Im Kettenhemd (German Edition)
schon fast seine ganze Kraft in ihn zurückgekehrt und das Scherzen ging ihm auch schon wieder gut von den Lippen.
Das französische Heer stand alsbald wieder in voller Stärke zum Sturm auf das Chateau bereit. Die neu ausgehobenen Truppen wurden nach der allgemeinen Prüfung auf ihre Kampftauglichkeit wenig später zum Auffüllen der dezimierten Einheiten verwendet.
Lutz von Lüttich ließ die neuen Feuergeschosse in der alten Bäckerei des Heerlagers verstauen. Das kleine Haus war aus Feldsteinen errichtet worden und bot für den Moment den besten Schutz für diese gefährlichen Töpfe. Ein Funke würde genügen, um das halbe Lager zu vernichten.
Deshalb hatte der Lütticher eine Wacheinheit aus seinen »Piraten« zum Schutz abgestellt. Diese Männer waren ihm absolut ergeben und genossen sein vollstes Vertrauen. Er hatte sie in der letzten, wie auch in vorangegangenen Schlacht nur an Brennpunkten eingesetzt. Dieser Rotte würde nichts entgehen und keine Maus käme an ihr vorbei. Die Artillerie des von Lüttich sollte den Beschuss auf die Feste eröffnen. Der Transport des gefährlichen Gutes war nicht ohne Gefahr und verlangte viel Umsicht. Am Feind musste alles gut gegen Brandpfeilbeschuss abgeschirmt werden. Viel Wasser sollte in Fässern herangebracht werden, um die Sturmtruppen, die nach dem Beschuss die Mauern einnehmen sollten, zu durchnässen. Damit wollte man sie vor dem Feuertod bewahren.
Die strategische Planung des Unternehmens hatte Rainier de Dijon mit seinen Anführern, Burghart von Bingen, Ulrich von Lechtenberg, dem Chevalier de Petijon, Bernhard van Stafenhagen sowie Lutz von Lüttich ausgearbeitet. Nachdem de Dijon von den Geschehnissen um die Mission Seidenpfad gehört hatte, wollte er sich selbst von zu Trappenberg ins Bild setzen lassen, musste aber damit noch etwas warten.
Als er zum Verbandsplatz kam, fand er den Junker leider in keinem guten Zustand vor. Aus fiebrigen, hohlen Augen blickte der ihn an und keine seiner Fragen drang bis zu ihm durch.
»Monsieur Wundarzt«, sprach er den herbeigeeilten Guy de Chauliac an, »ich möchte Euch die Genesung dieses Mannes ans Herz legen. Tut bitte Euer Möglichstes und stellt mir den Junker alsbald wieder auf die Beine.«
»Sehr wohl, Euer Hoheit«, sprach der Chirurgicus. »Er hat eine eiserne Gesundheit und so sollte es mir auch gelingen, ihn bald wieder auf ein Pferd zu bekommen.«
Wie auch in der Schlacht um das englische Heerlager fiel der Artillerie eine besondere Rolle zu. Vom Geschick der Bedienungen hing erneut viel ab. Die großen Torsionsgeschütze sollten ihre brennende Fracht bis weit hinter die Mauern der Feste tragen und so möglichst viele Verteidiger durch notwendige Löscharbeiten binden. Die Tore wollte dann von Lüttich durch direkten Beschuss aus den Mörsern einfach »wegpusten«.
Sein Optimismus wirkte ansteckend auf die anderen Anführer und ein jeder trug hochfliegende Pläne vor. Der Chevalier de Petijon wollte sogar bereits zum jetzigen Zeitpunkt über die Verwendung der Gefangenen reden.
Der Heerführer erhob jedoch die Hand, um sich Gehör zu verschaffen. Im Eifer der recht lautstark geführten Gespräche haben sie nicht bemerkt, dass sich de Dijon erhoben hatte. »Messieurs, ich bitte nicht zu weit nach vorn zu preschen und zu bedenken, dass wir es hier mit einem kampferprobten und gerissenen Feind zu tun haben. Der Wunsch allein sollte nicht der Vater des Gedankens sein, sondern die Realität«, mahnte der Heerführer.
Die Sorge um das Gelingen des bevorstehenden Unternehmens hatte ihn zu diesen Worten getrieben. Der Ausfall seiner Hundertschaftsführer von Seidenpfad und zu Trappenberg schmerzte ihn angesichts des baldigen Angriffs doch sehr. Erfahrung und Umsicht sind Eigenschaften, die nicht auf Bäumen wachsen. Für die hoffentlich letzte Schlacht dieses Krieges braucht es Männer, die reichlich davon hatten.
De Dijon war klar, dass durch das Scheitern der Vorhut die Versorgungswege zum Chateau weiterhin offen waren und eine Belagerung nun sicher nicht mehr sinnvoll sein würde. Die Engländer hatten sich bestimmt darauf eingestellt und könnten dadurch viel zu lange durchhalten.
»Nun gut«, sprach er zu seinen Gefolgsleuten, »wir können uns also den Aufwand für eine Belagerung sparen und werden die Feste in ein paar Tagen stürmen. Das gesamte Heer soll binnen zweier Tage in das ehemalige Lager der Engländer vorrücken. Hier ist genug Platz für alle Vorbereitungen.«
Das Wetter spielte den Français in die
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