Im Kettenhemd (German Edition)
eingenommen. Der Chevalier de Petigon hatte sich in einem bequemen Armsessel niedergelassen, und von Bingen, van Stafenhagen und der Lütticher, die zur Linken saßen, begrüßten ihn mit artigen Gesten. Hans von Sagan, der seine Marburger so effektiv geführt hatte, legte seine Hand zum Gruß auf die Herzseite seines prächtigen Wappenrocks und verneigte sich. Dietrich fiel dabei sein filigran gearbeiteter Handschuh auf, wie er ihn nur aus der Hand von Meister Heribert kannte.
Ein Kämmerer bat ihn sogleich mit seinem Gefolge zur Empore des Heerführers, und Dietrich durfte mit Sabella zu seiner Linken die Plätze einnehmen.
De Dijon war sichtlich beeindruckt von Sabellas Schönheit, und Dietrich ließ darauf ihren Namen verkünden. »Sabella Baroness von Navarra«, rief ein Herold aus, und alle Anwesenden erhoben sich von ihren Plätzen.
Sabella bedachte diese Freundlichkeit mit einem zurückhaltenden Lächeln und einem eleganten Hofknicks.
Auch Junker Jörg ließ nicht lange auf sich warten und war voller Bewunderung für die Baroness, als er ausrief: »Es freut mich aufrichtig, dass mein Freund, der Baron, Euch aus Eurem Gefängnis befreien konnte, Verehrteste. Nun, wenn er es nicht getan hätte, wäre ich Euch zu Hilfe gekommen.« Das sprach der Junker mit einem feinen Lächeln um die Mundwinkel.
»Seid bedankt, Ihr Edlen und auch Ihr, lieber Junker, aber wenn man im Leben zur rechten Zeit am rechten Ort ist, gewinnt man meist die Schlacht«, sprach sie und legte die Hand auf Dietrichs Arm. Als ihr Blick tief in Dietrichs Augen ruhte, war auch dem Junker klar, dass sich hier zwei Menschen gefunden hatten.
»Sagt, mein lieber Baron, was kann ich tun, um Euch die Ehre zu geben?«, sprach der Heerführer schon fast im Plauderton. Die angenehme Atmosphäre nach dem Sieg und die Unversehrtheit der meisten seiner Tapferen ließ diese Ausgelassenheit durchaus zu.
»Verzeiht Sire, aber dies war nicht allein mein Verdienst, denn ohne die tapferen Männer an meiner Seite, wäre dieses Unternehmen gescheitert. Erst der Mut und die Gerissenheit so einiger haben die Eroberung der Torburg ermöglicht.«
De Dijon ließ sich nun in allen Einzelheiten berichten, wie die Geschehnisse ihren Lauf genommen hatten. Es herrschte gespannte Stille, als Dietrich der gesamten Tafelrunde vortrug, wie sich die Dinge zugetragen hatten.
Selbst Lutz von Lüttich, der seinen Weinbecher bei solchen Gelegenheiten nicht aus den Augen verlor, hing während der Erzählung an Dietrichs Lippen, als gäbe es einen Preis fürs Zuhören.
Der Tod des Templers und die Geschichte der Rückeroberung des Goldschatzes versetzte die gespannten Zuhörer in große innere Aufruhr. Erst die Glocke, welche die Mitternacht verkündete, ließ die Helden dieses Krieges in das Hier und Jetzt zurückfinden.
Ein Herold erschien und forderte die Anwesenden auf, sich zu einer Schweigezeit für die im Kampf gefallenen Helden bereitzuhalten. Um seinen Leib hatte er eine schwarze Schärpe gewunden, und sein Gesicht war weiß gepudert. Alle erhoben sich, und er verkündete eine Reihe von Namen. Als er auch den Namen Ulrich von Lechtenberg nannte, ging ein Raunen um.
Hatte der alte Kämpe nun doch noch seinen Meister gefunden. Im Kampf um die Zinnen des Chateaus war er an zwei normannische Ritter geraten, die er nicht bezwingen konnte. Ein Axthieb hatte seinen Schild gespalten, und der Morgenstern des Ritters Bradington of Chords zerschmetterte ihm das Gesicht.
Als sich de Dijon erhob und sein Schwert zog, verneigten sich alle in Ehrfurcht.
Cedric, der nun schon Stunden im Hintergrund des Geschehens hatte ausharren müssen, wurde ausgerufen und erschien. Mit ihm wurden auch Karl und Sieki in die Schranken gerufen. Dietrich hatte de Dijon vom Mut und der Treue dieser Männer berichtet, und so war es nun ihr verdienter Lohn, den sie heute erhalten sollten.
Die Drei mussten vor dem Heerführer niederknien, der sie mit seinem Schwert an der Schulter berührte und zum Ritter schlug. Allen wurde ein Adelsbrief ausgehändigt und ein Lehen in den eroberten Gebieten zuerkannt.
Eine Sekunde vor allen anderen riss Ritter Junker Jörg sein Schwert aus der Scheide und stieß es gen Himmel. Die Kehlen der Männer vereinten sich zu einem Ausruf: »Vive le roi! – Lang lebe der König!«
»Wein!«, rief der Lütticher den Bediensteten zu, und der floss in dieser Nacht noch in Strömen, denn auch alle anderen hatten sich von bestandenen Kämpfen und Kriegsgeschichten jeglicher Couleur zu
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