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Im Land der gefiederten Schlange

Im Land der gefiederten Schlange

Titel: Im Land der gefiederten Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carmen lobato
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was ihr unter die Finger kommt. Aber wir haben aus Fehlern gelernt. Wenn wir uns diesmal nicht den Schneid abkaufen lassen, sollten wir mit ihnen fertig werden.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann stehen sie zwei Wochen nach Puebla in Mexiko-Stadt.«
    Statt einer Erwiderung schloss sie ihre Hand wie eine Zwinge um seinen Unterarm. Vor Schmerz fuhr er zusammen. Sie gab ihn frei, öffnete die Manschette und streifte die Ärmel von Hemd und Rock zurück. »Weshalb verschweigst du uns eigentlich, dass du verwundet bist?«
    »Es ist fast verheilt«, murmelte er, »und es war nur …«
    »Ein Streifschuss?«, herrschte sie ihn an. »Fang nicht an mich zu belügen, Benito. Vermutlich hast du es einem glänzenden Feldchirurgen zu verdanken, dass du den Arm nicht verloren hast.«
    Einer glänzenden Feldchirurgin, verbesserte er in Gedanken, sagte aber nichts.
    Carmen erlaubte ihm, die Ärmel wieder über den Verband zu ziehen. »Ich verstehe nicht, warum du das tust. Du bist Anwalt geworden, du hast für diese Zeitung geschrieben, weil du für Mexiko leben, nicht sterben wolltest. Meinst du nicht, dass Juárez Männer wie dich in den Redaktionen und Gerichtssälen braucht, nicht in Guerillagräben und auf Leichenhaufen?«
    Er hatte sich vorgenommen, sich nicht zu rechtfertigen, falls sie ihm je diese Frage stellte. Aber der Gedanke, ihre Achtung zu verlieren, war ihm unerträglich, und es mochte auch um das gehen, was sie eines Tages Miguel erzählte. »Ich eigne mich nicht zum Volksredner«, sagte er, »und es war mir nie möglich, irgendwelche Sterbliche, die essen, trinken und furzen, als Erlöser meines Landes anzubeten. Aber ich glaube, dass Juárez gut für Mexiko ist, dass Juárez mehr Menschen hinter sich hat als einer der siebenunddreißig Präsidenten vor ihm und dass er uns in kleinen, mühsamen Schritten voranbringt. Versteh mich nicht falsch. Wir sollten Juárez wie jeden anderen stürzen, wann immer er uns nicht mehr passt. Einer fremden Macht aber dürfen wir nicht erlauben, uns unsere gewählte Regierung zu nehmen, wenn wir je mehr sein wollen als ein zerstrittenes Völkergemisch. Eine Nation, Carmen. Deshalb habe ich mich im Bürgerkrieg in Juárez’ Armee gemeldet, und deshalb kann ich jetzt nicht zurück.«
    Sie schien kurz zu überlegen, dann blickte sie auf und strich ihm über die Wange. »Wenn du dich nicht zum Volksredner eignest, weiß ich nicht, wer sonst«, sagte sie. »Aber zu etwas anderem eignest du dich nicht. Zum Töten. Ich denke nur daran, was los war, als ich dich bat, mir beim Schlachten zu helfen. Von deinem Geschrei im Schlaf schweige ich, um deinen Stolz zu schonen.«
    Er versuchte zu lachen, auch wenn etwas ihm die Kehle zuschnürte. »Man kann das lernen, Carmen.«
    »Was, töten? Und dessen bist du sicher?«
    »Man könnte auch zu der Ansicht gelangen, alle Kriege sollten von Männern geführt werden, die nicht töten können.«
    Sie sah ihn an, nahm ihn bei den Rockaufschlägen und rüttelte ihn. »Du bist so wahnsinnig, wie du klug bist, und ich werde vor Angst um dich nicht schlafen, aber natürlich lasse ich dich ziehen wie jede brave mexikanische Frau. Würdest du in der regulären Truppe kämpfen, könnte ich wenigstens im Tross mitgehen, aber ihr Guerilleros kämpft ja einsam und sterbt allein.«
    Er küsste die Luft über ihrem Scheitel. »Du bist nicht meine Frau, Carmen.«
    »Nein«, sagte sie und schlang die Arme um ihn. »Ich wünschte, du hättest eine, die dir fürchterlich die Leviten lesen würde.«
    »Das übernimmt meine Mutter – und zwei von der Sorte hält der stärkste Mann nicht aus. Hör mal, die Mutter sagt, ihr habt Angst, ihr könntet den Rancho nicht halten, wenn mir … wenn ich nicht wiederkomme und kein Geld mehr bringe.«
    »Das ist Unsinn«, fuhr sie ihm scharf ins Wort. »Der Rancho trägt sich allein, mach dir darum nicht auch noch Sorgen.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ihr kommt bestens allein zurecht. Aber Miguels wegen … Ihr werdet Geld für seine Ausbildung brauchen, und dann auch für Enrique, wenn er älter ist. Ich will nicht, dass es an diesem Geld irgendwann fehlt oder an Geld für die Versuche, die Xavier mit Kaffeepflanzen machen will, oder an irgendetwas.«
    Carmen sah nicht mehr ihn an, sondern den Boden. »Du bist gekommen, um dieses Geld zu bringen, nicht wahr? Andernfalls hättest du deine Kompanie nicht verlassen, aber du wolltest, dass wir das Geld haben, ehe du dich erschießen oder von Contré-Guerilleros zu Tode peitschen

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