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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Stück Weg vor uns, und dieser Weg würde durch tiefste Wildnis führen.«
    »Doch wir kennen die Route«, schaltete sich Taddäus ein. »Wir müssten von hier aus einfach nur immer weiter nach Westen gehen.«
    Elisas Gedanken fühlten sich lahm an und brauchten eine Weile, um zu erfassen, was die Tiroler ihnen vorschlugen.
    Fritz hatte es eher begriffen und sprang begeistert auf. »Und dort gibt es genügend brachliegendes Land!«, rief er aus, und seine ungewohnt mitreißende Stimme ließ keinen Zweifel offen, wie schnell er sich von diesem Plan begeistern ließ.
    »Die Familien, mit denen wir einst angekommen sind, könnten uns helfen … zumindest in der ersten Zeit«, sagte Barbara. »Hier wird sich nichts zum Guten ändern. Wir müssen selbst etwas tun, um unser Schicksal zu wenden!«
    Ihr Blick durchstreifte den Raum, suchte nach Zustimmung. Elisa folgte ihm. Annelie starrte zweifelnd auf Richard, der wieder ganz in sich zusammengesunken war; Jule dagegen nickte nachdenklich. Christl wirkte angesichts der Ankündigung eines langen Fußmarsches durch die Wildnis ängstlich, Poldi abenteuerlustig. Fritz hatte seine Hände zu Fäusten geballt, doch ehe er erneut etwas sagen konnte, trat Christine nach vorne.
    »Es ist unmöglich«, entschied sie knapp. »Mein Mann ist sehr schwer verletzt.«
    »Willst du etwa bleiben?«, begehrte Fritz auf. »Bei Konrad Weber? Das kann doch nicht dein Ernst sein!«
    Er trat zu den von Grabergs, blickte in Richards glasige Augen, dann zu Annelie, die mit ihren Schultern zuckte, und stellte sich zuletzt vor Elisa. »Du findest doch auch, dass wir von hier weggehen sollten?«
    »Ja«, sagte sie leise, »das glaube ich auch. Aber …«, sie warf einen kurzen Blick auf Jakob, »aber wir müssen es nicht heute Abend entscheiden. Und wir müssen nicht schon morgen aufbrechen. Wenn erst Jakobs Verletzungen geheilt sind …«
    Jule lachte verächtlich auf, bekundend, dass diese niemals wirklich heilen würden. Christine hingegen nickte zustimmend. »Bevor es meinem Mann nicht besser geht, breche ich nirgendwohin auf.«
    »Bald kommt ohnehin der Winter«, meinte Barbara Glöckner nachdenklich. »Aber im nächsten Frühjahr … im nächsten Frühjahr sollten wir unser Leben selbst in die Hand nehmen.«
    Fritz ballte seine Fäuste noch fester zusammen, und Christine Steiner widersprach dem Ansinnen kein zweites Mal.

    Viktor hatte jedes Wort gehört.
    Er duckte sich, als die Tiroler die Baracke verließen und lief dann hastig um die Ecke des Hauses. Als er sich gegen die Wand drückte, rumpelte es, und vor Schreck hielt er den Atem an. Doch niemand hatte ihn gehört, niemand ihn dabei beobachtet, wie er im Finstern lauschte.
    Eigentlich war das kein Wunder. Auch tagsüber nahm man ihn und Greta so gut wie nie wahr. Sie waren Lamberts Kinder, und mit Lambert wollte niemand etwas zu tun haben. Einige der Frauen hatten Mitleid mit ihnen – aber Mitleid, dessen war Viktor sich gewiss, hatte keinerlei Wert in dieser grünen, dampfenden Einöde.
    Die Schritte der Tiroler Familie entfernten sich, die Tür der Baracke wurde geschlossen. Stockdunkel wurde es wieder um ihn.
    Viktor schlang seine Arme um den Leib. Er versuchte, sich einzureden, dass er mit seinen vierzehn Jahren kein Kind mehr war, sich darum nicht wie ein solches verhalten durfte und die Finsternis fürchten. Dennoch zitterte er und fühlte sich so hilflos und verloren wie in den Nächten, in denen er von Alpträumen geweckt wurde. Immer wieder sah er darin das Schiff brennen und mit ihm seine Mutter. Unter Tränen erwachte er, zitterte und schluchzte stundenlang – und fühlte sich dem Grauen der Welt hilflos ausgeliefert wie in Kindertagen, als er sich unter Emmas Röcken versteckt und gehofft hatte, dass der Vater ihn nicht finden und die Mutter ihn nicht preisgeben würde. Doch der Vater hatte ihn immer gefunden. Und die Mutter hatte ihn immer preisgegeben.
    Viktor biss sich auf die Lippen, um zumindest dem Zähneklappern Herr zu werden. Ja, er hatte Angst, so wie er eigentlich andauernd Angst hatte – aber steckte tatsächlich nur das hilflose Kind von einst in ihm? Würde er sich, wenn es so wäre, tatsächlich überlegen, wie Greta und er am besten von hier fliehen könnten?
    Die anderen Siedler wollten auch fort, das hatte er klar und deutlich vernommen. Allerdings war wegen Jakob Steiner an einen schnellen Aufbruch nicht zu denken. Ein paar Monate würde es gewiss dauern, bis es so weit war.
    Die Hoffnung, diesem

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