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Im Kreis des Wolfs

Im Kreis des Wolfs

Titel: Im Kreis des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Evans
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interessiert dreinzuschauen, übertrieb es aber ein wenig. Bis auf diese drei Männer waren Dan und Rimmer die einzigen Gäste. Bei dem Gedanken an die Begegnung mit Calder kochte Dan noch immer vor Wut.
    »Ein ziemlicher Brocken, habe ich dir doch gesagt.« Rimmer wischte sich den Schaum vom Schnauzbart.
    »Stimmt, ein ziemlicher Kotzbrocken.«
    »Ach, er ist schon in Ordnung. Hunde, die bellen, beißen nicht. Er ist eben einer von diesen Typen, die andere immer auf die Probe stellen müssen, die herausfinden wollen, wie stark man ist.«
    »Ach so, darauf wollte er hinaus.«
    »Sicher. Und du hast dich gut gehalten.«
    »Besten Dank, Bill.« Er nahm einen großen Schluck und knallte das Glas dann klirrend auf den Tisch. »Verdammt, warum konnte er nicht noch eine Weile damit warten, diese verfluchten Reporter anzurufen?«
    »Die werden bald wieder da sein.«
    »Warum denn das?«
    »Er hat mir erzählt, dass er den Hund beerdigen lassen will, weißt du, ein richtiges Hundebegräbnis, mit Grabstein und allem Drum und Dran.«
    »Das ist doch nicht zu fassen.«
    »Hat er jedenfalls gesagt.«
    »Was glaubst du, was sie auf den Grabstein schreiben?«
    Beide dachten einen Augenblick nach, dann meinte Dan: »Wie wär’s mit: Labrador, früher unter dem Namen ›Prince‹ bekannt?«
    Sie lachten wie zwei kleine Jungen und viel länger, als es dieser Witz gerechtfertigt hätte. Doch es machte ihnen Spaß, und bald war Dan auch wieder besserer Laune. Sie gönnten sich noch ein Glas und blieben, bis das Fußballspiel zu Ende war. Außerdem hatte sich die Bar inzwischen gefüllt, Zeit, nach Hause zu fahren.
    Als sie zur Tür gingen, hörte Dan die Stimme des Nachrichtensprechers im Fernsehen sagen: »Und in Hope Valley ist ein Baby nur knapp dem Tod entronnen, als der böse Wolf ihm einen Besuch abstattete. Dies und mehr gleich nach der Werbung. Bleiben Sie dran.«
    Sie blieben im Türschatten stehen, da man sie dort nicht so gut erkennen konnte. Getreu seinem Wort brachte der Sprecher der Lokalnachrichten gleich nach der Werbung die Geschichte mit dem Wolf, und Dan spürte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten, als er Buck Calders Krokodillächeln sah.
    »Der Wolf ist ein Killer, er tötet alles, was ihm in die Quere kommt.«
    »Der Kerl sollte sich zur Präsidentenwahl aufstellen lassen«, flüsterte Dan.
    Und dann, als die Kamera über Dan und Rimmer hinwegschwenkte,die sich, genau wie jetzt, möglichst unauffällig im Hintergrund zu halten versuchten, hieß es in dem Bericht weiter, dass Bundesbeamte von dem Vorfall peinlich berührt seien. Man brachte einen Auszug aus Dans kurzem Interview, in dem das Entscheidende bereits gesagt worden war, noch ehe er den Mund aufmachte. Dabei blinzelte er wie ein Schwerverbrecher in die Kamera.
    »Könnte dieser Wolf eines der Tiere sein, die Sie in Yellowstone freigelassen haben?«, fragte ihn die Reporterin in dem roten Kostüm und schob ihm das Mikrofon unter die Nase. Dieses »Sie« tat weh.
    »Es ist noch zu früh, um mit Bestimmtheit etwas darüber sagen zu können. Und solange wir den Kadaver nicht untersucht haben, können wir nicht einmal bestätigen, dass es sich überhaupt um einen Wolf handelt.«
    »Wollen Sie damit etwa behaupten, dass Sie nicht daran glauben, dass es sich um einen Wolf handelt?«
    »Nein, das will ich nicht behaupten. Ich sage nur, dass wir es noch nicht bestätigen können.« Sein Versuch, ihr ein entwaffnendes Lächeln zu schenken, ließ ihn bloß noch verschlagener aussehen. Dan hatte genug.
    »Komm, verschwinden wir von hier«, sagte er.
    Als sie heute Morgen von Helena herüberflogen und die Sonne über der Bergkette aufblitzte, schätzten sie ihre Lage nicht allzu trostlos ein. Voller Optimismus sprach Dan mit Rimmer über die Möglichkeit, ein Signal auffangen zu können. Vielleicht hatte Kathy Hicks in ihrer Panik einfach übersehen, dass der Wolf ein Halsband trug. Und wenn nicht, war er vielleicht doch mit Tieren zusammen, die eins trugen. Das waren ganz schön viele »Vielleichts«, und Dan ahnte inzwischen, dass ihre Chancen nicht allzugut standen.
    In den letzten Jahren hatten sie absichtlich die Zahl der mit Halsband versehenen Wölfe reduziert. Hinter dem Versuch,eine lebensfähige Wolfspopulation in der Region anzusiedeln, stand der Gedanke, die Tiere so wild und so natürlich wie möglich leben zu lassen. Sobald es genug fortpflanzungsfähige Pärchen gab, konnte man die Wölfe von der Liste der bedrohten Arten streichen. Und nach Dans

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