Im Kettenhemd (German Edition)
Eisenhüte fielen diesem Angriff zum Opfer.
Der Auftakt zur Erstürmung der Feste war geglückt, und von Bingen rief seinen Truppen freudig zu: »Ihr tapferen Kerle! Ihr seid die besten Kämpfer unter der Sonne. Reiche Beute erwartet euch hinter diesen Mauern!«
Mit lautem Gebrüll und hochgestreckten Waffen beantworteten die Sturmtruppen dieses seltene Lob, worauf dann auch die Anspannung, die ein solcher Angriff mit sich brachte, rasch von ihnen abfiel.
Gleich darauf wurden die Toten und Verstümmelten an die Seite gebracht, um den Vormarsch nicht zu behindern. Diese hässliche Fratze des Krieges zeigte sich den Männern immer erst nach dem Kampf und stimmte sie missmutig, könnte doch dieses Schicksal auch sie selbst ereilen.
14. Kapitel
Der Ausbruch
Der Angriffslärm und vor allem die Brände waren für die eingekerkerten Männer das Signal, ihr Entkommen aus diesem ungastlichen Ort anzugehen. Wie verabredet, wollten sie nicht untätig abwarten, sondern es den Engländern heimzahlen. Zu früh durfte man sich allerdings auch nicht entdecken lassen, denn die Engländer waren derzeit immer noch stark und gefährlich.
Dietrich musste für seinen Plan das allgemeine Angriffsdurcheinander nutzen. Die Hitze der Brände drang schnell bis zum Kerker durch und beflügelte die Mannen um ihn. Karl hatte den Plan bereits mit den Seemännern besprochen und die wollten nach Kräften helfen. Sieki, der Beherzteste unter ihnen, war zu allem bereit und auch sonst ein mutiger Mann. Er hatte sich bei seiner Gefangennahme mutig mit der Streitaxt verteidigt, sich dann aber der Übermacht ergeben müssen. Man hatte ihn danach mit Ruten und Peitschen traktiert und seine Tapferkeit mit Füßen getreten.
An diesem Tage warteten die Gefangenen um Dietrich vergebens auf Essen und Wasser. Die englischen Schergen hatten im Angesicht des Feindes Wichtigeres zu tun, als die lästigen Kerle im Kerker zu versorgen. Schreie, Geräusche von berstendem Holz, Gebrüll und Befehle drangen zu den Männern im Kerker durch. Eine Eisenstange an der Kerkerdecke, wohl zum Zwecke, Gefangene daran zu ketten, um sie zum Sprechen zu bringen, würde sich als nützlich erweisen können. Dietrich hatte das Ding an der Decke schon nach kurzer Zeit in diesem Raum entdeckt und sich seine Gedanken über eine nützliche Verwendung gemacht.
So hatte Karl schon seit vielen Tagen den Ringstein, an dem seine Kette befestigt war, mit der Gurtschließe bearbeitet und ihn so weit gelockert, dass sie ihn eigentlich mit vereinten Kräften herausziehen könnten. Der sollte dann als Deckenpendel schwer genug sein, um die Tür zertrümmern zu können oder, wenn nötig, die Wachen zu erschlagen.
»Na Männer, wollen wir die Sache angehen?«, fragte Dietrich die Seeleute. »Es könnte ein guter Zeitpunk für unseren Stein sein. Wenn wir den raus haben, können wir unsere Sache beginnen.«
Sieki kam zu Dietrich herüber, schaute ihn ohne ein Wort an und wandte sich dann zu Karl.
»Es muss gelingen. Der Stein macht mir dabei die wenigsten Sorgen. Wir brauchen englische Fetzen, um uns zu tarnen, wenn wir da draußen rumspazieren. Habt Ihr Euch das mal überlegt, Euer Gnaden?«, sprach er mit etwas Sarkasmus in der Stimme. »Wir haben keine Lust, unser Leben in dieser Scheiß-Burg zu beenden. Auf uns warten die See und die frische Meeresluft.«
»Wenn dem so ist, dann lasst uns nicht länger zögern und habt etwas Gottvertrauen«, sprach Dietrich. »Wenn es uns da draußen gelingt, das Haupttor zu öffnen, sind wir noch in derselben Stunde freie Männer.«
Karl hatte sich als Erster die Kette gepackt und hielt sie straff in den Händen. Aufmunternd sah er zu den Männern hinüber, die langsam näher kamen. Dietrich packte die Kette gleich hinter Karl, und schließlich waren sie zu fünft. Gemeinsam prüften sie nun sich selbst und die Kette. Der Boden war rutschig, und man fand nicht genügend Halt. Der Fels gab nicht um ein Haar nach, und Karl fragte sich, was er da eigentlich die ganze Zeit getan habe. »Räumt das Stroh weg und dann versuchen wir es noch einmal!«
Als sie die Kette wieder aufhoben, waren da plötzlich noch vier weitere Mitgefangene, die ihre Dienste beim Ziehen anboten. Der nächste Versuch war schon besser, denn der Fels gab ein kleines Stück nach. Karl hob die Hand und bedeutete den Mannen nach zulassen. Er schob alle beiseite und trat den Fels mehrmals wieder in die Mauer zurück.
Den fragenden Blicken entgegnete er: »Mit etwas Spiel haben wir bessere
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