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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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schrillen Darstellung des Ehebruchs zum Stehen, deren groteske Gestalten sie erfaßte, ohne die Plakette mit dem Bildtitel zu studie-ren. »Irre, wie?«
    »Das ist doch wohl nicht dein Ernst«, kommentierte Jenny. »Was soll das denn überhaupt darstellen? Hat die arme Frau Zwillinge geboren? Ach so. Die treiben es miteinander.« Sie setzte ihre Brille auf und entzifferte den Titel. »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Weiß ich auch nicht«, antwortete Monica etwas grimmig. »Wieviel soll es kosten?«
    Jenny studierte die Preisliste, die an der Wand hing. »Fünftausend Pfund. Wer weiß, Katherine würde es vielleicht als Meisterwerk bezeichnen.«

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    »Kaum. Nicht verkauft, wie ich sehe. Colin wäre begeistert, wenn ich das ins Wohnzimmer hänge!« Monica hielt sich die Hand vor den Mund und prustete vor Lachen. Der gequälte Blick, der ihre Reaktion begleitete, wurde allerdings falsch interpretiert.
    »Na ja, der Rahmen ist ganz hübsch«, steuerte Jenny bei, die froh war, Monica wenigstens mal lachen zu sehen. Irgend etwas an dem Bild weckte in ihr unerklärliche Schuldgefühle. Sie mußte unbedingt, wirklich unbedingt mal Katherine anrufen. Andererseits ging Monica, die gereizte, polternde, bekümmerte Monica, vor. Und aus irgendwelchen Gründen, die ihr absolut nicht klar waren, wäre Monica nicht entzückt, nähme sie Kontakt zu Katherine auf. Jenny hatte Hunger. Und Durst. Die Hitze an diesem Tag hatte auch vorm lufti-gen Gewölbe dieser Räume nicht Halt gemacht. Die Kauflust war vergangen. Die selbstsüchtige Monica beachtete sie nicht. He, ich bin auch noch da, wollte Jenny sagen, sprich mit mir.
    »Hab Hunger. Durst. Du auch, Jack?«
    Jack so hurtig wie der Wind, nimmt die Hürde ganz geschwind.
    Jeanetta spielte mit Jack. An den Reim, der ihm Leben eingehaucht hatte, konnte sie sich beim besten Willen nicht erinnern. War nicht Jack auch an einer Bohnenstange zum Dach herausgeklettert? Jack wohnte jetzt im Erkerzimmer, seitdem sie so viel Zeit allein dort verbringen mußte. Er hatte auch Hunger, aber er war schlau, sehr, sehr schlau. Jack saß einfach still wie ein Mäuschen und tat so, als würde er essen, saß mit korrekt übereinandergeschlagenen Beinen in der Ecke, in den Händen Messer und Gabel, und schwärmte: »Hm, lecker.« Sie tat es ihm gleich, hantierte mit großem Geschick mit ihrem eigenen Besteck und gab ähnlich anerkennende Laute von sich. »Und jetzt gibt es Eiskrem«, sagte sie laut zu Jack. »Nee«, antwortete er, »keins mehr da.« Jeanetta stierte mit großen Augen und leerem Blick auf einen Punkt auf der Wand. »Du bist gemein, Jack.
    Hast alles aufgegeßt. Und ich? Ach, nur Jogut und Cornflakes und paar Kekse. Uhm, fein, Kekse.«
    Sie hob sie vorsichtig vom Fußboden, mummelte und schluckte artig, fieberte nach dem wirklichen Biß, der Süße. Aber vom vielen Schlucken bekam sie Durst, und allmählich wurde sie dieses Spiel leid. Aber Jack war ja so schlau. Gestern – gestern? – oder jedenfalls 231
    eines Tages war sie Jack auf den Deckel der Truhe hinterhergeklet-tert, von wo aus sie ans Fenster hochreichen konnte. Zusammen hatten sie das Kondenswasser von der Scheibe geschleckt, bis sie herun-tergepurzelt war, weil sie sich zu hoch gereckt hatte. Aber Jack hatte ihr gezeigt, wie sie die Finger in einer kleinen Lache auf dem Fensterbrett benetzen und das schmutzige Wasser in den Mund bringen konnte. Der Staub störte sie nicht. Staub war lustig. Staub hatte sie zuvor nur bei Mrs. Harry gesehen, nicht hier im Haus – außer, wenn der Papa was baute. Die winzige Wasserpfütze war grau, aber die Farbe spielte keine Rolle. »Komm, Jack!« Sie tapste zum Fenster hinüber, hustete. Das kam auch vom Schlucken. Ach, sie war dieses Spiel so leid! Sie hielt inne, um mit wichtiger Miene die Shorts hochzuziehen, die die blöde Angewohnheit hatten, ihr über den Po zu rutschen. Weil sie außerdem dreckig waren und störten, wenn sie auf die Truhe klettern wollte, zog sie sie ganz aus. Sie brauchte ihre ganze Kraft für die Truhe; die wurde nämlich immer höher und höher, der Aufstieg schwieriger und schwieriger, aber endlich hatte sie es dann geschafft, außer Atem, hustend. Die Sonne brannte. Kein Wasser. Sie machte die Augen zu und zählte: Eins, zwei, drei. Manchmal gab es Wasser, manchmal nicht. Das So-tun-als-ob war ermüdend.
    »Für dich reicht es nicht mehr, Jack«, rief sie zu ihm hinunter. Für niemanden reichte es. Sie suchte das Holz am Rand der Fensterscheibe ab,

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