Im Koma
aufgeregt? Ihr Blutdruck ist leicht erhöht, wie ich sehe.«
Casey erkannte Harriet Friedlanders Stimme vom vergangenen Nachmittag wieder und genoss ihre sanfte Berührung. Wie anders als Patsy, dachte sie, als Harriet die Blutdruckmanschette von ihrem Arm löste und ihr behutsam das Haar aus der Stirn strich. Dann rieb sie mit einem warmen feuchten Waschlappen ihr Gesicht und ihre Hände ab, bevor sie sich um die Ernährungssonde kümmerte. »So«, sagte sie, nachdem sie mit ihren Verrichtungen fertig war, »jetzt sind Sie bereit für den Tag.«
Bereit für meinen Tod, verbesserte Casey stumm und öffnete, als sie hörte, wie die Frau in das angrenzende Bad ging, kurz die Augen, um einen flüchtigen Blick auf ordentliches graues Haar und einen perfekt sitzenden rosafarbenen Schwesternkittel zu erhaschen.
»Wie geht es meiner Frau heute Morgen?«, fragte Warren, als er ins Zimmer kam, ans Bett trat und Caseys Hände, die Mrs. Friedlander auf der Decke hatte liegen lassen, in seine nahm.
»Ihr Blutdruck ist ein wenig höher, als mir gefällt. Vielleicht sollten Sie ihren Arzt konsultieren.«
»Ich rufe ihn gleich morgen früh an. Es sei denn, Sie meinen, ich sollte sie sofort ins Krankenhaus bringen...«
»Nein, nein, ich glaube, das ist nicht nötig. Sonntag ist nie ein guter Tag, um ins Krankenhaus zu gehen. Da sind nur die Assistenzärzte da. Es besteht keine unmittelbare Gefahr für Casey.«
Das ist ein Irrtum, dachte Casey.
Ein fataler Irrtum.
»Das heißt, bis heute Abend ist sie versorgt?«, fragte Warren.
»Ich komme um fünf noch mal vorbei, um die Ernährungssonde zu wechseln.«
»Perfekt. Dann sehen wir uns.«
»Kann ich sonst noch irgendetwas tun, solange ich hier bin?«
»Nein, vielen Dank. Sie haben uns schon großzügig viel von Ihrer Zeit geopfert. Es war sehr nett, dass Sie heute überhaupt gekommen sind, zumal es so kurzfristig war.«
»Ich freue mich, dass ich helfen konnte. Auf Wiedersehen, Casey. Bis später.«
Bitte gehen Sie nicht.
»Ich bringe Sie zur Tür«, bot Warren an.
»Vielen Dank.«
Sobald sie weg waren, öffnete Casey die Augen. Eine strahlende Sommersonne knallte durchs Fenster, sodass Casey mehrmals kurz blinzeln musste. Es war ein atemberaubender Tag von der Sorte, wie man ihn auf den Titel von Reiseprospekten bannt. Eine Schande, ihn mit Sterben zu vergeuden, dachte sie und zog Finger und Zehen an, ließ Hände und Füße kreisen. Langsam und überaus behutsam drehte sie den Kopf zur Seite und hielt inne, als sie hörte, wie die Haustür geschlossen wurde. Warren würde jede Sekunde wieder oben sein. Casey wendete den Kopf vorsichtig wieder in die Ausgangsposition.
»Das ist mal eine nette Frau«, bemerkte Warren, der im Türrahmen aufgetaucht war. »Sie wird erschüttert sein, wenn sie heute Nachmittag zurückkommt und dich tot vorfindet.
Wahrscheinlich macht sie sich Vorwürfe, weil sie nicht darauf bestanden hat, dass ich dich ins Krankenhaus bringe. Nun ja. Was kann man machen?« Er stockte, als erwartete er eine Antwort. »Okay, ich würde wirklich gern noch ein bisschen mit dir plaudern, aber ich muss mich für meine Verabredung fertig machen. Schließlich möchte ich deine Schwester nicht warten lassen. Wenn du mich also entschuldigen würdest.«
Casey hielt die Augen zehn Minuten fest geschlossen, in denen ihr Mann was auch immer tat, bevor er nach Mundwasser und Eau de Cologne riechend wieder zurückkam.
»Wie sehe ich aus?« Er hockte sich auf die Bettkante und nahm erneut ihre Hände. »Nein, du hast vermutlich recht. Dies ist wirklich nicht der richtige Moment für schlechte Witze. In ein paar Stunden kommt Nick. Hoffentlich muss er nicht allzu lange bleiben. Hoffentlich schicke ich dich an einen besseren Ort. Also, pass unterwegs gut auf dich auf.« Warren beugte sich vor und küsste sie auf den Mund.
Casey spürte den Impuls, seine Lippen mit ihren Zähnen festzuhalten. Konnte sie das? Hatte sie die Kraft?
»Adieu, Casey.«
Sie spürte, wie er aufstand und ihr von der Tür einen letzten Blick zuwarf, und fragte sich, ob er irgendetwas bereute. Sekunden später wurde die Haustür geschlossen. Erst danach wagte Casey es, die Augen aufzuschlagen. Sofort sah sie das Zimmer gestochen scharf vor sich.
Ich muss hier raus.
Aber wie? Was konnte sie tun?
Casey versuchte, sich auf die Seite zu drehen, ihr Körper verweigerte jedoch den Dienst, sodass sie nur kleine Bewegungen zustande brachte, als sie versuchte, ihren rechten Arm auf ihre linke Seite
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