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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Kind gestorben war?
    Wie herzlos, wie skrupellos, wie verroht musste sie sein!
    Als sich die Trauernden endlich zerstreuten, war sie zutiefst erleichtert. Nur Annelie blieb an ihrer Seite und fragte hilflos, ob sie nicht doch etwas essen wolle, nachdem sie keinen Bissen angerührt hatte.
    »Ich will allein sein!«, erklärte Elisa knapp und eilte nach oben in die Kammer, wo erst Ricardo, dann Lukas gestorben waren.
    Ja, nun war sie allein – Resa hatte vorhin die älteren Söhne mitgenommen, damit sie die Mutter nicht in ihrer Trauer störten –, doch die Einsamkeit, nach der sie sich eben noch gesehnt hatte, war so unerträglich wie die Gesellschaft von Menschen. Gedanken hackten auf sie ein wie hungrige Vögel.
    Ich habe ihn betrogen … ich habe ihn betrogen … Lukas war immer gut und treu, und ich habe ihn betrogen …
    Das Schlimmste war, dass inmitten all dieser Schuldgefühle nicht das Bild von Lukas vor ihr erstand, sondern das von Cornelius, wie er sie hielt und streichelte und küsste, und dass diese Erinnerung inmitten aller Qualen so viel Sehnsucht heraufbeschwor, so viel Wärme, so viel Ahnung, alles könne irgendwie wieder gut werden. Aber es durfte doch nicht gut werden! Sie hatte es nicht verdient!
    Sie zuckte zusammen, als es klopfte. Harsche Worte lagen ihr auf den Lippen, weil sie damit rechnete, dass Annelie zu ihr geschlichen käme. Doch sämtliche Anklage erstarb, als sie sah, wer sie besuchte.
    Cornelius war gekommen. Er schloss die Tür, trat in die Mitte des Raumes, und sie war zu schwach und ausgelaugt, um es ihm zu verbieten.
    »Wir müssen reden«, sagte er leise.
    Sie ließ sich auf das Bett sinken, das Bett, in dem ihr Mann und ihr Sohn gestorben waren, und sie wusste nicht, was respektloser war: dass sie hier war oder Cornelius oder sie beide zusammen.
    »Warum bist du gekommen?«, fragte sie heiser. Ihre Stimme klang fremd in ihren Ohren.
    »Ich sagte doch, wir müssen …«
    »Warum bist du überhaupt hierhergekommen?«, unterbrach sie ihn scharf. »Warum bist du einst nicht in Valdivia geblieben oder mit deinem Onkel zurück nach Deutschland gefahren?«
    »Weil ich zu dir wollte«, sagte er schlicht.
    »Warum so spät?« Sie merkte erst, dass sie schrie, als sie die Frage schon gestellt hatte. »Warum so spät … zu spät? Und warum bist du nicht gleich wieder gegangen? Warum hast du unsere Qual auch noch vergrößert?«
    »Elisa …« Er trat zu ihr. Erst jetzt ging ihr auf, dass er noch nie in diesem Raum gewesen war. Warum auch? Hier hatte er nichts verloren. Hier hatte sie mit ihrer Familie gelebt. Hier hatte sie sich die Sehnsucht nach ihm verboten, auch, ja vor allem dann, wenn sie in Lukas’ Armen gelegen hatte.
    Unwillkürlich duckte sie sich unter seiner Hand weg. Sie wusste nicht, ob er sie liebkosen wollte oder ihr eine Strähne aus dem aufgelösten Gesicht streichen, nur, dass sie es nicht ertragen konnte, ihn zu spüren und sich einzugestehen, dass sie ihn liebte. Noch mehr als zuvor, noch inniglicher, noch verzweifelter.
    »Fass mich nicht an!«, schrie sie, und plötzlich wusste sie, wie sie der Schuld Herr werden konnte, der Scham und der Trauer, der Sehnsucht nach seiner Wärme und der Lust, die sie bei der Erinnerung an den Heuboden befiel. Sie wusste, wie sie die Liebe zerstören, wie sie ihn dazu bringen konnte, sie zu verachten und zu meiden.
    Durch Worte nämlich, viele Worte, böse, kalte, harte, verletzende Worte. Jedes einzelne war falsch und gelogen und ungerecht, und jedes einzelne gab ihr das Gefühl, sie könne wieder freier atmen, könne wieder Kraft in ihre erstarrten Glieder zurückbringen.
    »Mein Vater, Gott habe ihn selig, hatte recht, ja, so recht hatte er! Wir waren noch auf dem Schiff, als er mich vor dir gewarnt hat. Kein Bauer wärst du, hat er gesagt, kein Handwerker, nicht einmal ein sonderlich kräftiger Mann. Aber solchen brauchte man in diesem fremden Land, nicht einen, der lieber Bücher liest und seinem Onkel nachläuft wie ein williges Hündchen. Du hast mich gehen lassen, einfach gehen lassen – damals an der Küste, weil dir dein Onkel wichtiger war als ich, dein Onkel, der dich später nach Strich und Faden betrogen und dich an der Nase herumgeführt hat! Hast du dich eigentlich geschämt für deine Blindheit, deine Dummheit, deine Willfährigkeit? Und dann, als du an den See gekommen bist … dann warst du zu feige und zu schwach, um einzusehen, dass du nicht in meiner Nähe bleiben durftest. Du hast gewartet, nicht

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