Im Koma
Club-Champion. Er muss nicht schummeln.«
»Niemand hat behauptet, dass er schummeln muss. Er macht es, weil er Lust dazu hat.« »Das ist doch lächerlich. Du weißt nicht, wovon du redest.«
»Aber ich weiß, was man über ihn redet«, gab Drew blasiert zurück. »Ich habe ein Gespräch von ein paar Männern im Club mitgehört. Sie haben gesagt, wenn Dad einen Ball im Rough verliert, lässt er einfach einen anderen fallen und behauptet, er hätte den ersten gefunden.«
»Die sind bloß neidisch...«
»Sie haben erzählt, einmal hätte er bei einem Par-3-Loch abgeschlagen, und niemand hätte den Ball landen sehen. Dad behauptete, er sei über das Green hinweggesegelt, und machte sich auf die Suche. Während er noch sucht, findet einer seiner Mitspieler Dads Ball im Loch. Dad hatte ein Ass geschlagen! Der Typ will ihm also gerade die frohe Nachricht berichten, als Dad einen anderen Ball hochhält und ruft: >Ich hab ihn gefunden! < Daraufhin hat der Typ Dads Ball einfach eingesteckt und kein Wort gesagt.«
»Dad hatte ein Hole-in-One, und der Typ hat es ihm nicht erzählt?«
»Schummeln lohnt sich eben nicht.«
»Es war vermutlich ein gutgläubiger Irrtum.«
»Warum verteidigst du ihn immer?«, fragte Drew.
»Warum greifst du ihn immer an?«, entgegnete Casey.
»Du bist so blind«, sagte Drew und ließ Casey auf dem Übungsplatz allein.
Casey konnte Drew immer noch vor sich sehen, wie sie schlaksig zum Clubhaus schlurfte. Ihr fünfzehnjähriger Körper bekam gerade die ersten Kurven. Schon bald würde sie die zu großen T-Shirts und die schmuddelige Jeans gegen enge, tief ausgeschnittene T-Shirts und Shorts eintauschen, die kurz genug waren, den Zorn einiger älterer weiblicher Clubmitglieder zu erregen. Was dazu führen sollte, dass eine solche Garderobe für unangemessen erklärt und aus dem Clubhaus verbannt wurde, wie übrigens auch einer der Pros, der mit Drew in einer entschieden golffremden Position erwischt wurde.
Ronald Lerner war entsprechend beschämt. »Vergiss nicht«, tadelte er seine jüngere Tochter. »Jungs bleiben Jungs, aber Mädchen werden Flittchen, wenn sie nicht vorsichtig sind.« Drew war nicht vorsichtig, aber sie war glücklich. Endlich hatte sie einen Weg gefunden, die Aufmerksamkeit ihres Vaters zu erregen.
Aber es dauerte nicht lange. Nichts konnte Ronald Lerners Aufmerksamkeit allzu lange fesseln.
»Wo ist dein Vater?«, hörte Casey ihre Mutter fragen. Alanas Stimme drang aus einer Ecke ihres Krankenhauszimmers an ihr Ohr.
»Ich glaube, er ist nicht da.« Casey hörte auf zu packen und wandte sich ihrer Mutter zu, die in der Tür stand. Es war ungewöhnlich, dass ihre Mutter ihr Zimmer überhaupt verlassen hatte, aber sie hatte wie immer einen Drink in der Hand.
»Was machst du?«, fragte ihre Mutter. »Fährst du weg?«
»Ich ziehe in die Stadt«, erinnerte Casey sie. »In meine eigene Wohnung.« Dabei beließ sie es. Es war ohnehin zwecklos. Ihre Mutter würde es vergessen. Sie hatte ihr schon mehrmals erklärt, dass die kleine Agentur, die sie mit Janine gegründet hatte, langsam in die Gänge kam und dass sie in der Stadt leben wollte. »Das habe ich dir doch erzählt.«
»Alle verlassen mich nur«, sagte Alana mit gekränkter Stimme. »Ich bin sicher, Dad kommt bald nach Hause.«
»Wieso machen wir nie was zusammen?« Der Vorwurf in den gelallten Worten ihrer Mutter war keineswegs unterschwellig.
Weil du mich nie fragst, antwortete Casey stumm. Weil du immer schläfst, betrunken oder auf Reisen bist. Weil du nie auch nur das geringste Interesse an mir gezeigt hast. Niemals. In all den Jahren.
Weil ...
Weil ...
Weil.
»Du hasst mich«, sagte ihre Mutter.
Casey sagte gar nichts. Sie dachte, dass dies die längste Unterhaltung war, die sie je mit ihrer Mutter gehabt hatte.
Es war auch die Letzte.
Drei Monate später war Alana Lerner tot. Sie starb an der Seite ihres Mannes, als das kleine Flugzeug, das er selbst steuerte, an einem stark bewölkten Nachmittag ins Meer stürzte. Die Obduktion ergab für beide hohe Blutalkoholwerte.
»Und was jetzt?«, fragte Drew, zog sich einen Stuhl an Caseys Krankenhausbett und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Teilen wir uns die Beute?«
»Nicht direkt.« Casey wappnete sich gegen den bevorstehenden Wutausbruch.
»Warum gefällt es mir nicht, wie sich das anhört?« Drew ließ die Hände sinken und beugte sich vor. Sie war im vierten Monat mit Lola schwanger, was jedoch noch nicht zu sehen war, obwohl ihre
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