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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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zurückkehrte – einmal hatte er sogar Muscheln und frischen Fisch mitgebracht –, so blieb er nach Annelies Empfinden nie lange genug, um sie über alle Nahrungsmittel, die im Wald verborgen waren, zu belehren.
    »Nun gut«, gab Jule zu, »manches von dem, was er sagt, ergibt Sinn.«
    Antiman hatte ihnen auch gezeigt, was man mit den Bambussträuchern anfangen konnte, sobald die Früchte abgestorben waren: Die langen, harten Stangen eigneten sich nicht nur als Gerüst beim Hausbau, sondern auch als Material für Arbeitswerkzeuge.
    So hatte Jule kürzlich erst einen Riffel geformt, indem sie in ein Stück Bambus kleine Holzstücke einschlug. Einem großen Kamm glich dieses Gebilde, mit dem sie nun sämtliche Samen aus dem Flachs bürstete. Diese Samen würde Annelie später trocknen, um Linsa daraus zu machen – eine Medizin, die man bei Magenschmerzen einnahm oder auf Schuppenflechte und Krätze strich.
    Barbara hingegen war ganz damit beschäftigt, das gereinigte Flachsstroh in Wasserfässern einzuweichen. Nach mehrwöchiger Tauche würde es getrocknet, zu Zöpfen geflochten und schließlich gesponnen werden.
    »Wenn Antiman nicht wäre, hätten wir auch nicht gewusst, wie man hierzulande am besten Flachs anbaut«, sagte Annelie.
    Jule schnaubte. »Wenn ich geahnt hätte, welche Heidenarbeit uns bevorsteht, dann wäre mir lieber gewesen, er hätte es verschwiegen.«
    Barbara grinste. »Möchtest du denn nackt rumlaufen? Es besagt nun mal eine alte Weisheit, dass der Flachs neunmal durch des Menschen Hand geht, bis er ihn als Leinwand auf dem Leibe trägt.«
    Sie brachte den Spruch in jenem Singsang hervor, der ihr eigen war. Ihre Stimme klang, auch wenn sie nicht sang, ungemein melodiös.
    Jule machte sich oft lustig darüber, dennoch hatten Barbaras viele Lieder den Flachsanbau unterhaltsamer gestaltet.
    Zunächst hatten sie die Samenkörner Furche um Furche in die lockere Ackererde gesteckt – nach jedem halben Schritt jeweils drei Körner. Dann hieß es warten, bangen und hoffen, denn kaum eine Frucht war empfindlicher als der Flachs. Zu ihrer aller Stolz war schon die erste Ernte ertragreich. Samt Wurzeln wurden die Halme schließlich aus dem Boden gezogen und dann für etliche Wochen auf dem Feld ausgebreitet. Wieder galt es zu warten, zu hoffen und zu bangen – dass es nämlich nicht ständig regnete. Das Glück erwies sich ihnen als weiterhin gnädig: Die Luft war zwar feucht, aber die Sonnenstrahlen stark genug, um die Halme verwittern zu lassen. Schließlich wurden sie zu Bunkel gebunden, mit dem Schleifstein die harte Grate abgeschabt und das grobe Werch ausgekämmt.
    Was nun folgte, war eine nicht minder langwierige Arbeit, aber immerhin eine, die man im Sitzen und im Hausinneren vollziehen konnte.
    »Nicht mehr lange und wir tragen neue Röcke!«, rief Barbara.
    Stirnrunzelnd deutete Jule auf das Spinnrad: »Sofern dieses klapprige Gestell auch hält, was es verspricht«, gab sie zu bedenken.
    Annelie war ihrem Blick gefolgt und lachte prustend auf. Eigentlich war es nicht besonders lustig, dass sie weder ein ordentliches Spinnrad noch einen Webstuhl hatten, aber seit sie schwanger war, lachte sie oft und meist grundlos. Antiman hatte ihnen dieses Gerät beschafft, das man hierzulande »Rueca« nannte und deren Spindel aus Tierknochen bestand.
    Fritz Steiner hatte wiederum versucht, einen Webstuhl zu tischlern. Annelie und Barbara hielten das Ergebnis für ganz ansehnlich – Jule dagegen sparte nicht mit Unkenrufen, wonach es zusammenbräche, ehe sie auch nur einen einzigen Faden gewebt hätten.
    »Und wenn alles gut geht, dann können wir auch Beinkleider herstellen!«, ließ sich Barbara ihre Begeisterung nicht nehmen. »In Melipulli kann man ein paar Beinkleider gegen einen Ochsen eintauschen.«
    »Richard hat sogar schon ein paar Holzknöpfe geschnitzt«, fügte Annelie hinzu.
    »Na großartig!«, höhnte Jule. »Der Ochs, den ihr gegen solche Beinkleider eintauschen wollt, ist sicherlich klapperdürr, blind und lahm!«
    Annelie hörte nicht auf sie. »Und vielleicht können wir auch einen ordentlichen Tisch damit bezahlen – in Valdivia, heißt es, gibt es so viele gute Schreiner.«
    »Nach Valdivia zu gehen und wieder zurück ist lang und anstrengend genug, auch ohne Tisch auf dem Rücken«, meinte Jule. »Und lass deine Worte bloß Christine nicht hören. Sagt sie nicht immer, dass man nur braucht, was man auch selbst machen kann?«
    »Weil du schon von Christine sprichst«, meinte

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