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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Reitze
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Waffenröcke.«
Gesagt, getan und schon bald sah der Seemann aus wie seine eigene Großmutter. Nachdem alle etwas gefunden hatten und nur Dietrich noch seinen Schild vermisste, waren sie bereit, ihren Teil zum Fall dieser Festung beizutragen.
Den Kerkermeister sperrten sie in seinem »Sesam« ein, und Sieki wurde von seinen Leuten so gut es ging von den Gesichtshaaren befreit. Scharfe Dolche fanden sich gottlob genug, und den durch die Kerkerhaft schlanken Männern passten die Lederwamse gut.
Mit dem Schlüsselbund des Engländers bewaffnet, stiegen sie noch eine Etage hinauf und gelangten schnell zum Eingangstor. Der Gang zum Tor bog gleich nach der Treppe rechts ab, wo sich noch andere Zellen fanden. Je mehr sie sich dem ersehnten Tor in die Freiheit näherten, umso lauter drang der Kampflärm zu ihnen durch. Dietrich spähte durch die kleine Türöffnung in eine der Zellen, die sich gleich am Anfang des oberen Gangs befand.
Im Halbdunkel sah er eine zarte Gestalt in einer Ecke der Zelle auf einem kleinen Schemel sitzen. Es war eine Frau, die ihn unvermittelt anschaute. Ihr dunkles Haar war offen und sie blickte ihn mit großen, schönen Augen an. Es lag viel Güte in diesem Blick. Nach all der Zeit des Kampfes und des Kerkers war es ihm doch recht wunderlich ums Herz und er sehnte sich in diesem Augenblick nach der Wärme dieser Frau. Sein Blick verlor sich in der Tiefe ihrer Augen und er vergaß für einen Moment die ganze Welt. Was wunder, sie war von schlanker Gestalt und bewahrte selbst an diesem schaurigen Ort eine gewisse Haltung. Beide sprachen sie kein Wort miteinander. Ihre Blicke hatten sich an diesem ungastlichen Ort tief im Herzen getroffen.
»Herr Baron, Herr Baron!« Karls Rufe drangen wie von Ferne in sein Bewusstsein und Dietrich sagte nur: »Bald bist du frei. Ich werde wiederkommen.« Sie streckte ihre Hand nach ihm aus und sagte: »Vergesst mich nicht. Gern werde ich mit Euch gehen.« Ihre Stimme klang wie Himmelsposaunen in seinen Ohren und berührte ihn tief.
»Herr Baron, kommt doch!«, rief Karl noch einmal in den Gang. Dietrich warf noch einen Blick zurück. Nur zu gern wäre er hier bei ihr geblieben, doch die Männer brauchten ihn. Er eilte nach vorn zum Tor, wo alles zum Ausbruch vorbereitet war.
Sie hatten den rechten Schlüssel schon bei der Hand und Sieki wollte wie besprochen englisches Zeug besorgen. Alle waren aufs Äußerste gespannt und schauten gebannt auf die Eichentür. Der Schlüssel drehte sich in dem großen Kastenschloss einmal herum, und die kleine Tür im rechten Torflügel öffnete sich.
Dietrich nickte Sieki zu, worauf der schnell in seinen Weiberröcken hinausschlüpfte. Für einen kurzen Moment konnten sie das draußen herrschende Chaos sehen und auch, wie die englischen Kriegsknechte mit dem Feuer kämpften.
Es vergingen einige quälende Minuten, in denen keiner wusste, ob ihr kühner Plan gelingen würde.
Sieki musste nicht lange suchen, hatten die Engländer doch ihre Toten mit allem, was gebraucht wurde, gleich an der Kerkermauer abgelegt. Durch den fortwährenden Beschuss gut beschäftigt, achtete hier niemand auf irgendwelche Weiber, die an der Kerkermauer um ihre Männer trauerten. Schnell hatte Sieki etwas Brauchbares gefunden und ging seelenruhig zum Kerkertor zurück. Die Tür öffnete sich einen Spalt und die Männer zogen die Sachen hinein.
»Da ist noch einiges, ich bin gleich zurück«, zischte Sieki und kehrte noch einmal zu den toten Soldaten zurück.
Das Gesicht tief hinter dem Tuch verborgen, welches sie ihm kunstvoll um den Kopf gebunden hatten, war er gerade mit dem Herunterziehen der letzten beiden Waffenröcke beschäftigt, als eine Stimme hinter ihm fragte:
»
What are you doing, woman? – Was machst du da, Weib?«
Er hatte niemanden kommen hören und erschrak ganz gehörig. Den Blick gesenkt drehte er sich etwas zu dem Fragenden um und sah vier Beine. Den Dolch hatte er griffbereit, aber er durfte nicht zu lange zögern, wenn die Überraschung noch auf seiner Seite sein sollte. Jedoch bevor er zum Äußersten griff und die Entdeckung riskierte, fiel ihm noch eine List ein: Er krümmte sich zusammen und fing an zu weinen und zu wimmern.
»Lass das Weib, wir sollten auf die Mauer steigen«, sprach einer der beiden, als plötzlich ein Brandtopf den kleinen Eckturm ganz in der Nähe traf. Der war nach hinten offen, und am lebendigen Leibe brennend stürzten schreiend einige Männer der Turmbesatzung in den Hof. Als die Kerle sich besonnen hatten,

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