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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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an.
    »Hab gehört, dich hat endlich eine rangelassen!«
    »Was?«
    Cheryl gab ihm einen Stoß in die Rippen und sagte, er solle den Mund halten, doch Kruger schenkte ihr keine Beachtung.
    »Ach, komm schon. Die Wolfsfrau! Weiß doch jeder.«
    Er stieß ein Heulen aus, genau wie damals auf dem Jahrmarkt, dann begann er zu lachen. Cheryl riss sich von ihm los.
    »Lass ihn doch reden, Luke«, sagte sie.
    »Ich h-h-helf ihr bloß, sonst nichts.«
    »Glaub ich dir aufs Wort«, sagte Kruger, »kommt bloß drauf an, bei was!«
    Cheryl versetzte ihm einen ärgerlichen Stoß in die Rippen. »Du bist einfach widerlich, Jerry. Halt den Mund, ja?«
    Wie benommen lief Luke durch die Gänge im Supermarkt. Er wusste, dass in Hope wie in jeder Kleinstadt geklatscht wurde, erlebte es aber zum ersten Mal, dass es dabei um ihn ging.
    Er hoffte nur, dass Helen nichts davon erfuhr.
     
    Eleanor steckte den Stern oben auf den Weihnachtsbaum im Schaufenster und trat einen Schritt zurück.
    »Kommen Sie, den schauen wir uns von draußen an«, sagte Ruth.
    Eleanor folgte ihr auf den Bürgersteig hinaus. Ein eisiger Wind fegte durch die Hauptstraße und wirbelte die bunten Lichterketten durcheinander, die im Zickzack zwischen den einzelnen Läden gespannt waren. Die beiden Frauen standen vor dem Paragon, strichen sich das Haar aus dem Gesicht und bewunderten Eleanors Werk.
    »Sieht wunderschön aus«, sagte Ruth. »Wenn ich Weihnachtsbäume schmücke, sehen die immer irgendwie jüdisch aus.«
    Eleanor lachte. »Wie kann denn ein Baum jüdisch aussehen?«
    Ruth zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Ist einfach so. Sie sind Katholikin, oder?«
    »So geboren, so aufgewachsen und so vom Glauben abgefallen.«
    »Das merkt man. Ich meine, das mit dem ›geboren und aufgewachsen‹. Katholiken sind einfach einsame Spitze beim Weihnachtsbaumschmücken.«
    Wieder musste Eleanor lachen. »Ruth, ich hol mir hier draußen in der Kälte noch den Tod.«
    Sie gingen wieder hinein, und während Ruth einige Kunden bediente, die sich schon eine Weile im Laden umgesehen hatten, kümmerte sich Eleanor weiterhin um die Dekoration.
    Sie hatte am Morgen ein paar grüne Zweige und eine Stehleiter von der Ranch mitgebracht. Es war Jahre her, dass sie zuletzt Weihnachtsschmuck aufgehängt hatte. Zu Hause machte sich niemand mehr die Mühe, doch hier bereitete ihr die Arbeit eine fast kindliche Freude. Draußen wurde es dunkel, und im Fenster verbreiteten die Weihnachtskerzen am Baum ein warmes Licht.
    Als die Kunden gegangen waren, kam Ruth und half ihr, eine große, goldene Girlande über der Eingangstür anzubringen. Ruth hielt das eine Ende, während Eleanor auf die Stehleiter stieg, um das andere Ende an der Bildleiste zu befestigen.
    »Hilft Luke eigentlich immer noch dieser Helen Ross?«
    »Ja, wir kriegen ihn kaum noch zu sehen.«
    »Sie gefällt mir.«
    »Mir auch. Ich glaube, Luke mag sie.«
    »Wie alt ist er jetzt?«
    »Achtzehn.« Sie drückte die Heftzwecke in die Wand.
    »Ein gutaussehender Junge! Da möchte man glatt ein paar Jahre jünger sein!«
    Eleanor schaute sie an, und Ruth wirkte plötzlich irgendwie verlegen.
    Eleanor lächelte. »Sollen wir jetzt das andere Ende festmachen?«
    »Klar.«
    Sie trugen die Leiter auf die andere Seite der Tür, und Eleanor stieg wieder hinauf. Eine Weile schwiegen sie.
    »Und wie kommt’s, dass Sie vom Glauben abgefallen sind? Wenn Ihnen die Frage nicht zu persönlich ist.«
    Eleanor antwortete nicht sofort, nicht, weil ihr die Frage etwas ausmachte, sondern weil sie ihr zuvor noch nie gestellt worden war. Gerade wegen ihrer direkten Art konnte sie Ruth so gut leiden. Eleanor zog die Schachtel mit den Heftzwecken aus ihrer Tasche und nahm eine heraus.
    »Nun, vielleicht wissen Sie noch nicht, dass unser ältestes Kind bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.«
    »Doch, das weiß ich.«
    »Ich bin mein Leben lang regelmäßig in die Kirche gegangen, zur Messe und zur Beichte – und ich kann Ihnen sagen, um diese Jahreszeit war das da draußen, wo wir wohnen, nicht immer einfach. Buck hat mich deswegen aufgezogen. Er wollte wissen, was ich denn um alles in der Welt zu beichten habe. Und wann ich denn die ganzen Sünden beginge. Ich soll das nächste Mal rechtzeitig Bescheid sagen, damit er mitmachen könne. Aber Buck ist kein Katholik, er hat das nie so richtig verstanden.«
    Sie warf Ruth lächelnd einen Blick zu, dann heftete sie die Girlande an die Leiste.
    »Das wär’s.«
    Sie stieg von der Leiter, stellte

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