Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
Vom Netzwerk:
»Hüllt Schlaf die müden Glieder ein, lass uns in dir geborgen sein. Und mach am Morgen uns berahahait, zum Lobe
     deiner Herrlichkeit.« »Du hast keine müden Glieder mehr, Lenchen, also lass den Chor alleine zwitschern und komm. Du wirst
     verdächtigt, das Feuer selbst gelegt zu haben. Dann zahlt die Versicherung keinen Cent und schmeißt euch achtkantig aus dem
     Vertrag.«
    »WAS?«
    Endlich hatte ich ihre Aufmerksamkeit. Während die anderen Hupfdohlen von des Lebens Fülle trällerten, die |78| für meine heilige Schwester und mich die Körperfülle leider ausklammerte, berichtete ich ihr von dem Zeitungsartikel.
    »Das ist unfassbar«, stammelte sie. »Ja, aber ich habe einen Plan. Dazu brauchen wir Martin, und er braucht dich, damit du
     ihm ein paar Informationen über die Penn-, äh, die Notschlafstelle geben kannst. Also kommst du nun endlich?«
    Sie kam und gemeinsam schwirrten wir ins »Veggie Paradise«, Martins Lieblingslokal. Ich persönlich weiß nicht, wie ein Koch
     es mit seiner Berufsehre vereinbaren kann, nur welke Blätter, Wurzeln und anderes Gestrüpp zu Futter zu verarbeiten, aber
     solange es Menschen gibt, die zwar die Kuh schonen, aber die Möhre töten, wird es auch Köche geben, die diesen Leuten kalt
     lächelnd die Kohle aus der Tasche ziehen und sich nach der Arbeit einen Hamburger oder ein T-Bone -Steak reinhauen. Da meine Existenz leider keine Nahrungsaufnahme mehr erforderte, konnte es mir egal sein, wo Martin sich
     seine Pummelfigur wieder anfutterte, denn ich musste ja nicht mitessen. Wäre mir bei dem Speisenangebot im »Veggie Paradise«
     auch nicht gelungen. Der Anblick der Getreidebratlinge mit überbackenem Gemüse auf Martins Teller hätte mir eher etwas aus
     dem Magen heraus- als hineinbefördert. Birgit aß wenigstens eine Lasagne, da konnte man wegen der Sauce nicht so genau sehen,
     welches Hühnerfutter sich zwischen den Nudelplatten verbarg.
    »Martin, wir haben einen Plan«, rief ich. Er verschluckte sich, was ich auf den Getreidebratling schob. Ein kontrolliert-biologischer
     Brechreiz, fein gewürzt.
    »Du schläfst heute Nacht in der Pennerbude und hörst dich bei den Nonnen und den anderen Pennern um.« Jetzt würgte er richtig.
    |79| »Was ist denn los?«, fragte Birgit mit sorgenvoller Miene, während sie ihm leicht auf den Rücken klopfte. »Geht es dir nicht
     gut?« »Alles prima«, röchelte Martin. »Das ist eine gute Idee«, lobte Marlene. »Schwester Maria, die die Schlafstelle betreut,
     freut sich immer, wenn sie mit jemandem plaudern kann.« Marlene, Martha, Magdalena, Maria,   … Nahm dieser Orden nur Frauen auf, deren Namen mit M anfingen? Mussten die mit A, B oder C in ein anderes Kloster gehen?
     Da aber Martin sich entschieden hatte, doch noch nicht abzunippeln, wollte ich nicht vom Thema abschweifen.
    »Du solltest dir schnell etwas Passendes anziehen und dann los, sonst pennen schon alle, wenn du ankommst.« »Aber was soll
     ich denn dort für Fragen stellen?«, dachte Martin.
    »Darum kümmern wir uns später«, entschied ich. »Aber was sagen wir Birgit?« Ganz einfach: die Wahrheit. Birgit war von Martins
     Idee und seinem Engagement begeistert. Sie begleitete ihn nach Hause, wählte gemeinsam mit ihm einen Pennerdress aus, was
     sehr schwierig war, da er noch nicht einmal eine Jeans, geschweige denn eine zerschlissene Jeans besaß, zerzauste sein Haar,
     was ihr sichtlich Freude bereitete, und fuhr ihn in ihrem schicken Cabrio in die Nähe des Klosters. Sie gab ihm noch einen
     langen Kuss, der Martins Blutdruck in bedenkliche Höhen trieb, wendete und fuhr davon.
    »Also?«, fragte Martin. »Du horchst die anderen Penner aus, ob ihnen in letzter Zeit etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist.
     Ob einer von ihnen rausgeschmissen wurde   …« »Hier wird niemand rausgeschmissen«, fuhr Marlene dazwischen.
    |80| »Auch nicht, wenn er Hasch raucht, kokst oder in die Ecke pinkelt?«, fragte ich. »Du hast eine sehr seltsame Fantasie«, erwiderte
     Marlene pikiert. »Diese Leute haben kein Geld für Koks und sie freuen sich, dass sie eine saubere Toilette benutzen können.
     Im Sitzen.«
    Ich fragte nicht nach, ob das überprüft würde, aber schon dieser schnell unterdrückte Gedankenblitz erreichte Marlene, die
     mir mal wieder eine Rüffelwelle rüberschickte. Himmel, in den letzten zwei Tagen hatte ich mehr Ermahnungen wegen meines Benehmens
     bekommen als in den letzten vier Schuljahren zusammengenommen. Einschließlich der

Weitere Kostenlose Bücher