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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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hielt – und lauschte wieder auf Jules Stimme, die eben über die Kinder sprach, die sie unterrichten würde. Nach Lus und Leos Namen fiel der von Jacobo, der Sohn von Christl, die ein paar Monate nach Poldis Eheschließung mit Resa Glöckner deren Bruder Andreas geheiratet hatte. Christl verlor nur gute Worte über ihren Mann, rühmte ihn als den fleißigsten von allen und schließlich auch als den Einzigen, der die Mundharmonika spielen konnte, aber oft lag ein scharfer Zug um ihren Mund, und in ihren Augen war sämtlicher Glanz verloschen. Ihre Lebensgeister schienen nur dann geweckt, wenn sie schrill und böse auf Viktor fluchen konnte.
    Nun nannte Jule die Namen von Poldis Töchtern und warf ihnen zugleich einen strengen Blick zu: Die eine plärrte, die andere kicherte, die dritte schrie.
    Resa hatte ihre Kinder so schnell hintereinander geboren wie Elisa ihre Söhne. Während Elisas Söhne sich aber gegenseitig erzogen hatten und wussten, was sich gehörte, waren Frida, Kathi und Theres ständig am Heulen und Streiten, bissen und kniffen sich oder rauften sich die Haare. Keiner gab es zu, doch jeder, selbst ihre Großmutter Christine, die Kinder mochte und ihre Familie gerne um sich scharte, war froh, wenn sie nicht in der Nähe waren. Elisa musste sich beherrschen, um nicht ungeduldig die Augen zu verdrehen – was Jule indes offen tat, um herrisch und laut zunächst die Kinder aus der Tiroler Nachbarschaft aufzuzählen und dann zu verkünden: »Magdalena Steiner wird die religiöse Unterweisung der Kinder übernehmen.«
    Spott klang durch ihre Stimme – bekundend, dass sie diesen Teil der Erziehung nicht für sonderlich bedeutsam ansah. Alle anderen hingegen nickten zustimmend. Lenerl hatte sich schon bis jetzt darin hervorgetan, sämtliche religiöse Bräuche aufrechtzuerhalten: In den letzten Jahren hatte sie dafür gesorgt, dass am sechsten Dezember der heilige Nikolaus und Knecht Ruprecht zu den Kindern kamen und es zu Weihnachten einen Christbaum gab, der hierzulande allerdings eine Maniu war, keine Tanne. Sie pochte auch darauf, dass zu Gründonnerstag die Kinder ihre Paten besuchten und diese ihnen Geschenke machten. Am Ostersonntag versteckte sie Eier, die sie mit Annelie zu färben versuchte – was bislang meist misslungen war, denn die Eier gerieten bestenfalls ockerbraun, nie jedoch kräftig grün oder blau oder rot.
    »Und über die Tiere und Pflanzen«, fuhr Jule fort, »wird Fritz die Kinder belehren. Ihm verdanken wir schließlich sämtliches Wissen über die hiesige Flora und Fauna.«
    Jules Blick war nun nicht mehr spöttisch, sondern ehrlich respektvoll. Elisas Blick ging zu ihrem Schwager. Als Einziger der Steiner-Söhne war er nicht verheiratet, und Elisa konnte sich nicht erinnern, ihn in den letzten Jahren lächeln gesehen zu haben. Keiner arbeitete so hart wie Fritz, keiner war so schnell und so hilfreich zugegen, wenn man ihn brauchte. Er schleppte den gelähmten Jakob herum und sorgte unermüdlich für seine Mutter und die beiden unverheirateten Schwestern. Aber mit jedem Monat schien er noch härter zu sich und den anderen zu werden, noch eigenbrötlerischer und noch unnahbarer. Elisa ahnte, dass er insgeheim unglücklich war, und vor ein paar Wochen war es das erste und einzige Mal aus ihm herausgebrochen. »Ich bin der, der für alle sorgt. Aber wer sorgt sich eigentlich um mich?«
    Sie hatte nicht den Eindruck gehabt, er richte seine Worte an sie, vielmehr, dass sie nur zufällig die Klage hörte. »Was meinst du?«, fragte sie.
    »Lukas ist glücklich, wenn er mit Holz arbeiten und Möbel tischlern kann. Und Poldi mag zwar faul sein, ist dennoch stolz, wenn er auf dem Feld oder im Stall steht. Doch weißt du, Elisa, ich bin nicht stolz auf meine Arbeit. Ich mache das alles, weil es notwendig ist. Aber ich mache es nicht gerne, nicht von Herzen.«
    »Was würdest du denn gerne machen?«
    Er sprach es nicht aus, so wie sie ihren Schmerz um Cornelius nicht zugab. Aber wahrscheinlich wusste er von ihren Gefühlen für Cornelius – so wie sie von seiner Leidenschaft für die Naturwissenschaften wusste, der er früher im Stuttgarter Museum hatte frönen können und nun einzig in den Tagen, da er in Valdivia Bier holte. Dieses wurde nach wie vor von Carlos Anwandter hergestellt, der nebst der Brauerei über eine Apotheke und obendrein ein umfangreiches Wissen über Kräuter und Pflanzen verfügte, über das er sich gern mit Fritz austauschte.
    »So«, schloss Jule endlich ihre

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