Im Kettenhemd (German Edition)
Sonne entgegen. In ihren Rüstungen wurde ihnen sehr bald recht heiß. »Manche Tage eignen sich wirklich nicht zum Kämpfen, Messieurs, aber wir müssen am Feind bleiben und verhindern, dass der sich von diesem Schlag erholt«, ächzte auch Dietrich.
Die Karrenstraße nach Gaillard war in dieser Trockenheit gut zu reiten. Es hatte seit Wochen nicht geregnet, dennoch waren die tiefen Spuren der Pferdkarren noch gut zu erkennen. Auch die Spuren anderer Reiter, die schon vor ihnen diesen Weg entlang geritten waren, konnte man noch deuten. Leider ließ sich der Staub, den die Pferde aufwirbelten, schon aus großer Entfernung entdecken. An ein unbemerktes Annähern war bei Tage nicht zu denken. Dietrich wusste seine Späher ja bereits vor Ort und hielt nach dem verabredeten Blinken in der Sonne Ausschau.
Nach einem etwa zweistündigen Ritt über die normannische Ebene erblickten sie die Feste. Stolz lag die Wehranlage auf der Spitze einer Hügelkette. Schon aus dieser Entfernung konnten sie die Türme zwischen den starken Mauern erkennen. Das Vorwerk der Anlage war eine gewundene Doppelmauer mit vielen Türmen und Toren.
Dietrich ließ seine Männer absitzen und nach Spuren des Voraustrupps Ausschau halten. Niemand konnte mit Sicherheit sagen, in welche Richtung Rottenführer Karl seine Männer geführt hatte.
»Es sollen sich zwei Mann auf die Suche nach dem Voraustrupp machen«, rief Dietrich dem Junker zu. Der Staub wirbelte hoch auf, als die Reiter ihren Pferden die Sporen gaben.
Die Zugangswege zur Feste mussten sie schnellstens unter ihre Kontrolle bringen. Nach der verlorenen Schlacht waren die Engländer in ihrer letzten verbliebenen Bastion auf französischem Boden auf Nachschub an Verpflegung und Truppen angewiesen. Bevor die sich noch besser in der großen Burgstadt verschanzen konnten, wollte Dietrich mit der Vorhut alles daran setzen, um dieses zu verhindern. Ohne ausreichende Verpflegung würde der Feind im Falle einer Belagerung durch das französische Heer dann nicht lange aushalten können.
Die entsandten Reiter kehrten alsbald zurück. Ganz in der Nähe hatten sie eine kleine Felsengruppe gefunden, die als Lagerplatz für die Truppe geeignet schien.
Langsam näherten sie sich dem kleinen Wald, in dem die Späher die Felsen fanden. Es herrschte absolute Stille, die nur zuweilen vom Zwitschern einiger Drosseln unterbrochen wurde. Dietrich gab das Zeichen, die Waffen bereit zu halten.
Die Felsen sahen aus, als hätte die Hand Gottes einige dieser Brocken hier nach Belieben verstreut. Im Innern und auch am Rande der Felsen standen einige verkrüppelte Kiefern und gaben diesem Platz einen idyllischen Anschein. Über dem Terrain kreisten hoch am Himmel einige Krähen. Jörg meinte: »Die sind bestimmt auf einen toten Hasen aus.«
Kurze Zeit später hatten sie diese Felsen erreicht, und die Ersten stiegen von den Pferden. Dietrich schickte je zwei Mann, die Felsengruppe nach links und rechts zu umreiten.
»Wir wollen doch keine Überraschungen erleben Messieurs«, sprach er zu seinen Männern.
»Seht, hier gibt es ein kleines Rinnsal mit frischem Wasser!«, rief Cedric den Männern zu.
›Sehr gut‹, dachten alle, ›das ist ja ein idealer Ort, um sich versteckt zu halten.‹ Einige der Pferde taten sich bereits am Wasser gütlich, und auch den Reitern war die kleine Erfrischung sehr willkommen.
Doch plötzlich war es mit der Besinnlichkeit vorbei. Einer der Reiter, die zur Erkundung ausgeschickt waren, flog heran und rief: »Trahison! Trahison! – Verrat! Verrat!« Alle griffen augenblicklich zu ihren Waffen und erwarteten den Feind.
»Sprich, was hast du entdeckt?«, herrschte Dietrich den Mann an.
»Dort hinten liegen einige unserer Männer. Sie wurden erschlagen.«
»Unsere Männer? Irrst du dich da auch nicht?«, fragte Dietrich voll Sorge.
»Ich glaube, es sind sechs Mann unserer Beobachter«, erwiderte der Reiter und hatte dabei Mühe, sein Pferd zu bändigen.
»Ist Hauptmann Karl unter ihnen?«, wollte Jörg sogleich wissen.
»Ich weiß es nicht genau, bin gleich losgeritten, Mon Seigneur«, gab der Reiter zur Antwort.
»Zwanzig Mann bleiben hier. Auf die Pferde und mir folgen!«, befahl Dietrich.
Schnell waren an die fünfzig Mann im Sattel und ritten ihrem Anführer nach. Die besagte Stelle war schnell erreicht, wo die anderen schon warteten. Karl, der Hauptmann der kleinen Kampfgruppe, war nicht unter den Toten.
»Es muss einen heftigen Kampf gegeben haben«, meinte Jörg. »Ich denke, unsere
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