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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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und die Schwarzen, kaufen für fünfzig Pence das Stück, was sie kriegen können, bis ein Bobby daherkommt und alle schnell den Laden dicht machen. Ehrlich, Mrs. Pearson, ich würde nicht im Traum dort einkaufen, also wie kommt sie bloß dazu? Man weiß ja gar nicht, wo die Sachen herkommen.« Sie beugte sich vor; jetzt kam offenbar der Knüller. »Und stellen Sie sich vor: Ich bin mir ziemlich sicher, daß sie was hat mitgehen lassen. Einfach eingesteckt, verstehen Sie?«
    Um ehrlich zu sein, bin ich weniger entsetzt als belustigt. Mrs. Harrison kann sich über die komischsten Dinge aufregen, und obwohl ich ganz angetan bin, bei meiner lieben Nachbarin einen derartigen Blick hinter die Kulissen zu erhalten, so kann ich wirklich nicht behaupten, daß es meinen Gesamteindruck von ihr wesentlich ändert.
    Mir ist nicht recht begreiflich, was Mrs. Harrison so unerhört daran findet, Katherine bloßgestellt zu sehen. Ich glaube nie und nimmer, daß Katherine gestohlen hat, das hat sie einfach nicht nötig. Mrs.
    Harrison hat das wohl eher aus irgendeiner Schlagzeile ihres unsäglichen Boulevardblatts kolportiert, so nach dem Motto »Herzogin beim Ladendiebstahl erwischt«. Sie erzählt laufend solche Stories, halb wahr, halb ausgeschmückt. Immer ist jemandem aus ihrer Bekanntschaft »Schreckliches« zugestoßen, die Hälfte ihrer Verwandten hat Krebs, die andere wird ständig überfallen. Nein, was mir so 87
    gefiel an Mrs. Harrisons Neuigkeiten, war die Vorstellung, wie unsere Katy in ihren bezaubernden italienischen Schuhen auf dem schmuddeligen Church Street Markt über die Gemüseabfälle hin-wegstöckelt.
    »Nun«, sage ich zu Mrs. Harrison, zum vermuteten Diebstahl äuße-re ich mich selbstverständlich nicht –, »sie kann schließlich einkaufen, wo sie will. Das hört man doch gern, daß noch jemand aufs Geld schaut.« Ich werde mich hüten, Mrs. Harrison gegenüber zu erkennen zu geben, daß ich wirklich überrascht war.
    Ach, Klatsch hat etwas ungemein Belebendes. Ich kann mir einfach nicht helfen: als Sebastian zu annehmbarer Stunde nach Hause kam, ergab sich sogar so etwas wie ein Gespräch. Das allein hat schon Seltenheitswert, meist gelangen wir über ein »Gibt’s was zu essen?«
    seiner- und ein »Kümmer dich selbst drum!« meinerseits nicht hinaus, aber wer weiß, vielleicht hatte der Stil der Allendales abgefärbt, denn ich ließ mich dazu herab, ihm bei der Zubereitung eines Steaks und irgend etwas aus dem Tiefkühlschrank zu helfen – beides nicht mehr taufrisch. Dann habe ich ihm vom Schlafanzug erzählt, und er zeigte zu meiner großen Überraschung tatsächlich Interesse. Vielleicht, weil es seinen Stammhalter betraf, was ihn doch gelegentlich aus seiner Lethargie rüttelt. Er liebt seine Kinder mit Inbrunst, wenn auch aus der Entfernung, und er ist über ihr Tun und Treiben viel besser auf dem laufenden als ich. Armer Sebastian, er kam regelrecht ins Grübeln, unterzog vielleicht im Geiste den Stammbaum der Allendales einer Überprüfung – wegen der Erwähnung von Jeanetta in Marks Schlafanzug – und erwog eine frühzeitige Eheabsprache.
    Mein vorausschauender, alles bedenkender Mann, er bringt sich damit noch ins Grab. Wie auch immer, er dachte offenbar über die Nachbarn nach.
    »Kannte da mal einen Burschen«, so mein braver Sebastian, der Unmengen solcher Burschen kennt, »der Allendales alten Herrn kannte.«
    »Ach! Davon hast du mir nie erzählt.« Er warf mir einen beredten Blick zu, der besagte: »Du hast mich nie danach gefragt.«
    »Du erzählst mir nie etwas Interessantes!«

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    Er zuckte mit den Achseln, an meine Kritik ist er längst gewöhnt.
    Er hat sich wohl auch damit abgefunden, daß ich ihn morgens weg-schiebe, wenn er zärtlich werden will. Plötzlich verglich ich uns, die wir tapfer unser zähes Steak kauten und mich, die ich eine ganze Flasche Wein leerte, mit dem Zelebrieren nebenan, der festlichen Tafel.
    »Hatte ein regelrechtes Imperium, der alte Allendale. Hat an der Börse spekuliert. Dann hat er sich auf krumme Geschäfte verlegt, hat die Firma zugrunde gerichtet, ist auf die Nase gefallen und hat alles verloren. David muß noch ein Kind gewesen sein. Eine gute Familie.
    Ruiniert.«
    »Und wie ist das passiert?«
    »Einzelheiten sind mir nicht bekannt.«
    »Ach, verflixt, wieso denn nicht?«
    »Alles bloß Gerüchte. Allendale Senior ist im Kittchen gelandet, und Junior ist wie der Phönix aus der Asche wieder aufgestiegen, hat ein kleines Vermögen gemacht.

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