Im Kerker der schönen Justine
wollte, und sofort wurde man entgegenkommender. Ich musste mich ein wenig gedulden. Es wurde nachgeschaut, und die nette Frauenstimme erklärte mir, dass ich Glück hätte und ruhig mal vorbeischauen sollte.
Ich versprach, mich näher damit zu beschäftigen. Anschließend ging ich wieder zurück zu Suko und Justine. Sie schauten mir gespannt entgegen, doch ich winkte ab.
»Kommt wieder auf den Teppich zurück. Es ist alles ganz normal. Ich würde ein Bett bekommen können.«
»Dann leg dich rein!«, sagte Suko.
Ich hob die Schultern. »Erst der Job, dann die Ruhe. Jedenfalls werden wir nicht auf ein leeres Haus treffen.«
Suko deutete auf seine Uhr. »Und wann sollen wir fahren?«
»Der Tag ist noch jung. Ich denke, dass wir jetzt starten können.«
»Einverstanden.«
Justine Cavallo hob einen Arm. »Wenn ihr mit dem Fahren nur euch beide gemeint habt, dann seid ihr einem Irrtum erlegen. Ich denke, dass ich mitfahren werde. Ich habe diese Person gesehen, die meine Schwester sein könnte. Ich will herausfinden, was passiert ist. Auch wenn ihr dagegen seid, ich könnte mir auch vorstellen, dass die Aktion sehr wohl mich betrifft.«
»Warum?«, fragte Suko.
»Nichts ist ein Zufall. Diese blonde Frau auch nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass Mallmann im Hintergrund seine gefährliche Suppe kocht. Deshalb bin ich dabei.«
Dagegen hatten Suko und ich nichts einzuwenden. Wer die Cavallo so sah und sie nicht kannte, hätte sie durchaus für eine völlig normale Frau halten können. Für eine sehr attraktive sogar, zu der diese aufreizende Lederkleidung passte, ebenso wie die halbhohen weichen Stiefel. Das sehr blonde Haar stand im perfekten Gegensatz dazu. Eine Person wie die Vampir in erregte Aufsehen, wo sie erschien. Dass sie sich vom Blut der Menschen ernährte, hätte kein Fremder geglaubt.
»Wann wollt ihr los?«, wollte sie wissen.
»Sofort«, erklärte ich.
Justine war einverstanden. Ob die Spur heiß war oder nicht, das würde sich herausstellen. Mein Gefühl jedenfalls sagte mir, dass wir uns auf der richtigen Fährte befanden...
***
Der Ort Woking lag außerhalb des großzügig um London gezogenen Autobahnrings. Klein war die Stadt nicht, aber wir würden nicht hineinfahren müssen. Die Wald-Klinik lag außerhalb. Durch ein weiteres Telefonat hatte ich erfahren, dass wir in Richtung Mayford fahren mussten. Das war ein kleiner Ort im Süden von Woking.
Suko hatte diesmal das Steuer übernommen. Ich saß auf dem Beifahrersitz und Justine hatte ihren Platz auf der hinteren Bank eingenommen. Sie war eine angenehme Mitfahrerin, denn sie hielt sich zurück. Nur ab und zu knarrte das Leder etwas, wenn sie sich bewegte.
London zu verlassen bedeutete auch, den großen Verkehr hinter sich zu lassen. Zwar waren wir nicht allein auf der Straße. Woking zog genug Menschen an und spie sie auch wieder aus, aber nicht zu vergleichen mit der gewaltigen Metropole.
Da hatte sich auch die Landschaft verändert. Es tat gut, durch die grüne frühsommerliche Welt zu fahren. Das war fast wie Urlaub zu Hause, aber wir dachten auch eine Idee weiter.
Die blutleeren Leichen waren nicht aus der Welt zu schaffen. Es war auch gut vorstellbar, dass die Mitarbeiter eines Krankenhauses da ihre Fäden zogen.
Je näher wir zu der Stadt kamen, umso mehr Fahrzeuge waren unterwegs. Aber es gab auch das Hinweisschild auf Mayford und eines, das auf einen Golfplatz hinwies.
Suko lachte leise und sagte: »Da ist es ja.«
»Nur nicht die Wald-Klinik«, bemängelte Justine.«
»Die finden wir auch.«
Zunächst führte der Weg in Richtung Golfgelände, das wir sogar an der rechten Seite sahen. Es war ein hügeliges Gelände, mit kleinen glänzenden Augen aus künstlichen Gewässern verziert.
Die Straße führte am Golfplatz vorbei in eine bestimmte Richtung. Südwesten diesmal. Mayford sahen wir noch nicht, weil einige hohe Bäume uns die Sicht nahmen. Dafür gab es den ersten Hinweis auf das Krankenhaus, das außerhalb lag und sicherlich im Wald.
Wenn das zutraf, musste zumindest ein gut befahrener Weg dorthin führen, und das traf auch zu. Außerdem entdeckten wir ein Schild, das vor einem in der Nähe liegenden Sumpfgebiet warnte.
Die durch den lichten Wald führende Straße war etwas kurvig. Man sah erst spät, wenn ein Wagen von vorn kam. Suko fuhr entsprechend vorsichtig, und wenn ich in den Innenspiegel schaute, dann sah ich Justine Cavallo, die nicht locker auf ihrem Sitz hockte. Sie hatte eine angespannte Haltung
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