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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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erklärt, während sich die anderen beiden kichernd und schreiend sträubten.
    Also hatte sie sich allein auf den Weg gemacht, gar nicht so sehr, um die Schwestern zu beeindrucken als vielmehr Jacobo. Der war zwar gar nicht dabei gewesen, aber sicher würde er es erfahren: dass sie zu Greta gehen und sie zur Rede stellen wollte, weil sie für so viel Zwist in ihrer Familie gesorgt hatte. Und dass sie die verrückte Alte in die Schranken weisen würde, weil niemand anderer es tat.
    Greta in die Schranken zu weisen war eigentlich undenkbar! Dies bedeutete schließlich, ihr ins Gesicht zu sehen, mit ihr zu sprechen, vor allem aber: mit ihr allein zu sein. Kathi konnte sich nicht daran erinnern, dass sie oder ihre Schwestern das jemals gewagt hätten. Wenn Cornelius und Emilia in ihrer Nähe waren, war Greta halbwegs umgänglich, aber ohne die beiden war es eine regelrechte Mutprobe, ihr nahe zu kommen.
    Sie sei eine Hexe und eine Verrückte hatte ihnen Poldi früher oft erzählt, und diese Worte kamen Kathi wieder in den Sinn, als sie nun näher an das Mielhahn-Haus herantrat. Wenn ihre Schwestern vorhin nicht gelästert hätten, dass sie es niemals wagen würde, Greta zu besuchen, und sie nun alles daransetzen wollte, ihnen das Gegenteil zu beweisen, hätte sie schon viel früher gekniffen. Jetzt aber reichte nicht einmal der Gedanke an künftigen Triumph, um die letzten Schritte zu tun.
    Sie blieb stehen, überlegte, ob Greta tatsächlich verrückt war und was es bedeutete. Ihre Tante Katherl, nach der sie benannt war, war schließlich auch verrückt. Sie konnte keinen einzigen Satz sagen und lachte meist. Dennoch hatten Kathi und ihre Schwestern nie Angst vor ihr gehabt – vielmehr war es immer amüsant gewesen, sich über sie lustig zu machen und ihr Streiche zu spielen, die das Katherl gutmütig hinnahm.
    Greta war vielleicht nicht ganz so verrückt, denn immerhin konnte sie reden, aber gutmütig war sie auf keinen Fall.
    Es hieß, dass sie den Haushalt ebenso vernachlässige wie sich selbst, und Kathi konnte sich nun mit eigenen Augen überzeugen, dass die Gerüchte nicht grundlos entstanden waren. Kein Rauch kam aus dem Kamin. Kein Holz war sorgfältig an der Hauswand aufgeschichtet. Verwaist wirkte das Haus – und unheimlich.
    Kathi trat zurück. Eigentlich musste sie Greta ja gar nicht zur Rede stellen, ging ihr durch den Kopf. Wer könnte ihr schon das Gegenteil beweisen, wenn sie später einfach behauptete, sie hätte es getan?
    Ja, das war eine gute Idee! Sie könnte erzählen, dass sie geklopft und Gretas Namen gerufen hatte, ihr schließlich gegenübergestanden war und sie beschimpft hatte.
    Kathi wich noch mehr zurück. Ob sie wenigstens hinters Haus spähen sollte?
    Sie wahrte Abstand zum Eingang, stapfte aber so lange durchs kniehohe Gras, bis sie das Haus von der anderen Seite betrachten konnte. Die Stille schmerzte in ihren Ohren. Nichts hörte sie außer die eigenen Schritte und ihren aufgeregten Atem.
    Wie Emilia es hier nur aushielt?
    Aber Emilia hielt es ja nicht aus. Sonst wäre sie nicht geflohen, sie und Manuel, die nun schon seit mehr als drei Wochen …
    Ein entsetzter Aufschrei löste sich aus Kathis Kehle.
    Bis eben hatte ihre größte Angst der Möglichkeit gegolten, dass Greta, die Hexe und die Verrückte, leibhaftig vor ihr stehen würde, doch nun sah sie etwas viel Furchterregenderes. Gegen eine wutentbrannte Greta hatte sie sich gewappnet – dieser Anblick aber traf sie ganz unerwartet: Greta lag dort. Völlig leblos. Gleich hinter dem Haus.
    Kathi blieb vor Schreck erstarrt stehen. Sie hatte die Hände vor ihren Mund geschlagen. Eigentlich sollte sie zu ihr eilen, nachsehen, ob sie ihr noch irgendwie helfen konnte.
    Doch der schreckliche Anblick trieb sie in die Flucht.
    Greta lag mit dem Gesicht auf dem Boden. Eine Blutlache hatte sich um ihren Kopf ausgebreitet.

    Wild gingen die Stimmen von Fritz und Manuel, Cornelius und Elisa durcheinander. Fritz hatte sie in sein Haus geführt, doch kaum waren sie angekommen, redeten sie schon aufeinander ein – Fritz halbwegs besonnen, Cornelius zutiefst besorgt, Elisa ungeduldig und Manuel entweder trotzig oder panisch.
    Losgebrochen war der Streit, als Cornelius Manuel wütend zur Rede stellte: Warum hatte er nicht ausreichend auf Emilia achtgegeben? Wie hatte er es nur zulassen können, dass sie voneinander getrennt worden waren?
    Elisa dachte insgeheim dasselbe, stellte sich jedoch schützend vor ihren Sohn und fauchte Cornelius

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