Im Labyrinth der Abwehr
gesteckt hatte, fragte sie:
„Und wozu brauchen Sie das?"
„Das brauche ich als kleine Garantie, falls Sie sich in Zukunft einfallen lassen sollten, mir eine kleine Bitte abzuschlagen." Er stand auf. „Und jetzt geben Sie der Lehrgangsteilnehmerin mit dem verbrannten Gesicht den Befehl, nach dem Abendessen in mein Zimmer zu kommen."
„Sie haben vielleicht einen Geschmack! Wir haben doch auch hübschere."
„Ich habe nicht die Angewohnheit, mich zu wiederholen.”
Über eine Stunde lang unterhielt sich Johann Weiß mit dem Mädchen, das den Decknamen Stift hatte. Gegen Ende der Unterhaltung ging ihr Gespräch in Flüstern über.
Weiß hatte sie wegen ihres verbrannten Gesichts nicht sofort erkannt. Es war Lusja Jegorowa aus der 48. Schule. Sie war Pionierleiterin gewesen, als Alexander Below und sie sich auf einer Schulfeier kennengelernt hatten.
Lusja war in Gefangenschaft geraten, nachdem sie bei Smolensk verwundet worden war.
Über Olga konnte sie ihm nichts sagen, und sie war erstaunt, als sie hörte, daß Olga versucht hatte, sie in Schutz zu nehmen, indem sie sie eine echte Konterrevolutionärin genannt hatte.
„Merkwürdig", sagte sie, „ich habe mit ihr nie gesprochen."
Vor dem Weggehen fragte sie:
„Ich sehe entsetzlich aus, nicht wahr?"
Johann beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie zart auf die verunstaltete Wange.
Oberst Sorokin saß in Klara Aufbaums Zimmer und trank Tee. Als Weiß eintrat, stand er auf, nickte zu Klara hin und sagte ein wenig von oben herab:
„Sie tut mir wirklich leid, bei dem, was sie alles durchmachen muß."
„Hören Sie auf!" unterbrach ihn Weiß. Und in offiziellem Ton erklärte er: „Ich breche hiermit die Untersuchung in Sachen Klara Aufbaum als ergebnislos ab. Und Sie, Oberst, unterschreiben sofort einen Befehl zur Ernennung der Lehrgangsteilnehmerin Stift zur Stellvertreterin Hauptmann Aufbaums und eine Beförderung zum Leutnant der ROA. Befehlsausführung innerhalb von drei Tagen."
Der Oberst schlug die Hacken zusammen, verbeugte sich und ging aus dem Zimmer.
KlaraAufbaum bemerkte ironisch: „Sie sind aber freigebig mit den Mädchen: Dienstgrade, Dienststellungen. Für einen einzigen Besuch."
„Genauso, Hauptmann Aufbaum", sagte Weiß und richtete seinen Blick auf ihre Nasenwurzel. „Wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, dann lernen Sie, schweigend meine Befehle auszuführen."
Er zerriß einen Geldschein. Eine Hälfte gab er ihr, die andere steckte er in die Tasche seiner Uniformjacke.
„Ich verstehe", sagte Hauptmann Aufbaum, „ich kann mich also als ..."
„Als was Sie sich betrachten, ist Ihre Sache. Aber hüten Sie sich, einer dritten Person davon Mitteilung zu machen."
ZWEITER TEIL
40
Auf einem der nächsten Treffs sagte Elsa zu Weiß:
„Das Zentrum hat mitgeteilt, daß Olga sich augenblicklich in Swerdlowsk befindet und am Institut studiert. Sie wohnt bei dem leitenden Bataillonskommissar Alexandrow; er hat eine gleichaltrige Tochter, Nina. Nina, die als Sanitätsausbilderin gedient hat, ist an der Westfront, in der Nähe von Wjasma, vermißt worden."
„So ist das also", sagte Weiß. „Das ist ja interessant."
Elsa warnte ihn:
„Sehen Sie sich vor, Below. Ich fürchte, daß die Deutschen Ihnen mit diesem Mädchen eine Falle stellen wollen."
„Scheint so. Wie geht es Subow?"
Elsa sagte mit leichtem Abscheu:
„Er hat mit einer Deutschen angebändelt. Wir brauchen sie."
„Was ist das für eine Frau?"
„Die Witwe eines SS-Obersten."
„Nicht übel."
„Ein ekelhaftes Frauenzimmer! Sie hängt sich an ihn wie eine läufige Katze."
„Und er?"
„Anfangs ist er ihr aus dem Wege gegangen."
„Und jetzt?"
„Erklärt er, daß sie schön ist."
„Vielleicht ist sie es wirklich?"
Elsa machte ein unglückliches Gesicht, doch dann hatte sie sich wieder in der Gewalt und wiederholte hartnäckig:
„Sehen Sie sich vor, Below. Wir haben Angst um Sie."
„Was heißt wir?”
„Nun, ich und Subow."
„Und um sich selbst hat er keine Angst?"
„Wegen dieser Deutschen ist er schon ganz verzweifelt ..."
„Wie das?"
„Sie hat ihn mit den Freunden ihres Mannes bekannt gemacht. Sie hat allen frech vorgelogen, daß er ihr Vetter sei. Subow ist mit ihr nach Krakau gefahren, zu einem Empfang bei Frank. Während des Empfangs ist er mit Offizieren in die Turnhalle gegangen und hat sich dort in irgendeinen sportlichen Wettkampf eingemischt."
„Ja, und?"
„Er hat sich vor mir gebrüstet, daß der Obersturmbannführer der SS,
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