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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Woche, der regelmäßigen Stelldichein in ihrer Wohnung, eines von Katherines Andenken, der letzte in einem endlosen Reigen wechselnder Partner, der Marys Liebhaber geworden, der derselben Wohnung treu geblieben war, Marys Wohnung, gleichbleibender Ort der gleichen, über Jahre hinweg regelmäßig vollzogenen Übung, bis vor zwei Wochen. Der Schock des Wiedersehens bescherte Mary schlotternde Knie. Urlaub, hatte er ihr gesagt, 165
    Südfrankreich mit Frau und Kindern, kein Entrinnen. Ich melde mich, sobald ich zurück bin, hatte er gesagt. Und da stand er nun, kein bißchen sonnengebräunt, überlebensgroß – es sei denn, dieser attraktive Kerl dort wäre ein Gespenst, Mary starrte regungslos in ihr Schaufenster, bis er ihrem Blick entschwand, dann sah sie ihm nach, erkannte die vertrauten Konturen der Schultern, Fleisch und Blut, kein Spuk, und erkannte zugleich mit der Gestalt seine Lügen. Ein Mann ging dort seines vertrauten Weges und streute mit jedem Schritt Salz in ihre Wunde.
    Mary gab sich einen Ruck, schritt aus, lenkte ihre Schritte zu Modus Shoes und kaufte ein Paar frivole rote Sandalen, die sie wahrscheinlich nie tragen würde und die sie mit Kreditkarte bezahlte, froh, einen Moment sitzen und ihre Fassung wiedergewinnen zu können, rationalisieren, der Flut unwillkommener Gefühle Herr werden zu können, die sie überschwemmten. »Solange du ehrlich zu mir bist«, hatte sie verlangt. »Ich bin nicht meine Schwester, ich kenne meine Fehler, aber sei ehrlich zu mir. Mehr verlange ich nicht.« Als ihr die Schuhe gebracht wurden, in einem Nest giftgrünen Seidenpapiers – Grün, die Farbe des Neids –, nahm sie sie stumm entgegen und machte sich auf die Suche nach einem Restaurant. Essen war eine bewährte Form Erster Hilfe bei Schmerzen.
    Wo, wäre egal, der Appetit ohnehin vergangen, irgendwo irgend etwas essen, und dazu einen Drink, um das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Das Bistro, das sie sich vorgemerkt hatte, lag zwanzig Meter weiter. Also marschierte sie los – in die gleiche Richtung, die er genommen hatte –, wies sich zurecht im gleißenden Sonnenlicht, hatte sich etwas gefangen. Doch dann, als sie sich zwischen den Tischen hindurchschob, halb geblendet noch im plötzlichen Re-staurantdämmer nach der hellen Sonne draußen, sah sie am Ende des Raums Katherine sitzen. Ihre außergewöhnliche kleine Schwester, die bei eben jenem Passanten von vorhin gelegen hatte, der sich regelmäßig mit kaum verhohlenem Interesse nach ihr erkundigte, dieser selben Frau in leuchtend weißer Bluse, mit den kajalumrandeten Augen, dem vollen, aus der Stirn zurückgekämmten Haar, deren lange Finger in einer Zeitschrift blätterten und deren Beine im kurzen Rock so graziös wie züchtig übereinander geschlagen waren. Eine 166
    nervös wartende Haltung, angespannter Körper unter zu stark ge-schminktem Gesicht – das war alles, was Mary registrierte, ehe sie auf dem Absatz kehrtmachte und unbemerkt dem Ausgang zustrebte, bevor ihre Schwester sie sah. Auf wen sollte Katherine schon anderes warten als auf Claud, sie überpünktlich wie immer, er wie immer verspätet. Über die Kluft der Jahre, über den Glücksfall einer vorteilhaften Ehe hinweg streckte Katherine die Hand nach Claud aus und holte sich zurück, was ihr gehörte. Beiden in wenigen Schritten Entfernung über den Weg gelaufen zu sein, dafür gab es keine andere Erklärung. Daher seine Ausflüchte. Und waren nicht auch sie dieje-nigen, die zu Hause waren inmitten des Luxus, während sie selbst hier nichts zu suchen hatte? Mary war es, als habe ihr jemand ge-waltsam das Gesicht festgehalten und gründlich mit Sandpapier bearbeitet.
    »Ja«, sagte Jenny, als sie von der Toilette wiederkam und auf die Zeitschrift deutete, in der ihr Katherine etwas gezeigt hatte und die sie noch immer in Händen hielt, »ja, ich verstehe, was du meinst.
    Das ist die Art Wintergarten, wie David sie baut, wie er ihn auch für Monica bauen will? Hat bei uns aber keinen Zweck, bei uns müßte eher der Dachboden ausgebaut werden – als Kinderspielzimmer.«
    Und fügte mit einem Seufzer hinzu: »Damit wir Ordnung in den Laden kriegen.« Katherine strahlte. »Ach, das kann David sicher für euch übernehmen«, meinte sie. »Damit befaßt er sich ohnehin gerade, weil er entsprechende Pläne für sein Haus ausarbeitet.«
    Nicht »unseres«, fiel Jenny auf, »seins«. Sie rutschte unruhig auf ihrem Platz hin und her.
    »Er will eine separate Wohnung dort

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