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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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schmalen Spalt, der Mrs. Harrison gegönnt wurde, erschien, das Gesicht im Gegenlicht der hinter ihr durchscheinenden Sonne bis auf das unübersehbare und unübersehbar künstliche Lächeln nur undeutlich zu erkennen, Katherine.
    Selbst um zehn Uhr morgens – und das im eigenen Haus! – trug sie frisch gebügelte kamelhaarfarbene Gabardinehosen, dazu eine strahlend weiße Bluse und eine dezente Perlenkette, hatte die Haare perfekt frisiert. Das Beiwerk konnte Mrs. Harrison nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Dame äußerst blaß wirkte und schmaler noch als sonst – obwohl Kleidung natürlich viel ausmachte. Nichts Be-merkenswertes oder Auffälliges.
    »Hallo, Mrs. Allendale. Ein wunderschöner Morgen, wie? Wie geht es Ihnen? Hören Sie, ich wollte mit Samantha nachher in den Park gehen, zu den Schaukeln und so, und da habe ich mir gedacht… ob 301
    wir nicht vielleicht Jeanetta mitnehmen sollten… Sie Ihnen mal abnehmen, wenn Sie wollen. Ist so schönes Wetter«, wiederholte sie.
    Katherine zog die Tür nun etwas weiter auf, blickte besorgt die Straße hinauf in die Richtung, in der ihr Mann entschwunden war, trat einen Schritt zurück. Es machte den Eindruck, als müsse sie um Fassung ringen. Sie hielt eine Hand vor den Mund und hustete heftig.
    Dann drückte sie ihr schmales Kreuz wieder durch und lächelte.
    »Verzeihen Sie, ich habe mir einen Husten geholt.«
    »Ts, ts.« Mrs. Harrison schnalzte automatisch mit der Zunge.
    »Nicht schön.«
    »Vielmehr haben wir beide Husten«, fuhr jetzt Katherine fort,
    »Jenny auch. Wohl eine Grippe oder so etwas. Jedenfalls kann sie leider nicht mit in den Park, Mrs. Harrison, weil sie nämlich gar nicht hier ist. Sie ist bei ihrer Oma zu Besuch, wissen Sie. Oma Allendale haben Sie doch sicher einmal kennengelernt?«
    »Also, erinnern kann ich mich nicht recht«, antwortete Mrs. Harrison.
    »Ach, ich dachte.« Katherine schob sich eine blonde Strähne hinters Ohr. »Sie wohnt außerhalb, auf dem Land. Jeanetta geht so gern hin, sie wird dort schrecklich verwöhnt, so verwöhnt, daß sie gar nicht mehr nach Hause will. Sie essen nichts als Kekse.« Die beiden Frauen standen sich gegenüber, lächelten sich höflich an.
    »Na, dann ist’s ja auch recht«, meinte Mrs. Harrison. »Da geht’s ihr ja dann wohl gut.«
    »O ja«, bestätigte Katherine, »sehr. Sie fehlt mir.«
    »Tja, das wird sie wohl. Hat natürlich auch sein Gutes. Mal seine Ruhe haben und so.«
    »Ja, das stimmt. Das ist auch ganz schön.«
    Sie tauschten noch ein paar Höflichkeiten übers Wetter aus, und dann eilte Mrs. Harrison, die eine Zigarette brauchte, nach Hause.
    Ach herrje, wie albern sie gewesen war! Ihre Miene war grimmig, als sie sich jetzt selbst die Leviten las. Sie wußte wirklich nicht, wie sie so etwas hatte annehmen können. Peinlich, das Ganze!
    »Drüben is alles in Ordnung!« rief sie Harrison zu, kaum daß sie das Haus betreten hatte, »alles in Ordnung!« – als ob er überhaupt danach gefragt hätte. Keine Antwort. Das machte sie noch ärgerli-302
    cher. Das ging jeden an, daß alles in Ordnung war. Was für ein Narr!
    Und sie hatte sich noch nicht einmal die Nummer dieser Schwester notiert, diesem Weib mit der Feldwebelstimme, der von gestern abend, wie absolut dämlich, die Nummer nicht aufzuschreiben. Wie sie es im Fernsehen immer taten, in Büros. Dann hätte sie zurückru-fen können, ehe das Weib selbst telefonierte, wie sie es versprochen hatte, und hätte ihr sagen können, daß es nicht mehr nötig wäre, das, was sie unternehmen wollte, was immer es war. Kein Mensch brauchte sich Sorgen machen, wirklich nicht. Das kommt vom vielen Fernsehen, sagte sie zu Harrison, da kommt man bloß auf dumme Gedanken, kommt ins Grübeln, bildet sich Dinge ein. Was für Dinge? Dinge, die nachts herumrumpeln.
    Die Haustür öffnete und schloß sich wieder. Katherine fragte nicht, wo er gewesen war, wohin ihn der Weg mit Jeremy an seiner Seite –
    einer des anderen Schutzengel – geführt hatte. Als er die Küche betrat, stand sie, mit den Händen im Spülbecken, im funktionellen Teil der Küche. Als er hereinschneite, mit Einkaufstüten bepackt, verringerte sich sein Lächeln nicht, während er ihrem Blick folgte. Er stellte seine Einkäufe ab und durchquerte den Raum, nahm sie kurz in den Arm. Sie rührte sich nicht.
    »Mrs. Harrison war hier«, sagte sie mit tonloser Stimme. »Ich habe ihr gesagt, Du-weißt-schon-wer wäre bei der Oma. So, wie du es mir gesagt hast.«

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