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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Geschah ihm recht, dass ihm die Völlerei nicht bekommen war.
     
    Ein durchdringendes Meckern empfing ihn zu Hause. Schon von Weitem hörte er Liesl schreien. Vorsichtig melkte er ihr heißes pralles Euter, gab ihr Heu und Schrot. Danach hockte er sich auf die Ofenbank, betupfte mit der warmen Milch seine Blessuren. Er legte sich nieder und sinnierte noch mal über den Weg, den er mit Bianka am Abend vor Michaeli gegangen war. War ihnen jemand gefolgt? Als Bianka auf dem Perlach verschwand und mit der roten Teufelsfrucht im Mund wieder auftauchte oder schon vorher? Dass er einen Pelz an einem ungewöhnlichen Ort abliefern sollte, kam öfter vor. Selten bequemte sich ein Kunde, das Bestellte selbst abzuholen. Kellenbenz fertigte Pelzkragen für Mätressen, die er dann heimlich am Frauenhaus abliefern sollte, fütterte Schauben als Bestechung für Erbfolger. Der Graf fiel ihm wieder ein. Bei den geplanten Kindsmorden ging es auch um ein Erbe. Was hatte das mit ihm und seiner Tochter zu tun? Und der Diener, der sich die ganze Zeit im Schatten der Bäume verborgen hatte. Hatte er Bianka entführt?
    Irgendetwas Auffälliges war mit ihm gewesen, als Kellenbenz von ihm den Auftrag erhalten hatte. Er grübelte. Wie hatte der Diener damals noch gesagt?
    »Ein Fell«, wünschte er.
    Kellenbenz hatte gewartet, ob noch mehr käme.
    Der Diener hatte geschwiegen, auf seinen Schuhspitzen gewippt und hinter Kellenbenz auf die Wand in der Werkstatt gestarrt, als stünde dort geschrieben, was er auftragen sollte. Diese Art Kundschaft war Kellenbenz gewöhnt. Einem Liebchen, einem Günstling oder sonst irgendwem Anrüchigem sollte er wahrscheinlich ein Geschenk fertigen. Er bedeutete ihm, er solle ihm in den Speicher folgen, wo schon einige Werkstücke hingen.
    Der Diener schüttelte den Kopf. »Ungewöhnlich, keine Unterfütterung, … mit Kopf …«, stammelte er und zupfte an seinem Halsbündchen, dass die vielen Falten seines Hemdes zusammenhielt.
    Kellenbenz fuhr sich mit beiden Händen um Hals und die Schultern.
    »Nein, kein Kragen.« Er verstand Kellenbenz’ Zeichensprache gleich. »Mit Kopf.«
    Da fiel es ihm wieder ein. Der Diener hatte den Mund geöffnet, die Zungenspitze vorschnellen lassen, sodass Kellenbenz schon dachte, er wollte ihn, den Verstümmelten, verhöhnen.
    Dabei nahm er nur Anlauf für die folgenden Worte. »Da… daf ganfe Tier«, brachte er schließlich hervor. Als er merkte, dass Kellenbenz ihn verstand, plapperte er los. »Famt aufgefopftem Kopf, schwarf wie der aus der Hölle felft, achte er auf prächtige Hörner und bringe er ef vor Michaeli auf den Peftberg bei Abenddämmerung, fo foll fein Lohn ein Hellerfack fein!« Er zog ein Tuch aus dem Ärmel und wischte sich die Stirn.
    Schwarz wie aus der Hölle selbst. Er hatte das Wort Satan umgehen wollen und mitten hineingetroffen. Und Bianka? Wo war sie damals gewesen? Meist spielte sie mit Tiegeln und Holzscheiten vor dem Ziegenstall hinter der Werkstatt. Doch der Diener musste sie gesehen haben oder irgendwo Erkundigungen eingeholt haben, sonst hätte der Pater nicht nach seinen Kindern gefragt.
    Wieder rief Kellenbenz sich die Worte, die er auf dem Pestberg mitgehört hatte, in Erinnerung.
    Von einer Ordensgemeinschaft hatten sie gesprochen. Dann war der Pater nicht einer der Dompfaffen, sondern ein Klosterbruder. Welche Männerorden gab es in der Stadt? Kellenbenz war zwar katholisch getauft, aber er hielt nichts vom Beten und Knien. Hin und wieder kaufte er auf dem Domplatz einem Predigermönch einen Ablass ab, um dem Fegefeuer zu entgehen. Ansonsten kümmerte er sich nicht weiter um sein Seelenheil.
    Der Patrizier wollte die Bruderschaft des Geistlichen legitimieren, das hieß, dass dieser Orden noch nicht bestand. Und der Reiche hatte Augsburg durch seine Familie seit Jahrhunderten berühmt gemacht. Dann musste er von den Welsern oder den Fuggern sein. Hatten der Patrizier und der Pater nicht noch was von einem Machtwechsel gesagt? Kellenbenz zermarterte sich das ohnehin schmerzende Hirn. Welcher der Mächtigen hatte vor Kurzem das Zeitliche gesegnet? Da gab es nur einen, den Reichsgrafen Anton Fugger, der Reichste der Reichen überhaupt. Da wollte jemand die Erben des Anton Fugger auslöschen. Doch wen? Anton Fuggers Kinder waren erwachsen, saßen im Rat. Kellenbenz fuhr hoch, setzte sich sogleich wieder. Die Rippen schmerzten.
    Es ging um den Glauben. Juden? Soviel er wusste, gab es keine Spitzhütigen bei den Fuggern. Seit der letzten großen

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