Im Koma
Brüste unter dem weißen Pullover erkennbar voller waren. »Willst du damit sagen, er hat alles dir hinterlassen?«
»Nein, natürlich nicht. Das Erbe ist ziemlich gerecht geteilt.«
»Aber?«
»Es gibt Bedingungen«, begann Casey.
»Was für Bedingungen?«
»Sie sind nur zu deinem Schutz...«
»Erspar mir das Gesülze, und komm zur Sache.«
»Die Sache ist die: Dad hat mich zum Nachlassverwalter bestimmt.«
»Er hat dich bestimmt«, stellte Drew nüchtern fest und tippte nervös mit den Füßen auf den Boden.
»Ich wünschte, das hätte er nicht getan.«
»Klar doch, jede Wette.« Drew sprang auf und begann auf und ab zu laufen. »Dann kannst du das Geld also einfach freigeben, richtig?«
»Dad wollte, dass du eine Apanage bekommst«, sagte Casey ausweichend.
»Eine Apanage?«
»Eine durchaus üppige.«
»Ein monatliches Taschengeld«, wiederholte Drew. »Wie ein kleines Kind.« »Du bist erst einundzwanzig, Drew.«
»Und du bist kaum fünfundzwanzig. Was für eine Apanage hat er für dich festgelegt?« Bittere Tränen schössen ihr in die Augen. »Das dachte ich mir. Es stinkt zum Himmel. Und das weißt du auch.«
»Warum beruhigen wir uns nicht, atmen ein paarmal tief durch ...?«
»Die ganze Situation wäre sehr viel leichter, wenn du einfach gestorben wärst«, sagte Drew.
»Hossa«, sagte Janine, die mit frisch glänzenden, blutroten Lippen aus dem Bad kam. »So was sagt man doch nicht zu seiner Schwester.«
»Sie hat alles Recht, wütend zu sein«, sagte Casey, als Drew mit der gegenüberliegenden Wand verschmolz.
»Warum gibst du ihr das Geld nicht einfach?«, schlug Gail vor, die plötzlich an der Fensterbank stand und ein paar verblühte Blüten aus einem Topf mit hellroten Geranien zupfte.
»Das habe ich ja versucht«, erinnerte Casey ihre Freundin. »Ich habe ihr mehr als einhunderttausend Dollar gegeben, damit sie sich in dieses Fitness-Studio-Franchise-Unternehmen einkaufen konnte, das sie unbedingt haben wollte. Nach nicht einmal einem Jahr war das Studio pleite.«
»Wenn ich mich recht erinnere, hast du ihr weitere fünfzigtausend gegeben...«, begann Janine.
»Die sie sich direkt durch die Nase gezogen hat«, beendete Gail den Satz.
»Vielleicht kannst du sie ja zur Partnerin deiner neuen Firma machen«, schlug Janine mit breitem Lächeln und einem noch immer leicht verbitterten Unterton vor.
»Komm schon. Janine. Ich dachte, das hätten wir hinter uns.«
»Und ich dachte, wir sind Freundinnen.«
»Wir sind Freundinnen.«
»Sei dir da mal nicht zu sicher.«
Nein, nein, nein. Das will ich nicht hören.
»Die Patientin ist eine zweiunddreißigjährige Frau, die vor etwa drei Wochen Opfer eines Unfalls mit Fahrerflucht wurde«, las plötzlich Dr. Peabody von seinem Klemmbrett ab, als er, gefolgt von Warren und Drew in Krankenhauskitteln, das Zimmer betrat.
»Wie geht es der Patientin heute?«, fragte Warren und überflog ihr Krankenblatt.
»Die ganze Situation wäre sehr viel leichter, wenn sie einfach gestorben wäre«, erklärte Drew ihm.
Aufwachen. Bitte, wach auf.
»Wir sollten besser verschwinden«, sagte Gail, »und die Ärzte ihre Arbeit machen lassen.« »Der Test könnte eine Weile dauern«, erklärte der Arzt.
»Wir trinken einen Kaffee. Können wir dir etwas mitbringen, Warren?«, fragte Janine.
Casey hörte, wie ihr Mann vernehmlich nervös ausatmete. »Nein, nichts, danke.«
»Versuch, dir keine Sorgen zu machen«, munterte Gail ihn auf. »Wie der Arzt gesagt hat, wenn sie hören kann, ist sie vielleicht auf dem Weg zur vollständigen Genesung.«
»Hoffen wir's«, sagte Warren. Moment mal. Wovon redet ihr?
Kurz darauf hörte Casey, wie Apparate ins Zimmer gerollt wurden. Sie vernahm die monotonen Stimmen der Ärzte, das Kritzeln eiliger Notizen. Einige Minuten später spürte sie Hände, die ihren Kopf abtasteten und ihr Kopfhörer aufsetzten.
In diesem Moment begriff sie, dass die Nacht vorüber war. Alle Gespenster waren nach Hause gegangen. Es war Morgen, und sie war hellwach.
Das passierte wirklich.
KAPITEL 12
»> Wer von uns, der sich sehr für die Geschichte des Menschen interessiert und dafür, wie sich die geheimnisvolle Mischung unter den verschiedenartigen Experimenten, die die Zeit mit ihr anstellt, verhält, hat sich nicht schon, zumindest kurz, mit dem Leben der heiligen Therese beschäftigt, hat nicht milde gelächelt bei dem Gedanken daran, wie das kleine Mädchen eines Morgens Hand in Hand mit ihrem noch kleineren Bruder auszog, um
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