Im Kerker der schönen Justine
Schultern, und ich deutete auf das Heck des Wagens, dessen Ladeklappe man anheben musste.
Der Ältere holte einen Schlüssel hervor und schloss die Tür auf. Dabei sprach er vor sich hin, was wir nicht verstanden. Komplimente waren es bestimmt nicht.
Die Tür schwang hoch.
Wir hatten nicht erwartet, einen prächtigen Sarg zu sehen, und so war es denn auch.
Vor uns lag die Kunststoffkiste. Grau wie der leere Bildschirm eines Fernsehers. Sie stand auf einer Schiene und war dort festgeklemmt worden.
»Öffnen?«
Ich nickte.
Das Öffnen des Sargs war leicht, und dabei gab er auch einen Kommentar ab. »Sie werden nichts finden. Hier wird kein Rauschgift geschmuggelt. Es ist alles okay.«
»Darum geht es uns nicht«, sagte Suko, der gespannt auf den Anblick des Toten war.
Sobald die beiden Männer das Oberteil abgehoben hatten, traten sie zur Seite, damit wir ein besseres Blickfeld bekamen, und plötzlich hatte ich das Gefühl, genau das Falsche zu tun und mich zu blamieren.
Der Mann im Sarg hielt die Augen geschlossen. Er trug eines dieser dünnen Totenhemden, und beim ersten Hinschauen war nicht zu erkennen, ob er gewaltsam ums Leben gekommen war oder nicht.
Er machte einen friedlichen Eindruck, was uns schon mal entgegenkam. Da der Sarg auf der Schiene etwas aus der Hecköffnung gezogen worden war, bereitete es uns keine Mühe, die Ärmel des Totenhemds in die Höhe zu schieben.
Es ging um Menschen, die ihr Blut verloren hatten und nicht von einem Vampir leer gesaugt worden waren. Da mussten einfach Spuren zu sehen sein, und die wollten wir finden. So konzentrierten wir uns auf die Innenseiten der Armbeugen.
Genau das war richtig.
»Einstiche, John...«
»Bei mir auch.
»Dann wird er kein Blut mehr in sich haben.«
Ihm äußerlich anzusehen war das nicht, denn Leichen sind schon von Natur aus blass. Aber wir hatten wieder ein Opfer gefunden. Es war die Nummer dreizehn.
Über den Toten hinweg schauten wir uns an. Suko stieß einige Male die Luft durch die Nase und schüttelte den Kopf. Einen Kommentar gab er nicht, er zog sich nur ebenso zurück wie ich. Hinter dem Heck richteten wir uns aus. Die beiden Männer vom Beerdigungsinstitut standen wie die Ölgötzen auf dem Fleck.
»Nun? Ist Ihnen etwas aufgefallen?«, erkundigte sich der Ältere.
Ich winkte ab. Die Geste sollte auch beruhigend auf ihn wirken. »Wir haben auch nie damit gerechnet, dass Sie noch einen zweiten Toten in Ihrem Fahrzeug transportieren, es ging uns einzig und allein nur um diesen einen Toten.«
»Warum denn?«, krächzte der Mann mit dem Holzgesicht.
Ich antwortete mit einer Frage. »Wissen Sie vielleicht, wie der Mensch hier gestorben ist?«
»Nein«, erklärte der Ältere. »Wir wissen nur, dass er Cecil Frazer heißt und in den frühen Morgenstunden verstarb. Das hat man uns gesagt. Ich denke, dass er einem Herzschlag erlegen ist. So wie er aussieht, weist einiges darauf hin.«
Es war möglich, dass er zum Schluss einem Herzschlag erlegen war, aber was war der Grund dafür gewesen?
»Haben Sie genug gesehen?«, fragte der Brillenträger und griff nach dem Sargdeckel.
Ich stimmte zu.
»Dann können wir jetzt unseren Weg fortsetzen?«
»Können Sie. Wir hätten nur gern gewusst, wohin Sie die Leichen schaffen müssen?«
Eine Hand deutete gegen die Außenseite der Fahrertür. Dort stand der Name des Instituts zu lesen. Es befand sich in Woking und nicht in Mayford.«
»Noch etwas«, sagte Suko. »Ich möchte, dass Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber über das, was Sie hier erlebt haben, Stillschweigen bewahren. Wir würden es herausfinden, wenn Sie es nicht tun.«
»Ja, verstanden.«
»Dann dürfen Sie jetzt weiterfahren.«
Die Männer stiegen ein, nachdem sie alles wieder gerichtet hatten. An ihren Bewegungen war zu erkennen, dass sie nicht schnell genug wegkommen konnten.
Wir schauten ihnen nach, und zu Suko gewandt sagte ich: »Das war ein Volltreffer. Abermals eine blutleere Leiche. Jetzt wissen wir auch, woher die Toten stammen.«
Mein Freund runzelte die Stirn. Er machte den Eindruck eines Menschen, der mit den Dingen nicht so recht einverstanden war. Sehr bald sprach er seine Gedanken aus.
»Die anderen zwölf Leichen sind nicht in einem Leichenwagen entdeckt worden, sondern lagen überall verteilt. Warum dieser Tote hier im Wagen? Hast du da eine Erklärung?«
»Sie liegt auf der Hand.«
»Wieso?«
»Der Tote könnte erst noch weggeschafft werden. Das läuft zunächst den normalen Weg, um ihn dann
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