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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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wird mich begleiten.«
    »Was für ein grauenvoller Abend«, rief Tante Elinor aus, als sie in Jennys Zimmer ankamen. »Diese Engländer! So wie die dich angegafft haben, hätte ich sie am liebsten alle aus der Halle geworfen. Ich schwöre dir, ich war ehrlich nahe dran, sie anzuschreien und fortzujagen. Lord Hastings, der Kerl vom Hof dieses abscheulichen Heinrichs, hat während des ganzen Essens mit seinem Nebenmann getuschelt und mich vollkommen ignoriert. Das war sehr ungezogen von ihm, obwohl ich nicht den geringsten Wunsch verspürte, mich mit ihm zu unterhalten. Liebes, ich will deinen Kummer ja nicht noch vergrößern, aber deinen Mann kann ich nun wirklich nicht leiden.«
    Jenny, die ganz vergessen hatte, daß ihre Tante immer wie eine Elster von einer Sache zur nächsten flatterte, lächelte liebevoll, aber ihre Gedanken beschäftigten sich mit etwas anderem. »Papa schien heute abend in ausgesprochen merkwürdiger Stimmung zu sein.«
    »Das war schon immer so, möchte ich behaupten.«
    »Was war schon immer so?«
    »Daß er merkwürdigen Stimmungen unterworfen ist.«
    Jenny verbiß sich ein hysterisches Kichern und gab den Versuch auf, weiter über den heutigen Abend zu reden. Sie ging zu ihrer Tante, damit sie ihr helfen konnte, das Kleid auszuziehen.
    »Dein Vater erwägt nun doch, mich nach Glencarin zurückzuschicken«, sagte Tante Elinor.
    Jenny riß den Kopf herum und starrte die alte Dame fassungslos an. »Wie kommst du darauf?«
    »Weil er es gesagt hat.«
    Jenny umklammerte in vollkommener Verwirrung die Schultern ihrer Tante. »Tante Elinor, was genau hat Papa zu dir gesagt?«
    »Als ich heute später als erwartet ankam«, erwiderte sie niedergeschlagen, »dachte ich eigentlich, daß er ärgerlich auf mich ist. Das wäre ziemlich ungerecht gewesen, denn ich konnte ja nichts dafür, daß es im Westen so stark geregnet hat. Du weißt ja, wie es zu dieser Jahreszeit ist...«
    »Tante Elinor«, rief Jenny mit warnendem Unterton, »was hat Papa gesagt?«
    »Es tut mir sehr, sehr leid, mein Kind. Ich war so lange ohne menschliche Gesellschaft und mußte mir alles, was ich zu sagen hatte, aufsparen, so daß ich jetzt, da mir jemand zuhört, mein Mundwerk nicht mehr im Zaum halten kann. Zwei Tauben setzten sich immer auf das Fensterbrett von meinem Schlafzimmer in Glencarin, und wir drei haben uns sehr angeregt unterhalten -natürlich hatten die Tauben wenig zu sagen, aber ...«
    Als Jenny, die gegenwärtig die verhängnisvollste Zeit ihres Lebens durchmachte, das hörte, lachte sie lauthals los. Sie schlang die Arme um die erschrockene kleine Frau, und lachte, bis ihr die Tränen kamen.
    »Armes Kind«, sagte Tante Elinor und tätschelte ihrer Großnichte den Rücken. »Du stehst unter einer solchen Spannung, und ich mache alles nur noch schlimmer. Also«, setzte sie hinzu und überlegte eine Weile, »dein Papa hat mir vorhin beim Essen gesagt, ich sollte nicht damit rechnen, dich nach der Feier begleiten zu dürfen, aber er erlaubte es mir, hierzubleiben und deine Hochzeit mitzuerleben, wenn ich es wünsche.« Sie ließ die Arme sinken und plumpste mutlos auf das Bett. Ihr altes, faltiges Gesicht wirkte bekümmert. »Ich würde alles tun, um nicht mehr nach Glencarin zurück zu müssen. Ich bin dort so einsam, verstehst du?«
    Jenny nickte, legte die Hand auf das schneeweiße Haar der Tante und strich sanft über ihren Kopf. Dabei erinnerte sie sich an früher, als Tante Elinor ihren eigenen großen Haushalt mit strengem Regiment und großem Elan geführt hatte. Es war ungerecht, daß die erzwungene Einsamkeit und das fortschreitende Alter diese mutige Frau so sehr verändert hatten.
    »Ich werde ihn morgen bitten, seinen Entschluß zu ändern«, versprach Jenny entschlossen. Allmählich machten sich die Strapazen des langen, schwierigen Tages bemerkbar, und die Erschöpfung übermannte sie wie eine übermächtige Welle. »Wenn ihm klar wird, wie viel mir daran liegt, daß du bei mir bleibst, wird er ganz sicher nachgeben.« Sie seufzte und sehnte sich plötzlich mehr als je zuvor in ihrem Leben nach der Wärme ihres schmalen Betts.

Kapitel sechzehn
    Fast jeder Zentimeter des Fußbodens - von der großen Halle bis zur Küche - war besetzt mit schlafenden Gästen und Bediensteten. Sie lagen auf Matten, Decken und allem, was sie hatten finden können, um sich nicht auf dem blanken, harten Steinboden ausstrecken zu müssen. Lautes Schnarchen hallte durch die Burg.
    Die ungewohnten dissonanten Töne, die

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