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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Reitze
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unweit der Ritterzelte in den Boden bohrte. »Merde«, hörte man ihn fluchen, »die denken gar nicht an Übergabe!« Wie erwartet waren die Engländer nicht auf Übergabebedingungen eingegangen und wollten es auf einen Kampf ankommen lassen. Der Lord hatte die Unterhändler nur höhnisch angeschaut und sie fortgejagt. Das hatte den jungen de Petijon sehr wütend gemacht, sodass er noch den ganzen Abend fluchte.
Der Heerführer rief seine Kommandanten am Abend des zweiten Tages zusammen und ließ ordentlich Wein auftischen. Auf der langen Tafel lag ein buntes Tischtuch, das die königlichen Wappenfarben und Jagdszenen zeigte. Am Hofe ging man in den Sommermonaten gern zur Jagd und brachte so manches Wild zur Strecke. In diesem Sommer galt es jedoch, die englische Herrschaft auf französischem Boden zur Strecke zu bringen. Diese Jagd sollte mit dem Sieg über die normannischen Eroberer und deren Vertreibung enden. Die Herren waren ganz Ohr, als de Dijon die Stimme erhob.
»Ich habe die Burg umzingeln lassen. Keine Maus kommt da heraus, ohne dass wir es wissen. Wir beginnen mit dem Beschuss an der Südseite. Dort müssen die Engländer gegen die Sonne schauen und das dürfte den Herren am wenigsten gefallen«, sprach er und prostete den Anwesenden zu.
Es herrschte allgemein eine gute Stimmung unter den Belagerern, welche wohl auch den angenehmen Temperaturen dieser Spätsommertage geschuldet war.
»Ich beabsichtige nicht, vor dieser Feste zu überwintern, und so werden wir schon in den kommenden Tagen mit dem Angriff beginnen«, sagte er und fügte, an den Baron von Lüttich gewandt, noch hinzu: »Ihr, mein lieber Lüttich, bringt mir gleich morgen die Katapulte in Position. Wir wollen doch die Herren Engländer nicht so lange auf die Folter spannen. Bevor denen vom langen Warten kalt wird, werden wir ihnen mit unseren Feuerbränden etwas einheizen.«
Seine Worte löste einiges Gelächter unter den Anwesenden aus, und, um noch einen draufzusetzen, rief Junker Jörg zu Trappenberg: »Ja, und wenn sie dann so richtig schwitzen, werden meine Ritter ihnen mit ihren Schwertern etwas Luft zufächeln.«
In ausgelassener Runde wurde an diesem Abend noch so manch derber Witz auf Kosten der Engländer gerissen. Die Zuversicht, diesen Krieg zu ihren Gunsten entscheiden zu können, war nach der gewonnen Schlacht bei Vernon schon fast zur Gewissheit geworden.
Das Lager der Français war inzwischen mit Schanzkörben umfriedet und an wichtigen Stellen standen verstärkte Wachen. Im Angesicht des Feindes musste immer mit unliebsamen Überraschungen gerechnet werden, denn der Feind war kampfgewohnt und unerschrocken.
Spät an diesem Abend ging Jörg noch durchs Lager und überzeugte sich selbst von der Stärke des Heeres und auch davon, ob die Männer sich überraschen lassen würden.
Am wichtigsten war die Bewachung der feurigen Tontöpfe, die so überaus entscheidend für das Gelingen dieses Unternehmens waren. Jörg kam es in den Sinn, die Wachsamkeit der Wache selbst zu prüfen, und näherte sich der alten Bäckerei. Die »Piraten« waren unterdessen von den Marburger Bombardiers abgelöst worden. Diese Truppe stand im Ruf, sehr zielgenau zu sein, und von Lüttich hielt große Stücke auf sie. Das Erdlager hatten sie zusätzlich mit starken Stämmen und Feldsteinen gesichert. Die Marburger waren eine verlässliche Truppe, die sich unter von Sagan zu nichts zu schade war. Der Junker zündete sich ein Pfeifchen an und schlenderte auf einen Marburger Wachsoldaten zu, der sich gerade auf seinen Speer stützte.
»Na, alles ruhig bei euch?«, fragte er im betont harmlosem Ton.
Der Mann hatte ihn kommen sehen und ließ ihn auch bis auf eine Armlänge an sich heran. Er war nicht sonderlich groß und schielte aus den Augenwinkeln listig zum Junker. Als der dann wieder zu seiner Pfeife griff, traf ihn ein heftiger Faustschlag am Kinn, und seine Pfeife purzelte in eine der tiefen Fahrrinnen, die tags zuvor die Katapulte in den weichen Boden gedrückt hatten. Gleich darauf spürte er einen kalten Stahl an seinem Hals und den schlechten Atem dieses Mannes direkt vor seinem Gesicht.
»Wer bist du, elender Hund, der du hier mit deinem Pechkocher herumschleichst?«, fauchte ihn der Soldat an und drückte ihm die Spitze seines Dolches noch etwas fester in die Haut. Damit hatte selbst der gute Jörg nicht gerechnet und brabbelte schnell die Parole, welche ihm gottlob gerade noch rechtzeitig einfiel.
»So, also einer der Unseren, aber leider völlig

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