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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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es in diesem Moment erst mit Entsetzen auf, hat einen grauenhaften neuen Haarschnitt: Wie ein Sträfling. Die Kleiderfrage schien die Kleine wenig zu interessieren. Mein Gott, was hatten sie bloß mit ihr angestellt? Sie verdrückte sich langsam Richtung Speisekammer – scheint eine ihrer bevorzugten Maschen zu sein, wenn’s nach Hause geht, quasi als Wink, daß etwas zum Naschen nicht unwillkommen wäre, aber auch in der Hoffnung, sich verstecken zu können und vergessen zu werden. Es gibt meist ein Mordsgeschrei, wenn Jeanetta nach Hause soll, schreit wie am Spieß, das verzogene Gör, in diesem Fall aber war ihr Widerstand passiver Art, und Mrs. Harrisons sich versteifender Rücken, als sie sich bück-te, um ein Spielzeug aufzuheben, das ihr fast das Genick gebrochen hätte, sprach Bände. Die wohltuende Wirkung der frohen Kunde war kurzlebig: just in diesem Moment begann der von dem süßen kleinen Jeremy heftig geschaukelte Kinderstuhl zu kippen.
    »Himmel!« rief ich. »Fangt ihn auf!«
    Der Stuhl wurde im Sturz von der Tischkante etwas gebremst, so daß der Kleine in Zeitlupe herausrutschte und höchstens einen Meter fiel. Trotzdem kam er ziemlich hart auf. Wir alle waren wie gelähmt, 85
    wie das in solchen Momenten oft ist: Mrs. Harrison noch halb ge-bückt, ließ sich sofort auf die Knie fallen und kroch geschwind auf ihn zu. Ich war aufgesprungen, knallte mit der Hüfte gegen den Tisch und stürzte ebenfalls zu ihm hin. Jeanetta schoß wie der Blitz aus der Speisekammer und erreichte ihn als erste, stemmte ihn hoch, unbeholfen zwar, aber mit Erfolg, und nahm ihn in die Arme. »Stelle dich nich an, Jemmy«, befahl sie ihm in lautem Ton, schroff, aber ganz liebevoll. Er hörte prompt auf zu weinen – wie ein zugedrehter Was-serhahn, und das, obgleich sich jetzt schon die Wölbung einer ordentlichen Beule auf seiner Stirn abzeichnete. Inzwischen hatten wir ihn alle umringt und beschwichtigten ihn mit »Ei-ei« und »So-ein-tapferer-Junge«. Mrs. Harrison nahm ihn hoch. Ich richtete den Stuhl wieder auf, klopfte mir den Staub aus den Kleidern, und der Spuk war vorüber. Mrs. Harrison machte noch ein bißchen Wind von wegen »Wie konnte das denn bloß passieren!«, Jeanetta schob wieder ab in Richtung Speisekammer.
    Da erst wurde mir bewußt, daß Katherine sich nicht vom Fleck und keinen Finger gerührt hatte. Allerhand. War eiskalt sitzengeblieben, während wir alle verrückt spielten. Sah den Kleinen an, als sei ihm ein bedauerlicher Fauxpas unterlaufen, etwas, das er verdient hatte.
    Und das Schärfste: Er hatte nicht einmal in ihre Richtung geschaut, als sei von dort sowieso keine Hilfe zu erwarten. Also, ich mag nicht gerade Expertin in Sachen Mutterschaft sein, aber ich muß gestehen, ich war etwas verdattert. Ich hätte Katherine nicht für eine der intel-ligentesten Frauen in diesem unserem Land gehalten, wohl aber für eine gute Mutter.
    »Ja«, fuhr Katherine fort und lächelte uns an, als wir zu unseren Teetassen zurückkehrten. »Ja, ich habe schnell eingekauft auf dem Heimweg. Nur ist ja heutzutage alles so gräßlich teuer, findest du nicht?« Was sollte ich groß dazu sagen, außer zustimmend murmeln.
    »Humpy Dumpy saß auf der Mauer, Humpy Dumpy humpy«, sang nun Samantha, ohne sich genau an den Text erinnern zu können, doch im Gefühl, daß es paßte. Ich war ziemlich fertig mit den Nerven und heilfroh, als die ganze Bande heimging.
    Aber das war natürlich noch nicht alles, es kam noch toller. Von zwei Seiten wurde mir weiteres zugetragen. Als ich in die Küche 86
    zurückging, um Mrs. Harrison zu ihrem »Erfolg« zu gratulieren, plusterte sie sich auf. »Die Sachen, Mrs. Pearson!« zischelte sie mir aufgeregt zu. »Die Sachen für Jeanetta! Raten Sie mal, wo die herkommen!«
    »Wo die Sachen herkommen?« wiederholte ich blöde.
    »Also…« Mrs. Harrison holte zu einer längeren Geschichte aus.
    »Also, heute nachmittag habe ich mit den Mädchen einen kleinen Spaziergang gemacht, die Jungs sind bei Harrison geblieben. Und auf dem Rückweg haben wir beschlossen, noch kurz über den Markt zu gehen.« – Köstlich! Immer stellt sie es so dar, als würde mit den Vierjährigen in einem demokratischen Verfahren abgestimmt. – »Na ja, da gehen wir also hinten rum, die schäbige Seite der Church Street runter, wo die Alkis rumlungern, wo die Stände mit dem billigen Ramsch sind, alles geklaut natürlich, spottbillig. Wahrscheinlich vom Laster ›gefallen‹. Da treiben sich nur die Pakis rum

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