Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Koma

Titel: Im Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
im Land der Mauren das Martyrium zu suchen? < Hä? Könnten Sie das bitte wiederholen?«, fragte Janine. »Okay. Noch mal. > Wer von uns, der sich sehr für die Geschichte des Menschen interessiert und dafür, wie sich die geheimnisvolle Mischung unter den verschiedenartigen Experimenten, die die Zeit...< Kein Wunder, dass du das Buch immer gehasst hast. Ich habe bisher bloß den ersten Satz gelesen und bin schon völlig verwirrt. Was ist das überhaupt für eine Sprache? Ich dachte, George Eliot kommt aus England.«
    Man hörte, wie eine Seite umgeblättert wurde.
    »Ja. Hier in der Einleitung steht, dass George Eliot am 22. November 1819 in Nuneaton, Warwickshire, in England geboren wurde und als einer der besten Viktorianischen Romanciers gilt. Laut Henry James, der das Buch 1873 besprochen hat, sogar besser als Henry Fielding. Das Werk wurde häufig mit Krieg und Frieden und Die Brüder Karamasow verglichen, und ein Professor namens Geoffrey Tillotson behauptet, Middiemarch zähle >auf jeden Fall zu den sechs besten Romanen der Welt<. Das hat er allerdings 1951 gesagt, als Das Tal der Puppen noch nicht geschrieben war. Aber weiter im Text: > Mit großen Augen und hilflosem Blick anzusehen wie zwei Rehkitzchen, aber mit Menschenherzen, die schon für eine nationale Idee schlugen, so trotteten sie hinaus aus dem trutzigen Avila.. .< Oje, ich weiß nicht. Nationale Ideen waren nie meine Stärke.«
    Weitere Seiten wurden umgeblättert.
    »Wusstest du, dass George Eliot eigentlich eine Frau war, die in Wirklichkeit Mary Anne Evans hieß - selbstverständlich wusstest du das - und dass sie sich beim Schreiben von Middiemarch zum Ziel gesetzt hat, jeden Aspekt des provinziellen Lebens am Vorabend des Great Reform Act zu erfassen? Offenbar wollte sie >die Auswirkungen von Wort und Tat auf
    Menschen unterschiedlichsten Rangs< darstellen. Das könnte ja möglicherweise ganz interessant sein, wenn Mary Anne Evans einen Hauch mehr Jaqueline Susann im Blut hätte. Mal sehen. Wo war ich? >... schon für eine nationale Idee schlugen.^ Blablabla. Der Teil ist wirklich nicht besonders interessant. Ich denke, den Teil können wir überschlagen. >Einige haben gespürt, dass solch hin und her irrender Lebenslauf aus der lästigen Unentschiedenheit herrührt, mit der die Oberste Gewalt das Wesen der Frauen ausgestattet hat. Gäbe es nur einen Grad weiblicher Inkompetenz, der so genau bestimmbar wäre wie die Unfähigkeit, weiter als bis drei zählen zu können, so könnte man das gesellschaftliche Los der Frauen mit wissenschaftlicher Zuverlässigkeit abhandeln^ Ich hab nicht die geringste Ahnung, wovon sie redet. Du wachst besser schnell auf, sonst liege ich bald neben dir im Koma. Du willst dir doch nicht ernsthaft noch weitere sechshundert Seiten davon anhören, oder?«
    Man hörte ein Lachen und Schritte. Jemand trat ans Bett.
    Ein Kichern. »Was machst du?«, fragte Gail und kicherte noch einmal.
    »Ich mache meine Drohung wahr.«
    »Du willst ihr den ganzen Schinken vorlesen?«
    »Ich hoffe, das muss ich nicht. Ich hoffe, sie wird so ärgerlich, dass sie aufwacht und mir das Buch über den Kopf haut.«
    »Glaubst du, sie versteht, was du liest?«
    »Wenn, hat sie mir etwas voraus«, gab Janine zu und seufzte tief. Das Buch wurde zugeklappt. »Aber nachdem die Tests ergeben haben, dass Casey definitiv hören kann, meinen die Ärzte, dass wir uns noch mehr als bisher bemühen sollten, ihr Gehirn zu stimulieren, und was könnte stimulierender sein als Middiemarch? Verdammt, ich weiß nicht, ob das eine gute oder eine schlechte Neuigkeit ist.«
    »Wie meinst du das?«
    Janine senkte die Stimme. »Die Tatsache, dass Casey hören kann, bedeutet, dass sich ihr Zustand definitiv verbessert hat und sie vielleicht zu uns zurückkehrt. Aber gleichzeitig...« Sie sprach flüsternd weiter. »Ich muss immer daran denken, wie schrecklich es für sie gewesen sein muss, die ganze Zeit hier zu liegen, nicht sehen und nicht sprechen, aber alles hören zu können. Und was ist, wenn sie alles versteht, was sie hört? Was, wenn sie weiß, dass jemand sie töten wollte?«
    »Worauf willst du hinaus?«
    Das Flüstern wurde drängender. »Meinst du, sie könnte glauben, dass ich es war?« »Sei doch nicht albern.«
    »Wir wissen beide, dass Casey und ich nicht immer einer Meinung waren. Unsere Beziehung war ziemlich angespannt, als sie mich mit der Personalagentur hat sitzen lassen, und ich gebe zu, dass ich anfangs ein paar ziemlich hässliche

Weitere Kostenlose Bücher