Im Kettenhemd (German Edition)
dem Tross des Lords Schutz oder gar Deckung.
Armand hatte sich einen Plan ausgedacht und war deshalb doch noch einmal in den verhassten Waffenrock seiner Feinde gestiegen. Während sich der Rest der Gruppe in der alten Abtei verbarg, wollte er herausfinden, wo Lord Eshby sich aufhielt. Wenn er das erfahren würde, dann wären auch die Frau und Nagelli nicht weit.
Durch die nächste menschenleere Gasse bog er in Richtung des Palastes ein, in dem es sich die normannischen Fürsten die letzten Jahre über mehr als bequem gemacht hatten. Hier wimmelte es noch von englischen Truppen, und so fiel Armand in seinem Eisenhut nicht sonderlich auf.
Ein Soldat der Garde stand etwas abseits auf seinen Speer gestützt und schaute wohl den am Himmel entlang ziehenden Wolken zu.
»Hey, mate, where can I find Lord Eshby?«, fragte er im besten walisischen Akzent.
»Da hast du Pech, der ist hier vor kurzem ausgezogen«, grinste der Kerl ihn an.
»Wo ist er denn hin? Ich habe eine persönliche Nachricht für ihn.«
Der Kerl lehnte seinen Speer an die Wand und fing an, mit den Armen zu schlagen, als wollte er gleich wegfliegen.
»Da musst du wohl außerhalb dieser Mauern nach im suchen, Jungchen. Den feinen Herrn wirst du hier nicht mehr finden. Ist mit einem bewachten Tross gen England unterwegs. Nun dürfen wir die Kastanien für ihn aus dem Feuer holen«, knurrte er verbittert.
»Hast du gesehen, ob er eine Frau mit sich führte, denn meine Nachricht ist eigentlich für sie«, log Armand, ohne rot zu werden.
»Eine Frau war bei ihnen, aber die gehörte wohl zu diesem Grafen.«
»Meinst du den Grafen Nagelli?«
»Nagelli oder nicht, diese Adligen sehen doch alle gleich aus«, ereiferte sich der Kriegsknecht. »Die Achsen der Kutsche müssten eigentlich brechen, so schwer waren die Kisten, die zum Gepäck gehörten.«
»Was diese hohen Herren so alles mit sich schleppen, werde ich nie verstehen«, seufzte der Templer verbindlich. Armand dankte dem Mann und war »untröstlich«, seine Nachricht nicht mehr überbringen zu können.
Nur kurze Zeit später war er wieder bei seinen schon ungeduldig wartenden Männern in der Abtei. Er berichtete ihnen, wie die Sache stünde und dass der Vogel samt dem Grafen und der Frau ausgeflogen sei. Die Männer schauten sich ratlos an, bis Dietrich sagte: »Wir setzen ihnen nach, bevor sie ein Schiff erreichen. Zeig uns einen Weg nach draußen, Templer!«
»Cedric, du reitest zum Junker und bittest ihn um Verstärkung und ein paar Tauben. Sollten wir zu spät kommen, muss so schnell wie möglich der Kriegshafen verständigt werden, und mit weiteren Kriegern sollten wir die Leibwache des Lords niederkämpfen können.«
Er wies ihm die Richtung, in die sie vorausreiten würden, und der Knappe beeilte sich, die Befehle seines Herrn zu überbringen.
Armand drehte sein Pferd und stellte sich in den Sattel. Er kannte sich eigentlich gut in den Mauern der Feste aus, jedoch nach diesen Bränden und Zerstörungen sah vieles fremd aus.
»Dort hinten kommen wir nicht durch, da stehen noch starke englische Heerhaufen. Wir sollten hier links entlang und dort hinter dem alten Arsenal das Tor nach draußen suchen.«
Schnell saßen alle im Sattel und ritten die Gasse hinunter, um zum »Tor der Könige« zu gelangen.
Hier hatten noch vor kurzem starke Kämpfe stattgefunden. Tote Pferde, Kriegsgerät und allerlei Unrat säumten ihren Weg zur nördlichen Mauer. Das Tor wurde von zwei hohen Kampftürmen gesäumt, welche völlig verlassen wirkten.
»Vom Turm aus können wir weit in das Vorland schauen und vielleicht eine Spur der Kutsche entdecken!«, rief Dietrich, während er sich aus dem Sattel quälte.
»Karl, du kannst mit deinen Adleraugen sicher weiter sehen als die meisten von uns.«
»Verstehe, dann wollen wir uns beeilen«, sagte Karl und war schnell am Turm. Die kleine Tür stand offen und so lag die steinerne Wendeltreppe vor ihnen. Im Rüstzeug war der steile Aufstieg sehr beschwerlich. Der Ausblick von dort oben entschädigte dann aber doch für vieles. Sie konnten die Kampfnester erkennen und staunten über die Ausmaße der Feste.
»Seht dort hinten«, rief Karl plötzlich und zeigte mit dem Arm nach Nordosten. Er hatte die Staubwolke des Trosses entdeckt.
»Ja, das muss er sein. Sie halten auf die Küste zu und haben einen ganz ordentlichen Vorsprung. Auf die Pferde und ihnen nach!« Dietrich war nun nicht mehr zu halten, und so schnell es eben möglich war, stolperten sie die schmale Treppe hinab.
Am
Weitere Kostenlose Bücher