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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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fort. »Du bist kräftig und gesund! Du könntest deinem Vater Enkelsöhne gebären und ihm damit neuen Lebenssinn geben. Deine Leibesfrucht würde wachsen und gedeihen, nicht ersticken und verhungern wie in meinem Bauch.«
    »Sag so etwas nicht!«
    »Aber so ist es doch! Ich kann anständig kochen, ich kann Flachs spinnen und Röcke nähen. Alles andere jedoch kann ich nicht.«
    Schweigen senkte sich über sie. Annelie unterdrückte ein weiteres Seufzen, sah, wie Elisas Stirn sich noch stärker runzelte. Obwohl sie es nicht aussprach, konnte sie förmlich hören, was dahinter vorging, konnte den Schmerz spüren, die Sehnsucht, diese verzweifelte Hoffnung.
    Ein Wort, dachte Annelie, ich müsste nur ein Wort sagen, um sie glücklich zu machen … ihr erzählen, was in dem Brief stand, dann würde sie auf Cornelius warten … tagelang, wochenlang, monatelang, vielleicht sogar jahrelang.
    Elisa würde geduldig sein, doch sie, Annelie, war das nicht.
    »Wie lange willst du denn noch darauf hoffen, dass ihr euch wiederseht?«, fragte sie. »Wie lange hinnehmen, dass dich kein einziges Lebenszeichen erreicht?«
    Sie musste den Namen nicht aussprechen, sie beide wussten, wen sie meinte.
    »Ich habe es ihm doch versprochen …«
    »Was hast du ihm versprochen? Dein Leben zu verschwenden? Ihm deine ganze Zukunft zu opfern? Elisa, schau dich um! Wir kämpfen jeden Tag ums Überleben; wir setzen alle unsere Kräfte dafür ein, dieses wilde Land zu bezwingen, es uns untertan zu machen. Das tun wird doch nicht nur für uns, sondern auch für unsere Nachfahren! Ach, Elisa, ich hätte so gerne Kinder gehabt, aber dieses Glück ist mir verwehrt geblieben. Dir dagegen steht es offen! Häng keinem Traum nach, der niemals Wirklichkeit wird. Cornelius ist ein guter Mann, ein kluger, ein freundlicher und ohne Zweifel ein schön anzusehender, doch er ist nicht hier. Und wäre er hier, so wäre er kein tüchtiger Bauer, wie Lukas es ist!«
    »Ich mag Lukas, aber er ist so …«
    »… so schlicht und schweigsam wie sein Vater«, führte Annelie ihren Satz zu Ende. »Ach, sei doch froh darüber! Jakob hatte diesen schrecklichen Unfall, und seitdem ist er der Familie vor allem eine Last. Aber davor, davor hat er alles getan, um seine Frau und seine Kinder zu ernähren. Er hat unermüdlich geschuftet, er hat Entscheidungen getroffen …«
    Er hatte all das getan, was Richard nicht getan hat, nicht tun konnte.
    Sie sprach es nicht aus, und es war auch nicht nötig, noch etwas zu sagen. Sie sah, wie sich Verwirrung in Elisas Gesicht ausbreitete, Zerrissenheit und Trauer und zermürbender Zweifel, der gewiss nicht zum ersten Mal an ihr nagte.
    »Was soll ich denn tun?«, rief Elisa. »Ich ertrage es doch selbst kaum, dass ich so lange nichts von ihm gehört habe und …«
    Sie brach ab. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihr, ein Schluchzen zu unterdrücken.
    »Denk zumindest darüber nach, ob Lukas nicht doch der rechte Mann für dich ist«, sagte Annelie. »Ich bin sicher, er würde alles für dich tun und geben. Und er wäre euren Kindern ein guter Vater, ein sehr guter.«
    Dann presste sie die Lippen zusammen und drehte sich rasch um. Sie wollte Elisa nicht zeigen, dass ihre Wangen sich noch mehr gerötet hatten.
    Es tut mir so leid, dachte sie, als sie zur Herdstelle trat, es tut mir so unendlich leid.

21. KAPITEL
    C hristl blickte unglücklich auf sich hinab. »Soll ich etwa diesen elenden Fetzen auf Lukas’ und Elisas Hochzeit tragen?«, rief sie empört.
    In den letzten Jahren hatte sie oft damit gehadert, dass ihre Kleidung aus derartigen Lumpen bestand, doch nie war es so schlimm gewesen wie in diesen Tagen. Für gewöhnlich trugen alle Siedler ähnlich fleckige Blusen und zerrissene Röcke; das eigene Gewand stach nicht heraus. Aber nun würde Elisa aus dem ersten Leinen, das sie auf dem selbstgeschreinerten Webstuhl gewoben hatten, ein Kleid bekommen – und zwar nur sie!
    So zumindest war es Christines ausdrücklicher Wille, der Christl anfangs zu Tränen veranlasst hatte, dann, als sie merkte, dass sie damit nicht weiterkam, zu Wutgeheul. Nachdem sie sich eine Ohrfeige eingefangen hatte, klagte sie zwar nicht mehr in der Gegenwart der Mutter, umso mehr aber vor ihrem Bruder.
    Poldi, der selbst seit Wochen mit mürrischem Gesicht umherschritt, wurde es nun zu bunt. »Wen interessiert es, wie du auf dieser Hochzeit aussiehst?«, fuhr er sie an.
    »Mein Gott, verstehst du es denn nicht?«, hielt Christl dagegen. »Kannst du

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