Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow

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Inhalt der Papiere, die Dietrich durchgeblättert hatte, im Gedächtnis behalten.
    Vor einem Café machte er halt, ging hinein und setzte sich an einen Ecktisch. Er bestellte eine Tasse Kaffee und nahm eine Zeitung aus der Tasche.
    Als der Ober das Bestellte brachte, winkte Johann mürrisch mit der Hand und fuhr fort, sich auf den Seiten des „Völkischen Beobachters" Notizen zu machen. Dann, nachdem er ein reichliches Trinkgeld auf den Tisch gelegt hatte, verließ er das Café.
    Johann machte Gustav, wie ausgemacht, von der Begegnung mit seinen ehemaligen Kollegen der Abwehr Meldung. Gustav bemerkte spöttisch:
    „Admiral Canaris wollte vor der Küste Englands vor Anker gehen; da ist es nicht erstaunlich, daß einige von seinen Leuten nach diesem Land Sehnsucht verspüren."
    Johann wußte, wie hintertrieben Dietrich war. Wahrscheinlich hatte er Landsdorf bereits gesagt, daß er ihn mit einigen geheimen Unterlagen vertraut gemacht hatte. Deshalb sagte Weiß zu Gustav von oben herab:
    „Major Dietrich, der mich wieder zu seinem Mitarbeiter machen will, hat beschlossen, mit ein paar Artikeln aus seinem Laden zu prahlen."
    „Na und?"
    „Sie haben sich die Losung ausgedacht 'Der Haß ist unser Gebot und die Rache unser Kampfruf' und sammeln unter dieser Fahne kleine Jungs. Solche Arbeit ist nichts für mich."
    „Sie werden trotzdem die Verbindung mit Ihren früheren Kollegen nicht abbrechen."
    „Zu Befehl", sagte Weiß.
    Am gleichen Tag lud ihn Landsdorf noch einmal zu sich ein.
    Doch diesmal war er nervös und äußerst gereizt. Er durchmaß mit langen Schritten das Zimmer, blieb plötzlich stehen und fragte: „Wissen Sie, was in diesem Haus am 22. Januar 1942 geschehen ist?"
    Weiß schüttelte den Kopf.
    „Die Vertreter der obersten Machtorgane nahmen hier den von Himmler vorgeschlagenen Plan zur Vernichtung der Juden an. Es wurden genaue Zahlen für jedes europäische Land aufgestellt, insgesamt mehr als elf Millionen Menschen. Und bald darauf waren Eichmann und Globke die führenden Leute bei den Massenvernichtungen."
    Weiß schaute forschend auf Landsdorf und sagte ruhig:
    „Die Regierungschefs der uns feindlichen Länder haben auf der Konferenz von Jalta die Verpflichtung übernommen, die Kriegsverbrecher zu bestrafen."
    „Genau. Sie haben mich richtig verstanden."
    Weiß bemerkte boshaft: „Aber ich war damals nicht in diesem Haus und wohne auch jetzt nicht in ihm."
    „Man hat Sie in Bern oft in der Herrengasse gesehen. Dort war auch Dulles untergebracht. Dulles war früher öfter in Berlin, und 1933 hatte ich mit ihm sogar ein längeres vertrauliches Gespräch, als ihn der Führer zu einem Essen einlud. Das Anwaltsbüro Dulles' vertrat in den USA die Interessen der größten deutschen Konzerne, und es ist nicht ausgeschlossen, daß es sie auch jetzt schützt. Großbritannien wird nach diesem Krieg nicht mehr zu seiner einstigen Macht zurückkehren. Es wird zu einem unbedeutenden Partner der USA werden."
    „Möglich", stimmte Weiß zu. Er überlegte, worauf Landsdorf, der Freund und Gesinnungsgenosse von Canaris, hinauswollte. Zweifellos erklärte sich solch eine jähe Umorientierung auf die USA durch die Angst, unter die Zahl der Kriegsverbrecher zu fallen.
    „Dietrich hat mir mitgeteilt, daß Sie seine Fahrlässigkeit ausgenutzt und ein ziemlich verdächtiges Interesse für einige Geheimdokumente gezeigt haben. Laut Dienstvorschrift bin ich verpflichtet, das zu melden."
    „Sie können beruhigt sein. Ich habe meinen Vorgesetzten bereits selbst davon Meldung gemacht.”
    „Wozu?"
    „Auch ich kenne diese Vorschrift und habe deshalb nach Vorschrift gehandelt."
    „Es scheint, Sie haben einiges gelernt, Weiß."
    „Unter Ihrer Anleitung", sagte Weiß bescheiden. „Es ist unnötig, mich durch Gewalt zu irgend etwas zu bringen. Ich vergesse nicht, wodurch ich Ihnen verpflichtet bin."
    „Sie haben recht, Weiß, Sie sind aufrichtig. Und im Umgang mit Ihnen sollte man sich an die gleichen Grundsätze halten. Es gibt eine besondere Aufgabe für unsere terroristischen Gruppen. Es kann passieren, daß beim Nahen des Gegners die Lagerverwaltung es nicht schafft, die Häftlinge zu evakuieren oder zu vernichten. In diesem Fall haben die Gruppen die Aufgabe, die Häftlinge bis auf den letzten Mann zu liquidieren und alle Lagerausrüstungen aus begreiflichen Gründen zu vernichten oder zu sprengen."
    Weiß pfiff leise durch die Zähne.
    „Ich beginne zu verstehen. Auf diese Weise wird Ihrer