Im Kerker der schönen Justine
in ihr Verderben laufen.
Dr. Bonham zog erneut seine Waffe. »Du wirst keine andere Chance haben. Du musst gehen. Ich kann dich auch durch eine Kugel töten, aber das möchte ich nicht. Ich würde dich anschießen und dich danach eigenhändig über die Schwelle befördern. Deshalb gebe ich dir den Rat, lieber freiwillig zu gehen.«
Der Arzt hatte Recht. Das musste sie einsehen. Es gab keine andere Chance für sie.
»Okay, ich gehe.«
»Sehr schön.«
Aufgeschlossen war die Tür, aber nicht aufgezogen. Das änderte der Arzt sehr schnell. So konnte Lilian zuschauen, wie sich das dunkle Viereck immer mehr verbreiterte. Die Öffnung ließ es zu, dass sie in den dahinter liegenden Raum schaute, der noch dunkel war. Dr. Bonham bedeutete ihr durch eine Geste mit der Pistole, dass sie zuerst eintreten sollte.
Als sie über die Schwelle trat, war es noch immer dunkel. Aber sie nahm den Geruch wahr, der ihr entgegenströmte. Es war ein widerlicher Gestank, der sie schaudern ließ. Er setzte sich aus allem Möglichen zusammen, aber der Blutgeruch war sehr deutlich zu erkennen.
Hier also...
Mehr dachte sie nicht, denn der Arzt hinter ihr legte einen Schalter um.
Licht!
Grell! Nein, nicht grell. Lilian Smith empfand es nur so, weil sie zuvor durch eine andere Szenerie geschritten war. Sie wurde leicht geblendet, zwinkerte einige Male, bis sie sich wieder gefangen hatte, ließ die Augen offen – und erstarrte.
Ihr Blick fiel in eine Kammer des Schreckens!
***
Was da glänzte war kein Spiegel, sondern der Stahl, auf dem sich das Licht fing. Und der wiederum gehörte zu den Wagen, die hier abgestellt waren. Früher hatten die fahrbaren Tische im Raum davor gestanden. Dort hatten darauf die bereits obduzierten Leichen gelegen, bis man sie abtransportiert hatte.
Jetzt standen sie hier.
Und sie waren leer.
Aber der Blutgeruch hing nach wie vor zwischen den Wänden und der Decke, und Lilian hatte dafür nur den Ausdruck widerlich übrig.
Aber es gab nicht nur die Tische hier. Sie sah auch die Pumpen, die Schläuche und die Kanülen, die gebraucht wurden, um den Menschen das Blut abzuzapfen.
Viel Fantasie musste sie nicht haben, um sich vorzustellen, was passieren würde, wenn die Opfer auf den metallenen Seziertischen lagen. Da konnte man ihnen perfekt das Blut rauben, und dass die Hygiene nicht stimmte, das spielte bei diesem Verbrechen wirklich keine Rolle.
Lilian Smith war nicht weiter in diese Schreckenskammer gegangen. Sie hatte das Gefühl, von einer Wand aufgehalten worden zu sein, und sie verkrampfte sich auch weiterhin. Sie hatte den Eindruck, selbst tot zu sein, und nur ihr Herz schlug noch. Das aber recht laut und pochend.
Hinter ihr bewegte sich der Arzt so nahe an sie heran, dass sie seinen Atem spürte, der über ihren Nacken hinwegstrich. Er sagte zunächst nichts, aber sie hörte sein leises Lachen und erst danach die geflüsterten Worte: »Das ist deine Endstation, Lilian. Du wirst uns das Blut spenden, es gibt kein Zurück.«
»Nein!«, presste sie hervor.
»Doch!« Er griff ihr mit einer Hand in den Nacken und drückte so hart zu, dass sie sich nach vorn beugte und dabei ein Stöhnen nicht unterdrücken konnte. »Wenn es sein muss, kann ich dich auch festschnallen. Du siehst also, dass es keinen Sinn hat, sich zu sträuben. Wir hier sind immer stärker als du.
»Wer seid ihr?«
»Das wirst du sehen.« Noch immer ihren Nacken im Griff haltend zwang er die Frau, sich auf einen der Tische zu legen. »Solltest du noch immer versuchen, dich zu wehren, werde ich dich foltern.«
»Ja, ich weiß...«
Dr. Bonham war zufrieden, und so klang seine Stimme auch, als er sagte: »Und jetzt werden wir mit den Vorbereitungen beginnen...«
***
Wir waren nicht ins Büro gefahren, sondern hatten einen anderen Weg eingeschlagen. Da wir bei ihr nicht völlig überraschend eintreffen wollten, hatte Suko Jane Collins angerufen und unseren Besuch angekündet.
Die Detektivin war einverstanden gewesen, obwohl sie einen Termin hatte verschieben müssen.
Aber zu Jane wollten wir nicht. Es gab jemand, der seit einiger Zeit bei ihr wohnte, mehr unfreiwillig. Dieser Jemand war eine Frau und hieß Justine Cavallo.
Sehr schön, sehr blond, sehr perfekt, aber auch eine blonde Bestie, denn Justine Cavallo war nichts anderes als eine Vampirin, die sich vom Blut der Menschen ernährte.
Eigentlich gehörte sie zu den Unpersonen, die Suko und ich jagten, und wir hätten sie vernichten müssen, aber die Cavallo war eine
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