Im Kettenhemd (German Edition)
Lord Eshby, der Statthalter Heinrich des Eroberers von England, und die Rede war an Dietrich gerichtet.
Dietrich erhob sich und blickte unerschrocken nach vorn. Sein Stolz verletzte den Lord, worauf die Büttel versuchten, ihn wieder auf die Knie zu zwingen. Er wehrte sich so gut es ging, aber ein Tritt in die Kniekehle ließ ihn ungewollt einknicken. Den Kopf erhoben rief er dem Lord zu: »Ich bin nun Euer Gefangener, aber nicht Euer Untertan!«, wobei er auf sein Wappen zeigte. »Ich mag arm sein, aber nicht ohne Mut und Stolz. Euer Hinterhalt zeigt Schwäche. Im offenen Felde hätten Eure Mannen nicht ausgereicht, um uns zu bezwingen.«
Der Lord wechselte die Gesichtsfarbe und pumpte sich auf. »Ihr führt eine kecke Rede, Herr Ritter. Sicher wird Euch die Ruhe im Kerker guttun und Euren Geist läutern«, krächzte er mit erstickter Wut in der Stimme.
Hinter Lord Eshby, den Hut tief ins Gesicht gezogen, stand ein Mann in vornehmem Gewand.
Er stand im Schatten und nur für einen Augenblick konnte Dietrich in sein Gesicht schauen. Die Sonne vor Augen, konnte er leider nicht viel sehen, aber der kam ihm irgendwie bekannt vor.
Mit einer hochmütigen Geste bedeutete der Lord, man möge Dietrich wegbringen. Von zwei englischen Schergen gepackt, schob man ihn in Richtung eines freien Platzes. Ein Galgen und noch so einiges an unerfreulichen Dingen säumten seinen Weg zum Eingang in ein Querschiff der Burg. Würde er hier Qualen und letztlich den Tod finden?
9. Kapitel
Im Kerker
Das Kerkerhaus des Chateaus war ein düsteres Granitsteingebäude, welches am Ende der großen Freifläche gelegen war. Auf diesem Platz befanden sich die Waffenschmiede, einige offene Pferdeställe, aber auch das gesamte Marktgeschehen wurde hier mit den Bauern der Umgebung abgehalten.
Dietrich wurde recht unsanft die Treppe hinabgestoßen, und ein langer feuchter Gang mit vielen Türen und Gittern tat sich vor ihm auf. Nachdem die helle Sonne im Hof des Chateaus seine Augen geblendet hatte, brauchte er eine Weile, um sich an das Halbdunkel dieser Umgebung zu gewöhnen.
Schmutz und üble Gerüche waren der erste Geschmack von dem, was er hier zu erwarten hatte. Auf dem Boden lag Stroh, und Kerzen sowie vereinzelte Fackeln beleuchteten die Szene düster. Sie stießen ihn weiter vorwärts den Gang entlang bis zu einem Tisch, der in einer Nische stand. Hier saß ein Kerl mit nur einem Arm, dem eine Kanne Wein sein bester Freund zu sein schien. Leicht eingenickt, schrak er wie von der Tarantel gestochen hoch, als ihn einer der Kerle anstieß.
»Blocking the one here – sperr den hier ein!«, herrschten sie ihn an.
Dietrich betrachtete den armen Teufel von Kopf bis Fuß und hätte nicht mit ihm tauschen wollen. Ich kann hier vielleicht fliehen, aber der nicht, kam es ihm in den Sinn.
»Habt ihr ihn nach Waffen durchsucht?«, brabbelte der Kerl.
Einer der Beiden hielt Dietrich ein Schwert vor die Brust und verlangte sein Kettenhemd. Nun war es also an der Zeit, sich von dem besten Stück seiner Kriegsausrüstung zu trennen. Ob er dieses Meisterwerk aus Meister Heriberts Händen je wiedersehen würde, stand in den Sternen. Wohl oder übel musste er seinen Schutz ablegen, konnte aber den Wappenrock behalten.
»Da habt ihr«, rief er dem Kerkermeister zu und stieß das Kettenhemd mit dem Fuß zu ihm. »Taugt doch nicht viel und hält keinen Pfeil auf«, sagte Dietrich, um kein Interesse bei den Wachen zu wecken. Hastig rollte er die ihm verbliebenen Habseligkeiten zusammen und verbarg sie unter seinem Leinenhemd.
»Hast du noch Geld?«, fragte der andere.
»Nein, das haben mir schon deine Kameraden abgenommen«, bekam er zur Antwort.
»Follow me! – Mir nach!«, krächzte der Wächter und zog eine Fackel aus dem Wandhalter.
Das Stroh auf dem Boden verbreitete einen typischen Geruch und war sogar noch recht frisch. Als sie den Gang entlangschritten, konnte Dietrich in manche Kerkerzelle hineinschauen, und was er sah, war wenig hoffnungsvoll. Die Mauern hier unten waren gut zehn Fuß stark und ziemlich feucht. Nur vereinzelt drang ein Sonnenstrahl durch die kleinen, vergitterten Fenster. Diese waren so hoch gelegen, dass man sie allein nicht würde erreichen können. Hinten im Gang blieb der Kerkermeister vor einer Eichentür mit Gitterstäben auf Brusthöhe stehen und fingerte aus einem Ringeisen den passenden Schlüssel heraus. Die Tür wurde von den beiden Bewaffneten aufgestoßen, und mithilfe ihrer Schwerter beförderten sie Dietrich in eine recht
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