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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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versprech’s dir! Aber du musst dich beruhigen!«
    »Siehst du«, richtete sich Jule an Annelie. »Wie ich vorhin schon sagte: Ich weiß immer noch nicht, ob’s nun gut oder schlecht für sie war, dass sie überlebt hat und wieder zu sich gekommen ist.«

43. KAPITEL
    G reta stellte zufrieden fest, dass sich Emilia nicht als störrisch erwies – zumindest nicht in diesem Augenblick.
    Ansonsten war sie natürlich oft störrisch. Sie wollte einfach nicht einsehen, dass das Leben leichter war, wenn man sich fügte und nicht aufbegehrte. Ja, man gewann keine Macht über andere Menschen, wenn man wild um sich schlug. Zumindest gegen Viktor hätte sie, Greta, nie etwas auszurichten vermocht, wenn sie nur ihre körperlichen Kräfte eingesetzt hätte. Mit Beißen, Kratzen, Kneifen hätte sie ihn niemals so quälen können wie mit ihrem Blick, ihrem Lächeln, ihren vernichtenden Worten. Sie hätte ihn niemals in den Tod treiben und für das bestrafen können, was er ihr angetan hatte.
    Emilia ließ sich willenlos bis zum Haus zerren. Sie wehrte sich nicht, als Greta sie über die Schwelle schob, und auch dann nicht, als sie sie zwang, auf ihr Zimmer zu gehen. Unsanft stieß sie sie hinein.
    »Mutter …«, sie klang leise und gefasst. »Bitte, Mutter …«
    »Früher war alles gut«, fuhr Greta sie an. »Als ich mit Viktor allein hier lebte, da war alles noch gut.«
    »Aber Vater … du hast doch Vater geliebt!«
    »Wo ist er dann? Wo ist Cornelius?«, kreischte Greta.
    Emilia zuckte die Schultern. Oft hatte Greta ihre Tochter angestarrt und vergebens nach Ähnlichkeiten gesucht. Emilias Haar war nicht ganz so hell wie ihres, die Haut nicht ganz so blass, die Augen nicht ganz so blau. Doch nun war ihr, als würde sie auf das Kind blicken, das sie einst selbst gewesen war – hilflos, auf sich allein gestellt, immer auf der Hut, was die Menschen sich wohl wieder ausdenken würden, um ihr das Leben noch schwerer zu machen.
    So dankbar sie eben noch gewesen war, weil Emilia nicht aufbegehrte – so schwer ertrug Greta nun diesen Anblick. Laut schlug sie die Tür zu und sperrte sie ein.
    Eine Weile lauschte sie, doch Emilia blieb stumm. Langsam schritt Greta nach unten, ihr war eiskalt. Eigentlich war ihr immer eiskalt, vielleicht lag das daran, dass sie so dünn war. Sie schritt zum Ofen und heizte ein: Schon als die ersten Flammen züngelten, legte sie viel mehr Holz nach, als nötig gewesen wären. Das Feuer loderte auf; sein Prasseln erinnerte sie jäh an den Brand auf dem Schiff. Damals war ihr nicht kalt gewesen. Damals war ihre Mutter gestorben.
    Greta lächelte. Am Ende hatten sie alle bekommen, was sie verdienten. Die Mutter war verkohlt, dem Vater war das Gesicht zu Brei geschlagen worden, Viktor war mit blauer Zunge an einem Baum gehangen …
    Gretas Lächeln erstarb, als sie ein Klopfen hörte. War Emilia womöglich doch zu dumm, um sich zu fügen? Aber das Klopfen kam nicht von oben, sondern von der Tür – und es war nicht Emilia, die sie in ihren Erinnerungen störte, sondern Elisa, die ihr gefolgt war.
    »Was willst du hier?«, fuhr Greta sie an, kaum dass sie ihr geöffnet hatte.
    »Bitte, Greta, ich will mit dir reden.«
    Sie klang nicht flehentlich, eher höflich – und das setzte Greta zu. Wenn Elisa so besonnen sprach, konnte das nur bedeuten, dass sie sich ihrer Sache sicher fühlte.
    »Cornelius gehört mir!«, schrie sie. »Du wirst ihn niemals kriegen!«
    Mit Freude sah Greta, dass sich trotz anfänglicher Gefasstheit Entsetzen auf Elisas Gesicht ausbreitete. Ja, so waren die Menschen – ängstlich, betroffen und schockiert, sobald sie in die Abgründe eines anderen blickten. Sie selbst war nie darüber schockiert gewesen. Sie hatte sogar liebend gern in diesen Abgründen gestochert.
    Elisa war zunächst zurückgewichen, doch nun trat sie entschlossen über die Schwelle.
    »Komm mir nicht zu nahe!«, schrie Greta, um dann zu wiederholen: »Cornelius gehört mir!«
    »Greta«, sagte Elisa leise. Sie sprach beschwörend zu ihr, als wäre sie ein kleines Kind. Ein kleines, dummes Kind. Aber das war sie nie gewesen – klein vielleicht, aber niemals dumm! Sie wusste immer, was in den Menschen vorging. Sie wusste auch, was nun in Elisa vorging. Elisa war gekommen, um ihr Cornelius wegzunehmen!
    Und tatsächlich sagte sie, ja, wagte es zu sagen: »Ihr ward nie wirklich verheiratet, ihr beide. Ich kenne nun die Wahrheit. Cornelius hat dir damals geholfen, aber er hat dich nie geliebt. Greta,

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