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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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damit geflohen. »Haben sie sie verletzt?«, fragte Katharina. Sie standen alle in Fietes Wohnstube, nur Fiete und der Apotheker waren oben bei Dörte. Es dauerte ewig, bis sie dem Gedruckse entnehmen konnte, dass Dörte bei dem Sturz verletzt worden war, dass sie sich blutend nach Hause geschleppt hatte und dass Bluten bei Frauen, die ein Kind erwarteten, ein böses Zeichen war.
    »Roedgen sagt, sie braucht einen verdammten Arzt«, fluchte Hermann. »Ich habe versucht einen von den Engländern zu holen, aber der Satan will nicht kommen, weil wir nicht zahlen können.«
    »Ich hole Doktor Ramirez«, fiel ihm Katharina ins Wort. »Einer von euch muss mit mir kommen.«
    Offenbar brauchte Hermann eine Weile, ehe ihm einfiel, wer Doktor Ramirez war. Dann jedoch machte er einen Satz auf Katharina zu und baute sich vor ihr auf: »Meine Mutter fasst kein gottverfluchter Wilder an! Den Wilden hat sie dieses Elend zu verdanken, und jeden Wilden, der sich in die Nähe dieser Siedlung wagt, mache ich kalt, hast du das verstanden?«
    Dass der fluchende Hermann, dem zerrauftes Haar ins rote Gesicht hing, einen anderen Mann einen Wilden nannte, entbehrte nicht der Komik, aber dafür war jetzt keine Zeit. Katharina trat zur Seite. »Deine Mutter braucht einen Arzt. Davon, dass du dich aufspielst, bleibt sie nicht am Leben.«
    »Kathi hat recht.« Zwischen Helene und Traude trat Stefan. »Ich gehe mit ihr, ich weiß noch, wo Doktor Ramirez wohnt.«
    Hermann sah aus, als wollte er sich auf ihn stürzen, doch Katharinas Vater, der seit Wochen kaum noch am Geschehen teilnahm, vertrat ihm den Weg. »Ich verstehe dich«, sagte er, »aber wir haben keine Wahl. Dieser Arzt wird der Letzte sein, Hermann. Ich mag in der Vergangenheit versagt haben, doch wenn noch einmal ein Nahua es wagt, dieser Familie zu nahe zu kommen, wirst nicht du es sein, der ihn kaltmachen muss.«
    Ehe Hermann antworten konnte, wies der Vater auf seine Taille. Wie gebannt starrte Katharina auf den blitzenden Knauf einer Pistole, die aus seinem Bund ragte. Sie schien größer und anders geformt als Benitos, doch sie diente demselben Zweck. Stefans Ruf schreckte sie aus der Starre, und sie folgte ihm in die Nacht.
    Es gab keinen Wagen mehr, sie mussten zu Fuß gehen, und sie schwiegen den ganzen Weg. Doktor Ramirez war schon im Schlafrock. Er zögerte nicht, sondern fuhr in seinem Einspänner mit ihnen zurück.
    Auf dem Heimweg gelang es Katharina kaum noch, an die arme Dörte zu denken. Die Worte ihres Vaters hämmerten in ihrem Kopf. Er hatte ihr zu verstehen gegeben, dass er Benito, wenn er ihr noch einmal nahekam, nicht wieder schlagen würde. Mit solchem Firlefanz hält er sich nicht auf. Er würde ihn töten. Und Benito, der gelernt hatte, mit Schusswaffen umzugehen, hatte gesagt: Das nächste Mal wehre ich mich. Und nicht mit der Hand.
    Und bei alldem hatte der Vater Benitos Volk, dem er den Tod androhte, weder Wilde noch Indios, sondern bei dessen richtigem Namen Nahua genannt.
    Doktor Ramirez blieb die Nacht hindurch bei Dörte. Am Morgen ließ er die Familie wissen, dass die Patientin schlafe, viel Ruhe und kräftige Nahrung brauche, aber mit dem Leben davonkommen würde. In einem Tuch trug er das Kind, das in Dörtes Bauch gewachsen war. Es war zu klein, um begraben zu werden.
    In der Aufregung hatte Katharina manches vergessen. Unter anderem, Jo zu erzählen, was ihr zugestoßen war.

24
    Die Hochzeit fand statt.
    Das war, fand Christoph, in diesem ganzen Wahnsinn der Gipfel. Es war Anfang Mai, und die mexikanischen Truppen, die unter Santa Anna die Gegner aufhalten sollten, waren bei Cerro Gordo geschlagen worden, als Traude es bekanntgab. Die Feier sei schließlich vorbereitet, da sei es in Zeiten des Mangels nur vernünftig, das Vorhandene zu nutzen. Und dann sagte sie es ihnen. An dem Tag, an dem Luise hätte Hochzeit halten sollen, würde ihre Tochter Helene mit Sigmund Eyck vermählt.
    Es war nicht zu fassen. Allem Anschein nach nahm dieses arme Pferdegesicht, das pausenlos »Ich« sagte, wie um zu beweisen, dass es existierte, jede Braut in Kauf, die ihm die Hartmanns vorsetzten. Wie Traude das Husarenstück vollbracht hatte, würde ihr Geheimnis bleiben.
    »Seid getrost, ich tue das Beste«, versicherte ihnen Traude. »Vergesst nicht, dass Helenes Schwiegervater unser Konsul ist, der dafür sorgen wird, dass wir entschädigt werden. Natürlich kann er jetzt nichts tun, aber nach dem Krieg, wenn alle Schlange stehen, wird die Familie seiner

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