Im Kreis des Wolfs
Von den spinnwebenverhangenen Gardinen, die aussahen, als würden sie bei der ersten Berührung zu Staub zerfallen abgesehen, bestand der einzige Wandschmuck aus einer in Folie eingeschweißten Karte von Hope und einigen rußigen, gusseisernen Pfannen, die an Nägeln über dem Becken aus abgeplatzter Emaille hingen. Die Spüle selbst war mit einem schön geformten Pumpschwengel ausgestattet, doch das Wasser lief in einen weniger schönen Putzeimer unter dem Becken ab.
In der gegenüberliegenden Ecke standen zwei Etagenbetten. Für das untere hatte Dan vorsorglich eine neue Matratze, Decken und Kissen besorgt. An sonstigen Möbelstücken gab es noch einen alten Schrank und einen einfachen Holztisch mit zwei Stühlen. Im Dielenboden war eine Falltür eingelassen.
»Und was ist da unten?«
»Ach, da geht’s in den Keller. Du weißt schon, Waschküche, Sauna, das übliche eben.«
»Kein Swimmingpool?«
»Der wird erst nächste Woche eingebaut.«
Sie machte die Falltür auf und sah einen kahlen Kriechkellermit Betonboden, etwa einen Meter breit und anderthalb Meter tief. Darin wurden im Winter die Lebensmittel vor Frost und im Sommer vor Hitze geschützt.
Der einzige Luxus war der kompakte kleine japanische Generator, den Dan draußen neben der Tür angebracht hatte, damit sie den Laptop, den CD-Player und das von Dan besorgte Handy aufladen konnte. Theoretisch, sagte er, sollte es auch möglich sein, das Telefon an den Laptop anzuschließen und E-Mail zu empfangen, bloß funktionierten die Handys hier oben in den Bergen nicht besonders gut, so dass man oft keinen Empfang hatte. Doch der Gedanke an die Einsamkeit machte Helen nichts aus. Sicherheitshalber wollte Dan außerdem noch eine Mailbox für sie einrichten lassen.
Hinter der Hütte befand sich noch ein kleiner Verschlag mit einer Art improvisierter Dusche – ein Eimer mit Löchern. Vögel hatten darin genistet, aber mit etwas Geschick würde Helen die Dusche schon wieder hinkriegen.
»Ich hab versucht, hier ein bisschen sauberzumachen«, sagte Dan.
»Lieb von dir. Danke.«
»Egal, was dein Freund Buck Calder sagt, allein bist du hier bestimmt nicht.«
»Wie meinst du das?«
Er zeigte ihr die Mausefallen, die er hinter dem Ofen und unter dem Bett aufgestellt hatte. Sie waren zugeschnappt, die Köder verschwunden, doch war keine Maus zu sehen.
»Du kannst also immer noch keine Falle stellen, Prior.«
»Deshalb sitze ich ja auch hinterm Schreibtisch.«
»Was für einen Köder hast du benutzt?«
»Käse, was hättest du denn genommen?«
»He, du weißt doch, einen Trapper fragt man nicht nach seinen Tricks.«
In dieser ersten Nacht war sie zu müde, um Jagd auf Mäuse zu machen, doch kaum hatte sie die Augen geschlossen, wünschte sie, sie hätte es getan. Buzz stellte ihnen die ganze Nacht nach und veranstaltete dabei einen solchen Lärm, dass sie ihn schließlich nach draußen brachte und in den Toyota einschloss. Sich selbst überlassen, huschten die Mäuse bis zum Morgengrauen durch ihre Träume. Als Dan am nächsten Tag kam, hatte Helen eine komplizierte Falle konstruiert, bei deren Anblick Dan in schallendes Gelächter ausbrach.
Joel hatte ihr die Methode gezeigt, als sie ihr erstes Jahr zusammen auf dem Cape verbrachten und das Schiffhaus plötzlich zur Zuflucht für heimatlose Nagetiere wurde. Man brauchte dazu nur einen Eimer, ein Stück Draht und eine Blechdose, in die man an beiden Seiten ein Loch bohrte. Man steckte den Draht durch die Löcher und hängte sie über einen mit einigen Zentimetern Wasser gefüllten Eimer. Dann brauchte man bloß noch einen Stock an den Eimer zu lehnen, die Dose mit Erdnussbutter einzufetten, den Hund wegzusperren und sich schlafen zu legen. Die Mäuse kletterten am Eimer hoch, krabbelten über den Draht, und sobald sie auf die Dose wollten, drehte diese sich, und die Mäuse fielen ins Wasser.
»Funktioniert immer«, sagte Helen.
»Nie im Leben.«
»Wetten wir um ein Abendessen?«
»Die Wette gilt.«
In dieser Nacht gingen drei Mäuse in die Falle, die sie stolz Dan zeigte, als er am nächsten Nachmittag mit den Halsbändern, Fallen und Kartenmaterial für ihren Computer kam. Er warf ihr zwar halbherzig vor, geschummelt zu haben, hielt dann aber Wort und lud sie, nachdem sie einen weiteren Tag damit verbracht hatten, die Hütte auf Vordermann zu bringen, zum Essen in Nelly’s Diner ein.
Helen gab sich Mühe, das größte Steak zu bewältigen, das ihr je unter die Augen gekommen war. Auf der Karte
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