Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
Vom Netzwerk:
abgelaufen war und im Raum Licht anging, sagte Himmler mit geheuchelter Teilnahme:
    „Das kommt alles daher, weil der Führer eine völlig unnatürliche Lebensweise hat: Er macht die Nacht zum Tage. Seine ununterbrochene Betriebsamkeit und ständigen Zornesausbrüche haben eine unerträgliche Atmosphäre geschaffen. Wenn er mich rufen läßt, habe ich jedesmal eine wahnsinnige Angst davor, daß er mich in einem Tobsuchtsanfall erschießt."
    „Ja", sagte Schellenberg, „wenn Sie noch zögern, wird man Ihre Leiche aus dem Bunker der Reichskanzlei tragen, so wie viele andere."
    Himmler erblaßte, rief aber pathetisch:
    „Von den Händen des Führers zu sterben, ist die größte Ehre!"
    Am meisten beunruhigte Schellenberg der blutige Ruf, den Himmler hatte. Seine wichtigste Aufgabe schien ihm, Himmler nach Möglichkeit zu rechtfertigen, damit es kein Hindernis für seine Einsetzung als neuer Diktator gab. Mehr als sechs Millionen Juden waren auf Grund des von Himmler bestätigten Planes ermordet worden.
    Umsichtigerweise hatte Schellenberg ein Treffen Himmlers mit dem ehemaligen Präsidenten der Schweiz Musy arrangiert. Im Namen von jüdischen Organisationen hatte dieser fünf Millionen Schweizer Franken für die Befreiung bestimmter jüdischer Häftlinge geboten.
    Himmler neigte zu diesem Geschäft. Er verlangte, daß für die gesamte Summe Traktoren, Autos und technische Ausrüstungen ins Reich geliefert würden. Für sich persönlich wünschte er, daß in der amerikanischen und englischen Presse Artikel erschienen, deren Verfasser ihn als Reichsoberhaupt charakterisierten. Über seine Rolle als Chef des Sicherheitsdienstes sollte geschwiegen werden.
    Und jetzt war zu den Verhandlungen mit Himmler aus Schweden Bernadotte und fast gleichzeitig mit ihm aus der Schweiz der achtzigjährige Arthur Lasar in Begleitung seines jüngeren Sohnes erschienen.
    Schellenberg brachte Lasar zu einem der Wohnsitze Himmlers.
    Musy hatte sein Versprechen erfüllt: Lasar brachte einen Stoß englischer und amerikanischer Zeitungen mit, in denen die Artikel über Himmler erschienen waren.
    Der alte Lasar saß schweigend im Sessel.
    Er wußte: Als Hitler zur Macht kam, hatten die Westmächte ihm bei der Aufrüstung geholfen, weil sie damit rechneten, daß er die Bolschewiken angreifen würde. Und als die Nazis in Deutschland die Juden ermordeten, hatten die Westmächte geschwiegen.
    Lasar war ein Gegner der Sowjetunion. Doch gerade die Bolschewiken hatten dem faschistischen Deutschland die Niederlage bereitet. Und nur die Sowjetarmee konnte die Häftlinge aus den Lagern befreien.
    Lasar wußte, daß seine Mission mehr als zweifelhaft war. Er mußte mit dem obersten Henker seines Volkes in Verhandlungen treten, um das Leben einiger Tausend Menschen zu retten; Hunderttausende aber würden in den Lagern bleiben.
    Der Reichsführer betrat in Begleitung Schellenbergs das Zimmer. Er war gereizt und erregt, da er sich der vollen Gefahr einer Verhandlung mit Lasar bewußt war. Einem Juden die Hand zu geben, war für Himmler eine Überwindung, doch er war dazu bereit, um des Vorteils willen, den ihm Schellenberg versprach.
    Himmler redete anfangs verworren darüber, daß er persönlich vorgeschlagen habe, die Judenfrage so zu lösen, indem man die Juden einfach auf eine Insel schicken sollte. Doch das hatte sich als unmöglich erwiesen: erstens wegen der ausländischen Propaganda; zweitens wegen des Widerstandes in Parteikreisen. Gleichsam zu seiner Rechtfertigung wollte er plötzlich Lasar einen dokumentarischen Beweis seiner humanen Absichten vorlegen. Er entschuldigte sich, ging in sein Arbeitszimmer und begann dort unter den Papieren zu suchen.
    Ohne irgendein Dokument kehrte er ins Zimmer zurück und erklärte, daß er alle drei ihm vorgeschlagenen Punkte annehme. Erster Punkt: Er befehle, keine weiteren Juden zu töten. Zweiter Punkt: Die vorhandenen Juden würden in den Lagern bleiben und nicht „evakuiert” werden. Und drittens: Alle Lager, in denen sich noch Juden befänden, würden listenmäßig erfaßt werden.
    Lasar hörte sich das alles mit steinernem Gesichtsausdruck an, dann sagte er:
    „Ich möchte, daß mein Sohn eines der Lager besucht. Wir müssen sicher sein, daß unsere Anweisungen genauestens ausgeführt werden."
    Himmler schaute beunruhigt auf Schellenberg. Dieser nickte. Daraufhin gab Himmler seine Zustimmung. Er glaubte an die Begabung Schellenbergs, sich aus jeder Lage herauszuwinden.
    Um auf Lasar einen angenehmen

Weitere Kostenlose Bücher