Im Land der Feuerblume: Roman
an, er solle keine voreiligen Schlüsse ziehen. Manuel wiederum meinte, dass im Moment nicht zähle, wer an der Lage schuld sei, sondern dass sie so schnell wie möglich nach Emilia suchen sollten. Woraufhin Fritz ihn gerade noch festhielt, ehe er nach draußen stürzen konnte, und zu bedenken gab, dass Kopf- und Planlosigkeit nichts brächten.
»Wir müssen genau überlegen …«
»Sollen wir hier etwa in aller Ruhe beisammensitzen?«, fuhr Manuel ihn an. »Nicht auszudenken, was Emilia geschehen ist!«
»Ein wenig mehr Denken hätte euch auch früher nicht geschadet!«, warf Cornelius streng ein.
Manuel achtete nicht auf ihn. »Jeden Stein drehe ich um in dieser Stadt, um Emilia wiederzufinden.«
»Der Stadt, in die du sie geführt hast!«, rief Cornelius.
»Was er gewiss nicht gegen den Willen deiner Tochter getan hat!«, schaltete Elisa sich ein. »Du warst es, der nicht ausreichend auf sie achtgegeben hat.«
Cornelius fuhr zu ihr herum. »So wie du auf deinen Sohn achtgegeben hast, ja?«
»Junge Männer sind so. Aber wohlerzogene Mädchen …«
»Von wegen! Als ich in Manuels Alter war, wäre mir nie dergleichen eingefallen!«
»Als du in Manuels Alter warst, bist du am Rockzipfel deines Onkels gehangen und hast dir von ihm vorschreiben lassen, wie du dein Leben zu führen hast!«
Rote Flecken erschienen auf Cornelius’ Wangen. »Und was war so schlimm daran, Verantwortung zu übernehmen? Verantwortung, die dein Sohn offenbar nicht kennt?«
»Cornelius! Elisa!«, rief Fritz ungeduldig dazwischen.
Elisa hörte nicht auf ihn. Die Sorge um Emilia ließ sie sämtliche Fassung verlieren. »Natürlich übernimmt Manuel Verantwortung. Für ihn ist Emilia das Wichtigste! Für dich war ich das nie! Zuerst kam dein Onkel, und dann kam Greta, und dann …«
»Nenn die beiden doch nicht in einem Atemzug! Als ich meinen Onkel verlassen habe und zu dir gekommen bin, warst du es, die gerade einen anderen geheiratet hat!«
»Und soll ich dir etwas sagen? Es war die beste Entscheidung meines Lebens.«
»Cornelius! Elisa!«, rief Fritz erneut dazwischen.
Immer noch hörten sie nicht auf ihn.
»Wenn es deine beste Entscheidung war, dann frage ich mich, warum du später …«
»Sprich es nicht aus! Wag es nicht, es auszusprechen!«
»Richtig, ich vergaß! Wenn du nicht weiterweißt, vergräbst du dich im eisigen Schweigen und verkriechst dich in die Arbeit. Kein Wunder, dass dein Sohn vor dir davongelaufen ist.«
»Und warum ist deine Tochter dann auch gegangen? Ach nein, richtig! Sie ist nicht vor dir geflohen, sondern vor deinem verrückten Weib! Und vor dem läufst du selbst schon seit Jahren davon!«
»Greta geht dich gar nichts an!«
»Cornelius! Elisa!« Fritz’ Stimme klang wie ein Peitschenschlag. Beide fuhren sie nun gleichzeitig zu ihm herum. Seine grimmige Miene erinnerte an den alten Fritz.
»Merkt ihr denn gar nicht, was ihr mit eurem Gekeife anrichtet?«
»Was …«
Elisa blieben die Worte im Hals stecken, als sie sich umsah – und nirgendwo Manuel erblickte.
»Was …was …«, stammelte sie, während Röte in ihr Gesicht schoss.
»Wo ist er hin?«, fragte Cornelius, eher verlegen als erbost.
»Er ist eben gegangen, und diesmal konnte ich ihn nicht aufhalten! Er hatte genug von eurem Streit. Und ich kann’s ihm nicht verdenken.«
Missbilligend schüttelte Fritz den Kopf. Cornelius dagegen stürzte zur Tür. »Verdammt, er sollte doch nicht … ich muss sofort …«
»Du musst erst mal gar nichts!«
Fritz stellte sich ihm in den Weg und hob befehlend die Arme. »Ihr beide seid ja völlig von Sinnen!«, erklärte er streng. »Ich werde Manuel zurückholen, ich allein, und dann überlegen wir gemeinsam, was zu tun ist. Ihr ruht euch erst mal aus und kommt wieder zu euch! Es ist ja nicht auszuhalten, euch zuzuhören, und …«
Er brachte den Satz nicht zu Ende, sondern schüttelte abermals missbilligend den Kopf. Ohne ihre Zustimmung abzuwarten, nahm er seinen Mantel und lief hinaus. Er drehte sich nicht einmal mehr um.
Kaum allein gelassen, standen Elisa und Cornelius wie erstarrt da. Zuerst hielten sie ihre Köpfe gesenkt wie gemaßregelte Kinder, dann warfen sie sich finstere Blicke zu, prüfend, wie der jeweils andere Fritz’ Standpauke aufnehmen würde. Elisa belauerte Cornelius regelrecht. Würde er Fritz folgen, so würde nichts sie aufhalten, ihm ebenfalls nachzustürmen, doch da er sich dessen Befehl fügte, fiel auch ihr nichts anderes zu tun ein. Ärger und
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