Im Kettenhemd (German Edition)
Reaktion.
Der Earl of Northampton entrollte die Bulle sogleich und vertiefte sich konzentriert in den Text des Dekrets. Ein müdes Zucken im Mundwinkel des Earls verriet nichts Gutes. »Never«, antwortete er und ließ verkünden, alle Gefangenen im Chateau Gaillard töten zu lassen, wenn sich die Français nicht binnen einer Stunde zurückzögen. Nun wussten sie, warum sich die Kutsche mit ihrer Eskorte so rasch in nördliche Richtung abgesetzt hatte.
Rainier de Dijon nickte und sprach: »Wir kennen nun Eure Antwort, Monsieur, und bedauern. Wir werden nicht abziehen, sondern in Kürze angreifen. Ob Eure Leben verschont werden können, kann nicht garantiert werden.«
Die normannischen Edlen nickten nur kühl und wendeten die Pferde.
Die Rotten unter von Bingen hatten sich nach dieser kleinen Kampfpause neu aufgestellt und die Verwundeten nach hinten gebracht. Sie schwenkten eine Flagge und warteten auf das Angriffssignal. Als zwei Mörserschüsse aus Lüttichs Geschützen über den Kampfplatz dröhnten, gab Dietrich das Signal.
Von rechts stießen nun auch die Schutztruppen der Artillerie dazu und von den linken Seiten stürmten die Rotten von Bingens auf den Feind zu.
Der Tag war bereits in der elften Stunde, und die Sonne brannte auf das schützende Eisen aller Kämpfer gleichermaßen. Sie unterschied nicht zwischen Freund und Feind, gut oder böse. Dennoch hatten die englischen Löwen immer noch die Sonne von vorn und waren dadurch zusätzlich in ihrer Sicht behindert.
Da wurden die Schilde der Engländer zu beiden Seiten geöffnet und ihre Ritter stürmten im Galopp hervor. Die engen Sehschlitze ihrer Helme und der Galopp machten ihnen das genaue Zielen mit der Lanze nicht leichter. Der Ausfall der normannischen Ritter kam keinen Augenblick zu früh. Die Français, nach den Kämpfen des Tages mittlerweile in der Überzahl, wähnten nun den Sieg in greifbarer Nähe.
»Jetzt werden wir sie hinwegfegen!«, rief Dietrich mit hoch erhobenem Schwert. »Folgt mir!«
Die Masse der schweren Ritter wandte sich nun mit zunehmender Geschwindigkeit gegen den Feind. Dietrich befahl eine Reiterwende, und im Schwenk holten seine Ritter und alles, was noch reiten konnte, den nötigen Angriffsschwung. Dietrichs Ritter schlugen den angreifenden Normannen seitlich in die Flanke. Die konnten nicht mehr auf Frontalrichtung schwenken und stürzten beim Aufprall übereinander.
Jörg hielt mit dem Streithammer »reiche Ernte« und Cedric, der dicht neben van Stavenhagen und von Lechtenberg ritt, beeindruckte durch sein Geschick mit dem Langschwert. Ein in leuchtend gelben Wappenrock gewandeter Normanne stürzte sich mit der Streitaxt auf Cedric, der aber dem Hieb im allerletzten Moment auswich und im Vorbeireiten den Ritter mit der Parierstange seines Schwertes aus dem Sattel drückte. Im nächsten Augenblick spaltete sein Schwert den Helm des Normannen und ein dicker Blutschwall ergoss sich über ihn.
Ritter van Stavenhagen bekam es gleich mit zwei normannischen Löwen zu tun. Kaum hatte er den ersten aus dem Sattel gehauen, als sich schon der zweite auf ihn stürzte, dieser riss sein Pferd herum und galoppierte mit gestrecktem Schwertarm auf ihn los. Van Stavenhagen riss sein Schild hoch und zertrümmerte auch dem zweiten mit seinem doppelten Morgenstern den Helm. Die dornigen Eisenkugeln krachten ihm klirrend ins Visier und zerschmetterten den Schädel dieses mutigen Kriegers. Ritter, die diese Waffe beherrschten, waren unbequeme Gegner, aber sehr geachtet als Flügelmänner.
Der Lechtenberger und Dietrich schlugen mit allem, was sie hatten, auf die feindlichen Ritter ein. Sie waren in einer Art Siegestaumel nicht zu überwinden und rund um sie ergoss sich das Blut ihrer Feinde über die eben noch strahlenden Rüstungen. Einer nach dem anderen wurde aus dem Sattel gehauen, und das Waffenglück verließ sie an diesem Tag nicht mehr.
Die Fußtruppen hatten die Schildträger übermannt und drangen auf die sich noch tapfer verteidigenden Feinde ein. Das Schwert war die Hauptwaffe beider Seiten. Dennoch setzten die Reste der Sturmtruppen ihre Axtspieße mit verheerender Wirkung ein und brachten die Engländer damit zur Niederlage. Hieb- und Stichwaffe zugleich, konnten die kurzen Axtspieße seitlich und auch zum direkten Stich eingesetzt werden.
Die verbliebenen Bogenschützen beider Seiten konnten nichts mehr bewirken und so neigte sich die Waagschale des Sieges auf die Seite des französischen Heeres.
Als die Sonne schon tief stand,
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