauchst dich auch gar nicht drum zu kümmern, ich kann es doch großziehen und -“
Da kommt der plötzlich auf mich zu, mit wutverzerrtem Mund, ich weiche zurück, falle fast über die eigenen Füße, und er brüllt mir ins Gesicht: „Ich will kein Kind, verflucht noch mal! Das gibt nur Probleme, und davon hab ich genug! Kapier das endlich mal, du alte ...!“
Gott, Theo, er sagte ein ganz schreckliches Wort, und das zur eigenen Mutter! Ich bin wütend geworden und hab zurückgeschrieen: „Das sagst du nicht noch mal zu mir! Wenn du Uschi nicht sofort da rauslässt, rufe ich die Polizei!“
Das hätte ich nicht sagen sollen. Ich hab noch nie einen Blick so voller Hass bekommen wie in diesem Moment von meinem einzigen Kind. Er hat mich angeguckt, als wär ich Dreck. Ich dachte, der bringt dich jetzt um, der schlägt dich tot.
Doch dann packt der mich im Genick und schleift mich mit sich aus dem Keller, die Treppe rauf, durch den Flur und stößt mich ins Gästeklo. Nimmt den Schlüssel innen aus der Tür und schließt von außen ab!
Ich bin erst mal still und starr gewesen vor Schreck. Ich hab überhaupt nicht verstanden, was das soll, ich hab gezittert vor Angst und vor Empörung, ich musste mich setzen, mein Ve rstand war wie taub, ich konnte gar nicht denken. Aber nach einiger Zeit gibt sich das langsam, ich trinke ein paar Schlucke aus dem Wasserhahn, und plötzlich wird mir klar, dass ich hier nicht so einfach rauskomme: das Gästeklo war doch früher Vorratskammer und hat keine Fenster!
Da hab ich Panik gekriegt und wie von Sinnen angefangen, gegen die Tür zu hämmern und um Hilfe zu rufen. Das war mein nächster Fehler!
Denn auf einmal schlägt jemand von außen gegen die Tür und brüllt: „Hör auf mit dem Gezeter, sonst kriegst du eine aufs Maul!“
Und noch ein Fehler: „Dir werd ich schon beibringen, wie man mit seiner Mutter umz ugehen hat!“
Ein Stoß gegen die Tür, die fliegt nach innen auf, mir mitten ins Gesicht. Ich schreie auf, ta umele zurück, ein Schlag direkt in den Magen, ich krieg keine Luft, sacke zusammen, mein Kopf knallt gegen die Wand. Ich spüre Clemens’ Wut, rieche den Alkohol. Dann Benommenheit. Er schreit irgendwas, und ich spüre wieder die Wut, diesmal in seiner Stimme. Wut. Hass.
Das macht mich mehr fertig als die Schläge, denke ich noch - dann tritt er auf mich ein, o bwohl ich längst am Boden liege. Gegen den Oberschenkel, gegen die Brust, gegen den Kopf, und noch einmal und noch einmal, ich krümme mich zusammen, Arme vor den Kopf, und irgendwann drifte ich weg, spüre noch die Tritte, aber keinen Schmerz mehr.
Dann habe ich irgendwann das Gefühl, wieder allein zu sein ... und ich treibe so dahin, am Rande der Bewusstlosigkeit ... und ich weiß nicht, wie lange ich da gelegen habe, doch al lmählich melden sich die Schmerzen, und mir wird bewusst, wie hart und wie kalt der Fußboden ist.
Stöhnend und jammernd hab ich mich aufgerappelt, Theo, und mir war eiskalt bis auf die Knochen, von den Fliesen her und vor Entsetzen. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie verprügelt worden.
Ich hab innerlich gezittert, und auf einmal sind mir die Tränen gekommen. Ich hab wohl stundenlang geheult, keine Ahnung, wie lange, meine Armbanduhr lag im Schlafzimmer. Ich hab nicht gewagt, an die Tür zu klopfen oder um Hilfe zu rufen. Ich hab mich still verhalten, still wie das Häschen im Wald, das dem Jäger entkommen will!
Ich hab mich klein, dumm und verletzlich gefühlt! So unglaublich gedemütigt! Davon wird mir sogar schlecht, und ich muss mich übergeben. Theo, ich spucke Blut ins Waschb ecken!
Mir wird schwindlig, ich sinke zurück auf die kalten Fliesen und falle wieder in einen Dä mmerzustand, was gut ist, denn so bemerke ich kaum, wie die Zeit dahin schleicht und mein Körper und meine Seele schmerzen.
Einmal muss ich mich am Waschbecken hochgezogen haben, um etwas zu trinken, aber an viel mehr erinnere ich mich nicht.
Ich mag auch gar nicht weiter über diese Tortur reden - dieser Mensch, der sich unser Sohn nennt, hat mich vier Tage lang verletzt und ohne
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