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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Reitze
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ganze Wahrheit. Die meisten seiner Männer waren tot und wer noch stöhnte, wurde kurzerhand durch das Schwert zum Tode befördert. Von diesem Feind hatte Dietrich keine Gnade zu erwarten. Diese ungewohnte Hilflosigkeit ließ Wut in ihm aufkommen. Wut und Rache können einen Mann wieder stark machen und ihm helfen, viele Entbehrungen zu ertragen. Dietrich baute auf seine innere Stärke und wusste, dass eine schwere Zeit der Gefangenschaft vor ihm liegen würde. Sie konnte lang, aber auch kurz sein, in jedem Fall aber für einen kampfgewohnten Ritter eine Prüfung Gottes, die es zu bestehen galt.
Der Tag war weit über Mittag hinaus, und so war man alsbald zum Aufbruch bereit. Die Engländer wollten so schnell es ging wieder hinter die Mauern der Feste in Sicherheit gelangen.
Arcon kam nach der harten Attacke auch wieder auf die Beine und schnaubte laut, als wollte er seinem Herrn bedeuten: Komm, wir verschwinden von hier! Daran war aber leider gar nicht zu denken, und so nahmen sie auch ihn mit sich. Sicher würde er bald bei einem anderen Ritter seinen Dienst tun müssen.
Die Engländer zogen nun in Richtung des Chateaus, und Dietrich musste ihnen zu Fuß folgen. Die Hände hatte man ihm an ein Pferd gebunden, und so war der Weg um so beschwerlicher. Nachdem der Feind alles Brauchbare an sich genommen hatte, ließ er die Erschlagenen im Wald zurück.
Immer wieder hielt Dietrich Ausschau, ob er Jörg oder Cedric unter den Toten ausmachen könnte. Mit Erleichterung stellte er fest, sie waren nicht darunter. Die Wappenfarben des Junkers wären ihm sicher aufgefallen. Wenn sie entkommen waren, bestand Hoffnung, und Hoffnung war das Einzige, das einem Mann in seiner Situation noch blieb.
Als sie aus dem Wald auf eine große Lichtung trafen, sah Dietrich die Gesamtstärke des Feindes: An die zweihundert Engländer zogen mit ihm in Richtung der Burg. Dietrich war überzeugt, dass Verrat zu diesem Desaster geführt hatte.
Die Mittagssonne brannte auf sein ungeschütztes Haupt und die Burg Gaillard gewann mit jedem Schritt, den sie den gewaltigen Mauern näher kamen, an Größe. Hier also würden sie ihn einkerkern, und die Sonne sollte er so schnell nicht wieder sehen.
Die englische Kampfeinheit erreichte alsbald das Vorwerk der Burg. Die Wachen gaben schon früh ihr Signal und die Antwort war ein vereinbartes Zeichen. Mit Getöse wurde die Zugbrücke herabgelassen und das erste Fallgitter hochgezogen. Die Soldaten scherzten offensichtlich miteinander und zeigten mit bedeutenden Gesten auf den Gefangenen.
Dietrich sah die Befestigungen nun aus nächster Nähe, konnte sich zwar alles genau ansehen, doch es nützte ihm im Moment wenig. Sie durchschritten noch weitere fünf Tore, bis sich vor ihnen das Bollwerk der Torburg erhob. Gesäumt von zwei hoch aufragenden Türmen protzte das aus schwerem Eichenholz mit Eisenbändern gefertigte Haupttor, das jedem ungebetenem Gast Einhalt gebot. Die Mauern erhoben sich eindrucksvoll, und Dietrich erkannte, dass deren Erstürmung kein Morgenspaziergang werden würde.
Als das Tor geöffnet wurde, zog ihn das Pferd in Richtung der Stallungen, wo sicher schon Futter wartete. Auch er verspürte seit einiger Zeit heftigen Hunger und wusste nicht was Kost und Logis an diesem Ort hergeben würden. Sie durchschritten einen halbdunklen Gang, der von hoch liegenden Scharten und Deckenluken gespickt war. Hier würde man Eindringlingen sicher einen heißen Empfang bereiten.
Ein Kriegsknecht band ihn los und drückte ihn mit sanfter Gewalt vor die Stufen einer Freitreppe. Als Ritter und Fußvolk das Tor passiert hatten, schloss dieses sich hinter ihnen, und ein Gefühl, das Dietrich nur aus Erzählungen kannte, kroch an ihm hoch. ›Gefangen!‹, ging es ihm durch den Kopf. ›Ich bin in Feindeshand.‹ Er blinzelte nach oben und sah den Vögeln am Himmel zu. Dort oben müsste er jetzt fliegen und die grenzenlose Freiheit genießen können.
Der staubige Platz der Residenz des Statthalters stand voller Eisenhüte. Ihr Anführer saß stolz wie ein Spanier auf seinem Pferd und konnte es wohl kaum erwarten, seinem Herrn von dem »großartigen« Sieg zu berichten. Als sich das Tor oberhalb der Freitreppe öffnete, erschien ein in feinste Kleider gewandeter Mann. Auf der breiten Treppenkanzel stehend, blickte er mit zusammengekniffenen Augen auf die Ankömmlinge.
»We have caught you – haben wir euch erwischt«, kam es aus ihm heraus und ein breites Grinsen war in sein Gesicht geschnitten. Der Mann war

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